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Westen und Soho

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Pubs mit Geschichte

Kneipen im West End, in Soho und Covent Garden

Sherlock Holmes: 10 Northumberland St., WC 2, T. 020 7930 2644. Hier erinnert alles an den berühmten Detektiv, vor allem eine beachtliche Sammlung von Zeichnungen und Stichen. In der ersten Etage ist ein winziges Museum untergebracht. Auch hier dreht sich natürlich alles um jene Spürnase. Hintergrund ist, dass 10, Northumberland Street die Adresse ist, in der Sir Henry Baskerville verweilte, als er Sherlock Holmes in London aufsuchte.

Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) wurde in Edinburgh geboren und war zehn Jahre lang als Arzt tätig, bevor er sich vollkommen der Literatur und dem Reisen widmete. Doyle, ein Freund langer und abenteuerlicher Expeditionen, nahm als Militärarzt am Sudanfeldzug und am Burenkrieg teil. Und da Legenden bekanntlich ein langes Leben haben, bzw. Lügen oft erstaunlich lange Beine, verraten wir unseren Lesern auch noch, dass Sherlock Holmes in keinem seiner Romane den berühmten Satz »Gut kombiniert, mein lieber Watson ... « von sich gibt.

Eine ganze Reihe guter Kneipen liegt am nördlichen Ende der Carnaby Street.

Lamb and Flag: 33 Rose St., Covent Garden. T. 020 7497 9504. Hieß früher »Bucket of Blood«, zu deutsch: Eimer voll Blut, aufgrund der blutigen Schlägereien, die hier von Zeit zu Zeit abliefen. Seit der Eröffnung des Pubs 1623 ist die Bude immer voll. Selbst draußen drängen sich die Durstigen mit einem Glas in der Hand. Viele dunkle Anzüge, denn drumherum liegen eine Menge Banken. Unser Verleger ist ab und zu an der Stelle zu finden, wo Horny John seinen Stammplatz hatte, ein bekannter Dichter. Wer kriegt den bürgerlichen Namen raus? »Horny« bedeutet übrigens dasselbe wie »randy«, was in den USA auch als Vorname daherkommt, in England aber ein Grinsen erzeugen würde. Kleiner, aber sättigender Imbiß abends zu erschwinglichem Preis.

Gentlemen’s Clubs – die feine englische Art?

Um die Ecke, Garrick Street, in einem vierstöckigen viktorianischen Prachtbau, liegt übrigens der Garrick Club, gegründet 1831 vom Herzog von Sussex und benannt nach David Garrick David Garrick«, einem Schauspieler des 18. Jahrhunderts. Anfang 1995 machte der Club Schlagzeilen, weil die meisten seiner Mitglieder, erkenntlich an ihren lindgrünen Schlipsen mit rosa Streifen – kurz »Gurken und Lachs« - einen Vorstoß auf Zulassung »der anderen Hälfte der menschlichen Rasse« abschmetterten. Sie dürfen nur im dunklen, rosafarbenen »Pooh Room« mit ihren männlichen Begleitern speisen. Ein Traditionalist sah gar keinen Handlungsbedarf, da es doch genug weibliche Zier gebe: schließlich zeige ein Drittel der aufgehängten Ölbilder berühmte Schuaspielerinnen. Ein anderer vertraute einer Reporterin an, wohin die Aufnahme von Frauen führe: sie verlangten mehr Platz für Klos, führten sich militant auf und gingen einfach jedermann auf die Nerven. Ein weiterer meint, Frauen würden die »gelegentlich scharfen Wortgefechte der Klubmänner nicht ertragen und gleich in Tränen ausbrechen.«

Andere Clubs haben ähnliche Regeln und praktizieren so eine Art Apartheit für weibliche Gäste. So dürfen Damen im »Oxford and Cambridge« als Gäste nicht an ihrem Portwein in einer der drei prunkvollen Bibliotheken nippen. Diese sind ausschließlich Männern vorbehalten. Der »Royal Automobile Club« duldet keine weiblichen Gäste in Bar, Billiardzimmer und Rauchsalon. Ähnlich so im »Brook´s«. Im »Atheneum«, das einige Bischöfe als Mitglieder zählt, dürfen Damen die große Eingangstreppe nur abwärts zum Verlassen des Gebäudes, nie zum Aufstieg – zum Herrn? – benutzen. Den »Boodle´s«, gegründet 1762, müssen Frauen stets über den Lieferanteneingang betreten. In »White´s« sind wie in manch anderem Club »Damen unter keinen Umständen zu keinem Zeitpunkt zugelassen«. Hier, 1693 gegründet und an der Ecke Piccadilly – St. James Street gelegen, sollen sogar die Kakerlaken ausschließlich männlichen Geschlechts sein. Beim »Carlton« kippte diese Tradition, weil der Parteichef kraft Amtes Mitglied ist, und das war in den Achtzigern nun mal M. Thatcher. Nach diesem unvorhergesehenen Desaster änderte man die Bestimmungen dahingehend, dass nun auch Damen begrenzte Bewegungsfreiheit gewährt wurde.

Die »andere Hälfte der menschlichen Rasse« nimmt´s im übrigen gelassen. Vicky Ward vom Independent: »Laßt doch die Gentlemen in ihren Clubs in Frieden verrotten«. Dass in »Clubland« noch immer wichtige Geschäftsinformationen ausgetauscht, dass hier zentrale Entscheidungen gefällt würden, sei schlicht »ein Mythos«. Ähnlich plädiert Times Kolumnistin Janet Daley dafür, den »selbstzufriedenen Snobismus« der Clubwelt links liegenzulassen. In ein paar Jahren werde wachsende Geldnot eh zur Schließung einiger umstrittener Etablissements führen, wenn sie sich nicht öffneten. Da mag sie recht haben, denn genau deshalb läßt der »Reform Club« seit 1981 Frauen gleichberechtigt zu., nicht wegen seiner liberalen Wurzeln.

Janet Daley weiter: bis zur allgemeinen Pleite der Clubs könnten Interessierte ja ins Club-Ambiente der zahlreichen modernen Läden, die seit einiger Zeit in Soho florieren, hineinschnuppern.

Mit der Klientel dieser Häuser möchte der wahre britische Gentleman natürlich nichts zu tun haben. Ihn hält es in geschichtsträchtigem Terrain, in kultivierten Häusern, in denen ihm keine Janet und keine Vicky zu nahe kommt.

Lieber läßt er sich im »Beefsteak Club« von Charles oder bei »Pratt´s« (welch Name!?) von George bedienen. So war´s schließlich schon im 18. und im 19. Jahrhundert. Und warum einen bewährten Lebensstil ändern? Nur weil sich die Welt draußen geändert hat?

Kennerinnen der britischen Männerseelen vermuten dagegen, der Club habe etwas mit dem Bedürfnis zu tun, in vertrauter Internatsumgebung »ewige Schuljungen« bleiben zu können und so den strengen Blicken und der Fürsorge der Nannies, Mütter und Gattinnen zu entkommen. Vorerwähnter Garrick-Rebell Lord Lester: »Männer gehen doch in den Club, weil sie vor den Weibern flüchten wollen.«

Coal Hole: 91 Strand, Covent Garden, T. 020 7379 9883. Zur Mittagszeit drängeln sich hier die Journalisten und Sekretärinnen, um schnell einen Happen im Stehen einzunehmen; abends tummelt sich hier ausgelassenes Jungvolk. Im Keller eine Weinbar, in die sich gut auf dem Weg ins Theater einkehren läßt.