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Garsington Manor

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Musikalische und kulinarische Höhepunkte

In Garington ist alles nur vom Feinsten

Garsington Opera Festival

ca. Mitte Juni bis Mitte Juli. Garsington, Oxford, OX44 9HD, T. 01865-36 16 36. Karten zum Preis eines Wochenendes im Luxushotel.

Alljährlich im Juni, nach der Hutschau von Ascot und wenn die Henleyregatta noch offen ist, beginnt hier auf einer Anhöhe südöstlich Oxfords, wenige Kilometer der Arbeitervorstadt Cowley, mit dem Garsington Opera Festival die Saison der Connaisseure. Picknick im Garten, Dinner in der Scheune, vielleicht auch etwas Regen, aber Musik, Musik! Und der Duft von tausend Blumen. Wenn dann die Sonne hinter den Bäumen versinkt, dann hat Garsington etwas von dem Zauber, den D.H. Lawrence zu Lady Ottolines Zeiten erlebte: »So abgeschieden, so vollkommen eine kleine Welt für sich, wo man allen Alltagskram vergessen kann, um die großen Dinge zu bedenken.« Gründer waren Rosalind Ingram und ihr Mann Leonard, ein Bankier, die das Anwesen 1982 erstanden und die Gärten wie zu Zeiten der berühmten Vorbesitzerin in den zwanziger Jahren restaurierten. Das Festival mit seinen Freilichtaufführungen entstand als reine Wohltätigkeitsveranstaltung und zählt heute 1500 begeisterte Subskribenten. Die Warteliste für Karten für die jeweils folgende Saison ist lang.

So, wer danach noch eins draufsetzen will, eile zu folgendem Gourmettempel:

Le Manoir aux Quat´Saison

Great Milton, T. 01844 278 881, 01844 278 847, www.manoir.com. Fein, aber teuer.

In den Zwanzigern war Garsington Treff von Künstlern und Intellektuellen am Pfauenthron von Lady Ottoline Morrell, ein verlängerter Salon aus Bloomsbury auf dem Lande. Nach Beschreibungen von Zeitgenossen waren ihre Augen türkisgrün, rotgefärbt ihre Haare, die Lippen grellrot und weißgepudert ihre Haut. Sie trug schwere Perlenketten und lange, wehende Seidengewänder. Und dann ihre Hüte! Einer glich einem Teewärmer mit kleinen Igeln darauf, ein anderer einem Segelschiff; noch am schlichtesten wirkten die mit Pfauenfedern. Virginia Woolf und Aldous Huxley gingen hier ein und aus, ebenfalls D.H. Lawrence, der in Women in Love Garsington nach Derbyshire verlegt. Lady Ottoline war ihm Vorbild für Hermione Roddice und wohl auch – wie entfernt auch immer – für seine skandalöse Heldin, Lady Chatterley.

Viele der männlichen Gäste waren als Pazifisten vom Militärdienst befreit, unter der Auflage in der »Landwirtschaft zu arbeiten«, was sie dann angeblich auf dem Hof der Morrells taten. Die Atmosphäre damals fängt Virginia Woolf gut ein: »Ottoline wie gewöhnlich, Samt und Perlen«, notierte sie über ein Wochenende. »Massen von Leuten, die sich von Zimmer zu Zimmer bewegten, vom Salon zum Speisezimmer, von dort zu Ottolines Zimmer, den ganzen Sonntag.« Und ein Jahr später, im Juni 1918 (zu der Zeit starben immerhin noch britische Soldaten auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges): »Wir strömten recht glücklich durcheinander, und ohne uns ersthaft zu langweilen, was mehr ist, als man von einem Wochenende verlangen kann.«

Etwas Tennis, manchmal ein Tanz oder Schauspielsketche, unendliche Plaudereien und Klatsch, das liebten die hier Versammelten. Nach dem Tee ein kleiner Ausflug in die Hügel der Umgebung, zurück durchs Dorf, »wobei die blendende Erscheinung von Ottoline mit ihren Perlen auf die Landarbeiter weder falsch noch lächerlich zu wirken schien, sondern wie ein Teil der aristokratischen Show, für die sie gezahlt hatten. Niemand lachte.« Wie in einer Botanisiertrommel sammelte V. Woolf ihre Beobachtungen während dieser Wochenenden. Selbst ihr wurde es zuweilen zuviel, was da an Eitelkeiten, Eifersüchteleien und Intrigen aufeinanderprallte. »Garsington bietet eine Szene unvergleichlichen Horrors. Unnötig zu sagen, dass ich hinfahren werde,« ließ sie ihre Schwester 1926 wissen. So verschieden Ottoline und Virginia auch waren, eines verband sie nach Stephen Spender: »menschenfresserische Neugier«.

Schließlich gab´s noch Bertrand Russel, mit dem sie mehr als adlige Herkunft und Überwindung der Klassenkonventionen verband. »Bertie Russel faszinierte mich und machte mir Angst«, vertraute sie ihrem Tagebuch an. »Er fühlt das Leben nur durch den Verstand und durch Sex, und es besteht eine Kluft zwischen beiden Bereichen.« Seine Hände seien »wie die Tatzen eines Bäres«, fand sie, »no feeling in them«; dazu kam sein Mundgeruch. Russel, der ihr zweitausend Briefe schrieb – sie ihm 1600 – beklagte sich: »Zum Beispiel war es mir niemals erlaubt, ihr Schlafzimmer zu betreten, doch Aldous Huxley war ständig anwesend, wenn sie sich entkleidete.«

Kein Wunder, dass Garsington die Morrells an den Rand des Ruins trieben, oder? 1928 gaben sie den Besitz auf.