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Oxford Sights

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Spaziergang durch Oxford

Gownsmen and Townsmen

Debatten mit dem Klerus- Gott ist ein Bartscherer

Darüber ereiferte sich nun Mr. Modd gewaltig, indem er behauptete, es sei schlechterdings unmöglich, dass eine solche Stelle in der Bibel gefunden werde. Ein andrer Geistlicher, der Mr. Caern hieß, berief sich auf seinen abwesenden Bruder, der schon vierzig Jahr im Amte sei, und gewiß etwas von dieser Stelle wissen müsse, wenn sie in der Bibel stände, er wolle aber darauf schwören, dass sein Bruder nichts davon wisse.

Waiter! fetch a Bible! (Aufwärter, holet eine Bibel!) rief Mr. Clerk, und es wurde eine große Hausbibel gebracht, und mitten auf dem Tische unter allen den Alekrügen aufgeschlagen.

Mr. Clerk blätterte ein wenig, und las im Buch der Richter 9, 13. Soll ich meinen Wein verlassen, der Götter und Menschen fröhlich macht? in der Englischen Übersetzung: which rejoices the Heart of God and Man.

Mr. Modd und Mr. Caern, die vorher am mutigsten gewesen waren, saßen auf einmal wie betäubt, und es herrschte eine Stille von einigen Minuten, als auf einmal der Geist der Exegese über mich kam, und ich sagte: Gentlemen! that is an allegorical Expression! (Meine Herrn, das ist ein allegorischer Ausdruck,) denn, fuhr ich fort, wie oft werden die Könige der Erden in der Bibel Götter genannt?

Freilich ists ein allegorischer Ausdruck! fielen sogleich Mr. Modd und Mr. Caern ein, und das ist ja so leicht einzusehen, wie möglich! – so triumphierten sie nun über den armen Clerk, und tranken mir mit vollen Zügen eine Gesundheit nach der andern zu.

Mr. Clerk aber hatte seine Pfeile noch nicht alle verschossen, sondern verlangte, sie sollten ihm eine Stelle im Propheten Ezechiel erklären, wo mit ausdrücklichen Worten stehe, Gott sei ein Bartscherer.

Hierdurch wurde Mr. Modd so sehr aufgebracht, dass er den Clerk an impudent Fellow (einen unverschämten Kerl) nannte, und Mr. Caern berief sich auf seinen Bruder, der schon vierzig Jahr im Amte sei, dass dieser den Mr. Clerk ebenfalls für einen unverschämten Kerl halten würde, weil er so etwas Abscheuliches behaupten könnte.

Mr. Clerk aber blieb ganz ruhig, und schlug im Propheten Ezechiel eine Stelle auf, die ein jeder lesen konnte, wo es von den versteckten Juden hieß: God will shave the Beard of them (Gott wird ihnen den Bart abscheren). Waren nun Mr. Modd und Mr. Caern vorher wie vor den Kopf geschlagen, so waren sie es jetzt noch viel mehr, und hier ließ selbst den Mr. Caern sein Bruder, der schon vierzig Jahr im Amt war, ganz im Stiche.

Ich brach das Stillschweigen aufs neue, und sagte! Gentlemen! dies ist ja ebenfalls ein allegorischer Ausdruck! – Freilich ist es das! fielen mir Mr. Modd und Mr. Caern ins Wort, und schlugen dazu auf den Tisch. – Denn den Gefangenen, fuhr ich fort, wurde der Bart abgeschoren, und es heißt also weiter nichts, als Gott wird sie in die Gefangenschaft fremder Völker geben, die ihnen den Bart abscheren! – Das versteht sich, ein jeder sieht es ein, und es ist so klar wie der Tag! schallte mir vom ganzen Tische entgegen, und Mr. Caern setzte hinzu, sein Bruder, der vierzig Jahr im Amte wäre, erklärte es eben so.

Dies war der zweite Triumph über Mr. Clerk, und dieser war nun ruhig und machte keine Einwürfe weiter gegen die Bibel. Von den übrigen aber wurde mir noch manche Gesundheit in dem starken Ale zugetrunken, welches mir höchst zuwider war, weil dieses Ale beinahe stärker wie Wein berauscht.

Das Gespräch lenkte sich nun auf andre Gegenstände. Endlich als es beinahe gegen Morgen ging, fing Mr. Modd an: damm me! I must read Prayers in all Souls College! (ich muß in aller Seelen Collegio Betstunde halten; und damm me! ist eine Verkürzung aus God damm me! Gott verdamme mich, welches aber in England nicht viel mehr sagen will, als bei uns, Ei zum Henker! oder Potztausend!)

Ehe aber Mr. Modd wegging, lud er mich auf den folgenden Morgen zu sich ein, und erbot sich sehr höflich, mir die Merkwürdigkeiten von Oxford zu zeigen. Die übrigen von der Gesellschaft verloren sich nun auch. Und da ich einmal, freilich auf eine sonderbare Art, in eine so ansehnliche Gesellschaft eingeführt war, trug man auch im Hause weiter kein Bedenken, mich aufzunehmen, und wies mir ein gutes Schlafzimmer an.

