Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Nettlebed

Body: 

Friedhofsschau in Nettlebed

Im Banne des Dorfes

Stopp in Dorchester

Ich blieb bis der Gottesdienst ganz geendigt war, und dann ging ich wieder mit der Gemeine aus der Kirche, und besahe noch die Leichensteine und Grabschriften auf dem Kirchhofe, welche doch größtenteils simpler und geschmackvoller als die unsrigen waren.

Einige waren freilich auch komisch genug, worunter denn vorzüglich eine Grabschrift auf einen Schmidt gehört, die ich wegen ihrer Seltsamkeit abgeschrieben habe, und sie hierher setzen will:

My Sledge and Anvil lie declined,

My Bellows too have lost their Wind;

My Fire´s exstinct, my Forge decay´d.

My Coals are spent, my Iron´s gone,

My Nails are drove, my Work is done.

»Mein Schmiedehammer und Amboß liegen darnieder; meine Blasebälge haben ihren Wind verloren; mein Feuer ist verloschen, und meine Schmiede verfallen; meine Kohlen sind verbraucht, mein Eisen ist alle, meine Nägel sind eingeschlagen, meine Arbeit ist aus.«

Viele Grabschriften fand ich, die sich mit folgenden Reimen endigten. Physicians were in vain; God knew the best, and laid his Dust to Rest. Ärzte waren vergeblich; Gott wußte am besten, was ihm gut sei, und legte seinen Staub zur Ruhe.

In der Kirche selbst sahe ich das marmorne Epitaphium eines Sohnes des berühmten D. Wallis, mit folgender simpeln und rührenden Inschrift: Eben der Verstand, welcher ihn zu jedem öffentlichen Amte fähig machte, lehrte ihn, sein Leben hier in der Stille zubringen.

Alle die Bauern, welche ich hier sahe, waren nicht, wie die unsrigen, in grobe Kittel, sondern gutes feines Tuch, auf eine geschmackvolle Art gekleidet, und unterschieden sich nur dadurch von den Stadtleuten, dass mir ihr Anzug und ihr ganzes Betragen weit natürlicher und edler zu sein schien.

Einige von den Soldaten, die starke Geister sein wollten, gesellten sich zu mir, da ich die Kirche besahe, und schienen sich ordentlich ihrer Kirche zu schämen, indem sie sagten: es sei nur eine sehr erbärmliche Kirche; worüber ich mir denn die Freiheit nahm, sie zu belehren, dass keine Kirche erbärmlich sei, die ordentliche und vernünftige Menschen in sich faßte.

Ich blieb noch den Mittag hier. Den Nachmittag war kein Gottesdienst, aber die jungen Leute musicierten wieder für sich, und sangen einige Psalmen, wobei ein Teil der Gemeine zuhörte. Es geschahe dies mit solcher Anständigkeit, dass es auch wie eine Art von Gottesdienst zu betrachten war. Dieser Kirchenmusik wohnte ich wieder bei. Ich war wie an dies Dorf gebannt. Dreimal ging ich fort, um weiter zu reisen, und eben so oft kehrte ich wieder um, weil ich mir beinahe vorgenommen hatte, eine Woche oder länger in diesem Dorfe zuzubringen.

Doch der Gedanke, dass ich nur noch einige Wochen bis zu meiner Rückreise übrig hatte, und doch noch Derbischire besehen wollte, trieb mich endlich fort. Mit Wehmut blickte ich oft nach dem kleinen Kirchturme und den friedlichen Hütten zurück, wo ich einen Morgen, wie zu Hause gewesen war.

Nun war es beinahe drei Uhr Nachmittages, als ich von hier wegging, und ich hatte noch achtzehn Meilen bis Oxford. Allein ich nahm mir vor, nicht bis Oxford zu gehen, sondern die Nacht über etwa fünf bis sechs Meilen davon zu bleiben, um es alsdann den folgenden Morgen noch bei guter Zeit zu erreichen.

Mein Weg von Nettlebed aus war ein ununterbrochener Spaziergang in einem großen Garten. Ich wechselte oft mit Gehen und Lesen im Milton ab. Als ich ohngefähr acht Meilen von Nettlebed und nicht weit mehr von Dorchester war, hatte ich die Themse in einiger Entfernung zur Linken, und an ihrem jenseitigen Ufer sah ich einen langen Hügel, hinter welchem ein Mastbaum hervorzuragen schien, der mich vermuten ließ, dass an der andern Seite des Hügels auch ein Fluß sei.

Die Aussicht, welche ich mir von diesem Hügel versprach, konnte ich unmöglich so vorbeigehen; ich ging links vom Wege ab, über eine Brücke über die Themse, und immer den Hügel hinauf, auf den Mastbaum zu. Als ich den Gipfel erstiegen hatte, fand ich, dass alles ein Blendwerk war. Ich hatte nichts, als eine große Ebne vor mir, und der Mastbaum war in die Erde gegraben, um vorwitzige Leute vom Wege abzulocken.

Ich stieg also meinen Hügel wieder herunter; am Fuß desselben war ein Haus, wo viele Leute aus dem Fenster sahen, die mich auszulachen schienen, daran ich mich aber wenig kehrte, und meine Straße fortging, ohne dass mich meine Reise zu dem Mastbaum sehr gereuet hätte. Nur war ich doch von dem Steigen etwas ermüdet.

Nicht weit von hier nahe vor Dorchester hatte ich noch eine herrliche Scene. Die Gegend wurde hier so schön, dass ich nicht weiter gehen konnte, sondern mich auf den grünen Rasen legte, und sie mit Entzücken betrachtete. Der Mond stand schon in seiner ganzen Fülle am Himmel, die Sonne flimmerte noch mit ihren letzten Strahlen durch die grünen Hecken. Hierzu kam der Wiese betäubender Wohlgeruch, der Vögel mannigfaltiger Gesang, die Hügel an der Themse, bald hellgrün, blaßgrün, oder dunkelgrün, mit ihren hin und her zerstreuten Baumgeschwadern. Ich erlag fast unter der Betrachtung aller dieser reizenden Gegenstände.

Ich kam ziemlich spät in Dorchester an. Dies ist nur ein kleiner Ort, hat aber eine große und ansehnliche Kirche. Indessen standen die Damen mit frisiertem Haar vor den Häusern, wo ich vorbei ging, und es schien mir hier wieder alles ein viel zu vornehmes Ansehen zu haben, als dass ich hier hätte bleiben sollen, wie ich anfänglich willens war.