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City of London

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Finanzzentrum im Herzen Londons

Geschäftiges Treiben in der City of London

Von Pressezaren und Versicherungssyndikaten

Von Saint-Paul bis zum Tower. Die City wird von der berühmten Fleet Street durchzogen – benannt nach dem Fleet, der hier in die Themse mündet – auf der sich die Hauptstützpunkte der englischen Presse befanden, als diese noch die Weltmeinung diktierte. Viele der bedeutenden Zeitungen sind in das neue (Pleite-)Viertel an den Docks umgezogen, aber zumindest das Daily Express Gebäude, ein Meisterwerk der moderner Architektur aus den Zwanzigern, läßt sich noch besichtigen. Rupert Murdoch hatte seinerzeit den Überraschungscoup mit einem Umzug in die Docklands eingeleitet. Dies nicht zuletzt um die widerspenstigen Drucker loszuwerden, derer es nicht mehr bedurfte, da seine Zeitungen fortan per Hochtechnologie von den Journalisten selbst hergestellt wurden. Andere Gründe für den Auszug der Zeitungen waren die Grundstückspreise, welche die Verleger weich werden ließen, und die bessere Räumlichkeiten in den Docklands.

Das war wohl ohnehin fällig, denn ein Mitarbeiter von »Cycling« beschrieb seine Situation so: »Jedesmal wenn die Druckmaschinen anliefen und die rasch steigende Auflage noch drastischere Anforderungen an die Maschinerie stellte, begann das ganze Gebäude zu beben und zu wackeln.« Und ein anderer von den Evening News klagte über das hohe Alter und den Dreck der Gebäude: »Oft fielen, während wir an der Arbeit waren, Kakerlaken von der Decke in unsere Bücher. Wir pflegten sie mit unseren Federn aufzuspießen und gelegentlich veranstalteten wir spannende Wettrennen mit dem Ungeziefer als Wettläufer.«

Die City, das ist die Geschäfts- und Bankengegend, aber wir werden dort keine Geschäfte tätigen ... Man spürt dort häufig eine gewisse Unruhe, denn alles dreht sich um die Arbeit. Selbst die Pubs haben entsprechend angepaßte, außergewöhnliche Öffnungszeiten. Nachts, wenn die Büros geschlossen sind, spielt sich dort genauso wenig ab wie am Wochenende. Nur rund zweitausend Personen bewohnen die City, aber täglich strömen dort über eine halbe Million Menschen wegen ihrer Arbeit zusammen. Dass die Verkehrsprobleme bewältigt werden können, ist schon ein kleines Wunder. In diesem Teil Londons begegnet man sicher jenen fürchterlichen Kapitalisten im Anzug und mit Bowler Hat oder gar Zylinder, die diskret, aber selbstbewußt ihrem Rolls Royce entsteigen, den der Chauffeur mit Schirmmütze auf Hochglanz gewienert hat. Sicherlich ist dies heutzutage immer weniger zu sehen, aber wer meint, dass diese Spezies im Aussterben ist, der irrt. Die City besitzt einige Vorrechte: hier hat der jährlich neugewählte Oberbürgermeister seinen Sitz (1984 war es das erste und bisher enizige Mal eine Frau), sie hat eine eigene Verwaltung und eine eigene Polizei. Die Queen läßt sich jedes Jahr in Form einer Zeremonie die Schlüssel der City übergeben. Ohne Erlaubnis darf sie die City of London bis heute nicht betreten. Grenze ist Temple Bar auf der Fleet Street kurz nach Aldwich.

Auf der Lime Street treffen wir auf Lloyd´s, die größte Versicherungsfirma der Welt und seit geraumer Zeit im Gerede wegen Manipulationen zuungunsten der meisten ihrer Mitglieder, welche die ruinösen Verluste tragen dürfen, während sich ein edler Kreis Eingeweihter aus der Verantwortung stiehlt. Genauer gesagt handelt es sich um den Zusammmenschluß einiger potenter Versicherungsbroker. Sie trägt den Namen eines Gastwirts aus dem 17. Jh., bei dem Reeder und Versicherungskaufleute verkehrten. Übrigens machte der gute Mann mit Namen Edward Lloyd zwar vieles in seinem Leben, aber er war nie selbst Versicherungsmakler ... Lloyd´s nimmt alle möglichen Versicherungen in Auftrag: von der Tankerladung über die Beine einer Tänzerin bis zum Wetter am Hochzeitstag. Traditionsgemäß verkündet ein Glockenläuten die schlechten und zweimaliges Läuten die guten Nachrichten. Heute wird die »Lutine Bell« allerdings nur noch zu besonderen Anlässen und bei Katastrophen von Weltausmaß (wie dem 11. September oder dem Tsunami 2004) geleutet. Die Unglücksfälle werden sogleich mit einem Gänsekiel in das dafür vorgesehene Buch eingetragen ...