Allein am folgenden Morgen, da ich aufwachte, hatte ich von dem gestrigen starken Zutrinken der Ehrwürdigen Herren ein solches Kopfweh bekommen, dass es mir nicht möglich war aufzustehen, und noch weniger, den Herrn Modd in seinem Kollegio zu besuchen.

Der Gasthof, worin ich war, hieß the Miter, (die Bischofsmütze). Und ich fand hier, gegen Windsor gerechnet, die vortrefflichste Bedienung. Allein weil ich den Abend, ehe ich zu Bette ging, etwas aufgeräumt war, so sagte ich dem Aufwärter geradezu, er möchte nicht glauben, weil ich zu Fuße ginge, dass ich ihm deswegen ein schlechter Trinkgeld geben würde, sondern versicherte ihm das Gegenteil, wodurch ich denn die beste Aufwartung von der Welt erhielt.

Ich nahm mir nun vor, ein Paar Tage in Oxford zu bleiben, um zugleich während der Zeit, wieder reine Wäsche zu erhalten, die hier äußerst nötig tut, denn als ich den Nachmittag ein wenig spazieren ging, und meine Wäsche etwas schmutzig war, hört ich mir in einer kleinen Straße ein Paar Weiber vor der Türen nachrufen: Seht doch den feinen Herrn, der nicht einmal ein weißes Hemde am Leibe trägt!

Den Mittag aß ich unten mit der Familie und noch einigen Personen die da speisten, und unterhielt mich sehr angenehm. Ich mußte viel von Deutschland und vorzüglich vom König von Preußen erzählen. Über meinen Entschluß und Kühnheit zu Fuß zu gehen, konnte man sich nicht genug wundern, ob man gleich meine Absicht billigte; und endlich gestand man mir offenherzig, dass ich auch hier nicht wäre aufgenommen worden, wenn es nicht auf eine so sonderbare Weise gekommen wäre. Denn ein jeder, der eine so weite Reise zu Fuße täte, würde für einen Bettler oder Spitzbuben gehalten, woraus ich mir denn meine Aufnahme in Windsor und Nuneham leicht erklären konnte. Ob ich gleich diesen schrecklich übertriebnen Luxus nichts weniger als billigen kann, vermöge dessen die Fußgänger in England nicht einmal ehrlich sein sollen.

Da ich nun nach Darbyshire gehen wollte, riet man mir, wenigstens, bis ich tiefer ins Land kommen würde, einen Platz in einer Postkutsche zu nehmen. Denn je weiter man von London ab ins Land käme, desto weniger herrschte der Luxus, und desto wohlfeiler und wirtbarer sei es auch. Ich nahm mir also auch vor, von Oxford bis Birmingham, wo ich von Herrn Pointer aus London an Herrn Fothergill, einen Kaufmann empfohlen war, in einer Postkutsche zu fahren, und von da erst weiter zu Fuße zu gehen.

Den Montag brachte ich in Oxford wegen meines Kopfwehes etwas mißvergnügt zu. Herr Modd kam, um mich selber abzuholen, weil er sein Versprechen erfüllen wollte, allein ich fand mich nicht im Stande, mitzugehen.

Demohngeachtet machte ich gegen Abend noch einen kleinen Spaziergang auf einen Hügel, der gegen Norden vor Oxford liegt, und von welchem man die ganze Stadt übersehen kann, die mir denn bei weitem nicht so schön und prächtig vorkam, wie sie mir Herr Modd bei unsrer Nachtwanderung beschrieben hatte.

Die Kollegiengebäude sind größtenteils in gotischem Geschmack mit Verzierungen überhäuft, aus einem grauen Stein erbauet, der vielleicht, wenn er neu ist, besser aussieht, aber jetzt die ekelhafteste widrigste Farbe hat, die man sich nur denken kann.

Nur einige dieser Kollegien sind modern gebaut, und die übrigen Häuser sind größtenteils höchst erbärmlich, und in verschiednen Straßen nur ein Stockwerk hoch, und mit Schindeln gedeckt. Mir schien Oxford einen sehr traurigen und melancholischen Anblick zu haben, und ich begreife gar nicht, wie man es nächst London für eine der schönsten Städte in England halten kann.

Ich wartete auf dem Hügel, in welchen eine Treppe zu einem unterirdischen Gange hinuntergemauert war, bis die Sonne unterging, und sahe verschiedne Studenten hier spazieren gehen, die eben so wie die Schüler in Eaton-College, über ihre bunten Kleider große schwarze Chorröcke und platte viereckigte Hüte tragen; welches die Tracht ist, wodurch sich alle, die zur Universität gehören, mit verschiednen kleinen Abänderungen nach ihren Würden und Graden, auszeichnen.

Wegen dieser Chorröcke werden sie auch wahrscheinlich Gownsmen im Gegensatz gegen die Bürger genannt, welche Townsmen heißen. Und wenn man alle Einwohner von Oxford zusammenfassen will, so sagt man: die ganze Stadt, Gownsmen and Townsmen.