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Schloss Windsor

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Residenz der königlichen Familie

Schloß Windsor (Aussprache ohne »d«)

Ein Stück englischer Adelsgeschichte

Ein direkter Zug geht ab Waterloo und benötigt etwa eine Dreiviertelstunde für die Fahrt.

Schloßbesichtigungen gegen Eintritt täglich ab 10.30h, sonntags ab 13.30h. T. 020 7766 7300. Um 11h ist Wachablösung. Bekanntlich führte solide britische Handwerkertätigkeit zu einem kleinen Brand, dem im Wesentlichen die Sankt Georgs- und die große Audienzhalle, zwei Türme, die große Küche, das Purpurne Wohnzimmer und das Grüne Zimmer mit Bibliothek zum Opfer fielen. Macht nichts – bei uns wär´s viel schlimmer: in Gefahr wären unser champagnerfarbener Speisesaal mit austernfarbenen Vorhängen, unser lachsfarbenes Schlafgemach und unser dekadent-cremefarbener Morgenrock. Mittlerweile ist das gesamte Schadensgebiet auch wieder komplett restauriert.

Ferner verbrannte ein Portrait Georg III, kein allzugroßes Drama, da man ihm den Verlust Neuenglands zuschreibt. Er fiel zwar hin und wieder in geistige Umnachtung und war im Morgenrock durch sein Schloß wandelnd anzutreffen, war aber sonst ein fruchtbarer Kerl, da er es mit seiner braunschweigischen Frau Charlotte Sophia von Mecklenburg-Strelitz immerhin auf fünfzehn Bälger brachte. Er sprach bereits als erster aus der Hannoveraner-Sippe Englisch ohne deutschen Akzent und war weniger häßlich als sein Vorgänger, der zweite Georg, sein basedowäugiger Papa, der die Briten mit seinen häßlichen, aus Deutschland mitgebrachten, Mätressen schockierte. Begraben wurde er 1727 in Hannover; die Briten sind´s zufrieden. Dessen Vater, Georg I. also, erster hannoveranischer Regent, liebte zwar die norddeutsche Tiefebene, aber nicht den Thron in London. Ob er seine Frau Sophia Dorothea von Celle liebte, wissen wir nicht, aber wegen ihrer libidinösen Umtriebe ließ er sie in lebenslanger Schloßhaft schmoren. Da wir nun schon einige Georgs durchgehechelt haben, hier auch was zum vierten Georg, 1820-1830 auf dem Thron, der entweder ein großer Brandyliebhaber oder ein großer Ästhet gewesen sein muß: als er seine künftige Frau, Karoline von Braunschweig-Wolfenbüttel das erste mal erblickte, seufzte er: »Mir geht´s nicht gut; bitte reicht mir ein Glas Brandy«. Der fünfte Georg schließlich war der, der das Königshaus 1917 von Sachsen-Coburg und Gotha in Windsor umtaufen ließ (»hannoveranische Emporkömmlinge, würstchenessende Schweine«, schimpften sie Gegner der Dynastie), und der sechste Georg, Vater Elizabeth II., war der Bruder Eduard VIII., den Premierminister Stanley Baldwin zum Rücktritt gezwungen hatte, da er die zweimal geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson heiraten wollte. So ein Skandal aber auch!

Hier wollen wir einen Eduard, den siebten nämlich, Sohn Königin Viktorias, dazwischenschieben. Er war vom Typus des neuen Monarchen: leutselig, lebenslustig. Von der autoritären Mutter die besten Jahre seines Lebens von der Politik ferngehalten, lebte er sich in Frankreich aus und wartete auf ihren Tod. Die französische Presse karikierte ihn als Nichtsnutz und Frauenheld. Mit 59 Jahren bestieg er 1902 den Thron. Acht Jahre später war er tot. Seine Frankreichfreundlichkeit und seine Abneigung gegen seinen Neffen Wilhelm II. trugen dazu bei, Englands außenpolitische Abkehr von Deutschland zu beschleunigen. Er hat hier insofern auch ein wenig Bedeutung, weil die Urgroßmutter von Charles´ Camilla, Alice Keppel, bereits von königlichen Seitensprüngen angetan war: »Ein Hofknicks und dann ab ins Bett« berichtete sie über ihre intimen Treffen.

Was wirklich hinter der Abdankung Eduard VIII. stand, ist ein wenig verzwickter: Eduard war ein neurotischer Rebell gegen die repressiven und autoritären Traditionen seines Vaters Georg V. Er war ein unglücklicher, dümmlicher junger Mann, dessen sexuelle Neurosen Stadtgespräch waren. Seine kaum verhohlene Bewunderung für den Nationalsozialismus und Hitler machten ihm Feinde. Nichts davon beunruhigte die Oberschicht der Konservativen Partei wirklich. Was sie aufbrachte, war Eduards Anschein von Radikalismus. Hatte er doch angesichts des Elends der arbeitslosen Bergarbeiter in Wales zornig ausgerufen: »Hier muß etwas getan werden!« Eduard hatte Empörung über die Ungerechtigkeit des britischen Klassensystems und die Werteordnung der Anglikanischen Kirche gezeigt und untergrub damit die gesellschaftliche Ordnung. Der König verbarg nicht seine Verachtung für jene muffigen Höflinge und Ratgeber, die er mit dem Thron erbte. Das Establishment witterte die Gefahr, dass er sich über die herkömmlichen politischen Führer hinwegsetzen und eine direkte, plebizitäre Beziehung zum Volk suchen würde. Dieser König hätte sich als unkontrollierbar herausstellen können.

Wer ein Dach über dem Kopf sucht, begibt sich zur Jugendherberge Edgerworth House, Mill Lane, T. 01753 861 710. Hinter dem Bahnhof in Richtung Autobahn, durch die Unterführung und dann die erste Straße rechts. Aufnahme nur bei vorheriger Anmeldung und in der Zeit von 10-17h.