Schmugglernest an der Ostküste

Geburtsstätte des belegten Toastbrots

Sandwich

Sehenswert wegen seiner hübschen alten Bausubstanz. Außer der Anekdote über den hungrigen Grafen erzählt man sich hier auch die Geschichte von einem üppigen Bankett, welches Elisabeth I. dereinst in Sandwich gegeben haben soll.

Sandwich, Dover, Hythe, Romney und Hastings bildeten seit dem 11. Jh. den später um Wichchelsea und Rye erweiterten Städtebund Cinque Ports (Fünf Häfen). Der französische Name kommt daher, dass Französisch damals eben Sprache des Hofes war. Diese Häfen stellten den harten Kern der englischen Flotte.

Berüchtigt waren sie wegen der regen Schmuggeltätigkeit. Um 1800 sollen es 40.000 Leute gewesen sein. Die Nacht war ihre Zeit – Eulen nannte man sie. Nichts gab es, was nicht geschmuggelt wurde: Gold und Gewürze, Tabak, Wolle, Dreiviertel des Gins, den England konsumierte, die Hälfte des Tees. Ein Pfund Tee, in Frankreich für drei Pennies erstanden, erbrachte daheim 25 Pennies. Vom Schnaps gar nicht zu reden. 450 Pfund Gewinn erzielte man mit einer Ladung; nur vierzig Pfund kostete ein Schmugglerboot.

Frankreich lag nur dreißig Meilen weit, drei Stunden bei strammem Wind. Das schlechteste Wetter war den Schmugglern gerade recht. Auf dem Hinweg nahm man geflohene Kriegsgefangene der Napoleonischen Armee mit nach Frankreich, auf dem Rückweg französische Journale und Spione, denn an allem war zu verdienen. Jeder machte mit: die Polizei, welche die Augen verschloß, die Bauern, die über Nacht ihre Ställe aufließen, damit jeder sich Pferd und Wagen »borgen« konnte. Hufeisen waren falsch herum montiert, um Verfolger zu täuschen, eine von tausend Finten.

Auch so mancher Pfaffe hatte seine Soutane im Spiel. Dr. Syn, der berüchtigte Pfarrer aus Russel Thorndikes berühmten Roman, steht für alle seine unerkannt gebliebenen Brüder im Herrn. Hilflos klagte der damalige Finanzminister: »Soldaten gegen Schmuggler – das ist wie Elefanten als Aalfänger.« Einen Einbruch fand die Schmuggelei mit dem Ende der napoleonischen Zeit gegen 1815. Die Senkung der Einfuhrzölle 1831 gab ihr den Rest.

Ein Schiff namens Cinque Ports leistete 1703 auch noch einen Beitrag zur Literaturgeschichte. Auf einer Expedition in die Südsee überwarf sich der dickköpfige schottische Steuermann Alexander Selkirk mit dem Kapitän, William Dampier, der ihn kurzerhand auf der unbewohnten Insel Mas a Tierra aussetzte (Allenthalben stößt man an der Küste auf nach ihnen benannte Straßen). Nach viereinhalb Jahren sammelte er ihn auf einer späteren Reise wieder ein und nahm ihn mit nach England. Diese Geschichte verarbeitete der Londoner Metzgersohn Daniel Defoe zu Robinson Crusoe.