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Nuneham

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Begegnungen im nächtlichen Nuneham

Inhospitablität im Gasthaus

Zu Fuß nach Oxford

Ich entschloß mich also, noch viertehalb Meilen bis Nuneham zu gehen, wovon es nur noch fünf Meilen bis Oxford war. Hier in Nuneham kam ich denn ziemlich ermüdet und bei finstrer Nacht an.

Der Ort bestand aus zwei Reihen dicht aneinandergebauter Häuser, und war so regelmäßig angelegt, wie eine Straße in London. Alle Türen waren schon verschlossen, und ich sahe nur noch in einigen Häusern Licht.

Endlich sah´ ich ganz am Ende des Orts, ein großes Schild quer über die Straße aushängen, und das letzte Haus an der linken Seite war der Gasthof, wo noch alles in Bewegung war.

Ich kehrte ohne Umstände ein, und sagte, ich wolle die Nacht da bleiben. By no means! (keinesweges) hieß es, es sei schlechterdings unmöglich; das ganze Haus sei voll, und alle ihre Betten besetzt; da ich so weit wäre, solle ich nur noch vollends die fünf Meilen bis Oxford gehen.

Weil mich sehr hungerte, so verlangte ich wenigstens, daß man mir etwas zu essen geben sollte. Allein ich bekam zur Antwort, weil ich die Nacht nicht da bleiben könne, so ginge es auch nicht gut an, daß sie mir zu Essen geben könnten, ich möchte nur weiter gehn.

Endlich verlangte ich einen Krug Bier, den man mir für bare Bezahlung gab, aber einen Bissen Brot dazu, den ich auch gern bezahlen wollte, schlug man mir ab.

Eine solche erstaunliche Inhospitalität hatte ich denn doch in einem Englischen Gasthofe nicht erwartet. Ich wollte aber doch alles mögliche versuchen, um zu sehen, wie weit die Lieblosigkeit dieser Leute gehen würde.

Ich bat also, sie möchten mich nur auf einer Bank schlafen lassen, und mir Obdach geben, ich wolle dafür so viel, als für ein Bette bezahlen, denn ich wäre so müde, daß ich unmöglich weiter gehen könnte, allein indem ich noch diesen Antrag machte, schlug man mir die Tür vor der Nase zu.

Da man mich nun hier in einem kleinen Dorfe nicht hatte aufnehmen wollen, so konnte ich noch weit weniger erwarten, daß man es in Oxford tun würde. Ich war also beinahe entschlossen, diese Nacht, weil es überdem ziemlich warm war, unter freiem Himmel zuzubringen, und suchte mir zu dem Ende einen bequemen Platz auf dem Felde unter einem Baume aus. Als ich nun gerade im Begriff war, meinen Überrock auszuziehen, um ihn mir untern Kopf zu legen, hörte ich jemanden mit schnellen Schritten hinter mir herkommen, der mir zurief, ich solle warten, wir könnten miteinander gehen.

So wenig nun auch jemanden, der auf die Weise hinter einem herkömmt, in finstrer Nacht zu trauen ist, so war es mir doch eine Freude, daß sich wieder ein Mensch um mich bekümmerte, und mit mir gehen wollte, da ich vorher so äußerst unfreundlich von den Menschen ausgestoßen war.

Ich erwartete ihn also ruhig, und als er zu mir heran kam, sagte er, wenn ich gut zu Fuße wäre, so könnten wir miteinander gehen, denn er wolle auch noch nach Oxford. Als ich ihm das erste versicherte, setzten wir unsern Weg zusammen fort.

Da ich nun nicht wissen konnte, ob meinem Reisegefährten zu trauen sei, so suchte ich mich ihm auf alle Fälle von einer bemitleidenswerten Seite bekannt zu machen. Und beklagte mich zu dem Ende über das Unrecht, daß man mir, als einem armen Wandrer, in dem letzten Gasthofe nicht einmal ein Obdach verstattet, und mir für mein Geld sogar einen Bissen Brot versagt habe.

Mein Reisegefährte entschuldigte die Leute in etwas, indem er sagte, daß wirklich das Haus voller Leute sei, die hier in der Nähe gearbeitet hätten, und nun da logierten. Daß man mir aber einen Bissen Brot versagt habe, könne er freilich selbst nicht billigen; und hierauf fragte er mich, wo ich denn heute hergewandert käme.

Ich antwortete aus Nettlebed, und erzählte ihm, daß ich da heute Morgen dem Gottesdienste mit beigewohnt hätte.

Da Ihr also vermutlich heute Nachmittag durch Dorchester gekommen seid, sagte er, so hättet Ihr mich auch können predigen hören, wenn Ihr dort in die Kirche gekommen wäret: denn dies ist mein Vikariat, wo ich eben herkomme, um wieder nach Oxford zu gehen.

Also seid Ihr ein Prediger? sagte ich, ganz voller Freuden, daß ich in dieser finstern Nacht, auf meinem Wege einen Gefährten angetroffen hatte, mit dem ich einerlei Beschäftigung trieb. Ich bin auch ein Mann der predigt, sagte ich zu ihm, indem ich ihm zugleich zu verstehen gab, daß ich nicht, wie ich vorher gesagt, aus Armut, sondern um Sitten und Menschen kennen zu lernen, zu Fuße reiste.

Er war über diese angenehme Zusammenkunft eben so erfreut wie ich, und wir schüttelten brüderlich die Hände zusammen, ehe wir weiter gingen.