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Sutton

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Nachtlager in Sutton

Gasthaus, Aulton Brickmarker

Noble Gesellschaft aus Lichfield

Der Weg von Birmingham aus ist nicht zum besten, sondern ziemlich sandigt. Ich langte denselben Abend noch in einem kleinen Orte, Namens Sutton, an, worin es mir aber auch zum Bleiben zu vornehm aussahe, bis ich ganz am Ende einen kleinen Gasthof antraf, der einen Schwan im Schilde führte, worunter stand, Aulton Brickmaker.

Dieser Gasthof schien etwas Einladendes für mich zu haben, ich ging also hinein, und fragte nicht gleich zuerst, ob ich die Nacht da bleiben könne, sondern forderte mir vorher einen Krug Bier (a Point of Ale). Hier hieß ich nun gar nicht anders, als Master, und man wies mich in die Küche, wo die Wirtin an einem Tische saß, und sehr über Zahnschmerzen klagte. Mein Mitleid, das ich ihr als ein fremder Mensch darüber bezeigte, verschaffte mir bald ihre Gunst, und sie fragte mich selbst, ob ich nicht die Nacht hier bleiben wolle? welches ich bejahte, und so hatte ich denn auf diese Nacht wieder eine Herberge.

Die Gesellschaft, welche ich hier traf, war eine Schornsteinfegerin mit ihren Kindern, welche mir sogleich sehr freundschaftlich zutrank, und sich mit mir und der Wirtin unterhielt.

Sie erzählte mir ihre Geschichte, die interessant genug war. Sie hatte nehmlich frühzeitig ihren Mann im Kriege verloren, und für tot gehalten, worauf sie sieben Jahr in Irrland diente, ohne daß jemand drum wußte, daß sie verheiratet sei. Während der Zeit kömmt ihr Mann, der ein Schornsteinfeger war, wieder nach England, und besetzt sich in Lichfield. Sobald er hier in wohlhabende Umstände kömmt, erkundigt er sich allenthalben nach seiner Frau, erfährt endlich ihren Aufenthalt, und holt sie aus Irrland ab. Mit Tränen in den Augen erzählte sie, wie feierlich er sie in Lichfield eingeholt, und ihr zu Ehren ein ordentliches Fest veranstaltet habe. Hier in Lichfield, das nur noch ein Paar Meilen von Sutton liegt, und wo ich Morgen durchreisen würde, lebe sie nun mit ihrem Manne, und helfe ihm fleißig arbeiten, sei auch bei allen vornehmen Herrschaften beliebt und angesehen.

Die Wirtin erzählte mir, während ihrer Abwesenheit als im Vertrauen, daß der Mann dieser Schornsteinfegerin, so schlecht sie aussähe, seine tausend Pfund im Vermögen hätte, Silberzeug, Zinn und Kupfer ungerechnet; daß er seine silberne Uhr trüge, und wenn er durch Satton käme, und hier logierte, wie ein Nobleman bezahle.

Ein Nobleman will aber erstaunlich viel sagen, denn in Rücksicht gegen Gentleman, das bloß einen feinen Mann bezeichnet, heißt es so viel, als ein Lord oder Graf.

Ferner bemerkte sie, die Frau sei etwas lowlived (von niedrigen Sitten) er aber sei der feinste und artigste Mann von der Welt. Nun bemerkte ich freilich bei der Schornsteinfegerin etwas sehr grobes in der Aussprache, sie sprach z. B. das Wort old, alt, welches ohld gelesen werden muß, wie auld aus. Sonst bemerkte ich in dieser Entfernung von London noch keine merkliche Abweichung in Ansehung der Aussprache.

Morgen, sagte die Schornsteinfegerin, sei sie und ihr Mann nicht zu Hause, aber wenn ich durch Lichfield wieder zurückkäme, wollte sie sich die Ehre meines Besuchs ausbitten, zu welchem Ende sie mir denn ihren Namen und Wohnung sagte.

Am Abend kam die übrige Familie, ein Sohn und Tochter der Wirtin zu Hause, welche für ihre kranke Mutter alle mögliche Sorgfalt bezeugten. Ich aß mit der Familie, und man ging hier mit mir um, als ob wir schon Jahre lang zusammen gelebt hätten.

Als ich sagte, daß ich ein Scholar oder Student wäre, erzählte mir der Sohn, hier sei auch eine Grammar School (lateinische Schule) wo sich der Schoolmaster auf zweihundert Pfund (zwölfhundert Taler) außer dem Schulgelde stünde. Und dies war nur in einem Flecken, ich dachte dabei an unsre Grammarschools in Berlin, und an die Besoldungen der dasigen Schoolmasters.