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Weiterhin am Südufer

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Weiterhin am Südufer

Die Turmuhr läutet von selbst, wenn eine Jungfrau vorbeiläuft

— Trinity College (Plan C4): die werte Studentenschaft führt die Besucher durch die Räume; Zeiten und Preise entnimmt man einem Anschlagbrett am Eingang. Zur Zeit gilt: 9.30-17.30h. Die 1592 von Elisabeth I. begründete Universität diente fast dreihundert Jahre lang als Hüterin ausschließlich englisch-protestantischer Kultur und Weisheit. Erst 1873 wurden erstmals Katholiken zum Studium zugelassen. Zu ihren prominentesten Geistesgrößen zählen Edmund Burke, Oliver Goldsmith, Swift, Grattan, Thomas Davis, Oscar Wilde, Synge und Bram Stoker, der Erfinder von »Dracula«. Der überwiegende Teil des heutigen Komplexes stammt aus dem 18. und 19. Jh. Die Fassade, die sich am besten vom College Green Square begutachten läßt, ist ein Werk aus dem Jahre 1759. In den hübsch gepflasterten Innenhöfen mit gepflegten Grünflächen tanken die Studenten neue Kraft. Im ersten Hof geht es linker Hand zur Kapelle, Baujahr 1790, rechter Hand zur Examination Hall. Der älteste Teil entstand bereits an der Wende des 17. zum 18. Jh. In den Rubrics, den roten Backsteingebäuden mit dem niedlichen Giebel, logieren die Herren und Damen Studiosi. Übrigens: angeblich läutet die Turmuhr jedesmal ganz von selbst, wenn unten eine Jungfrau vorbeiläuft. Da man sie aber nie hat bimmeln hören ...

Im zweiten Innenhof befindet sich auf der rechten Seite die weltbekannte Old Library, ein Riesensaal von fünfundsechzig Meter Länge und rund fünfzehn Meter Höhe, die lange Zeit als größte Bibliothek ganz Europas galt. Sie birgt unter anderem das vielleicht schönste Buch der Welt: das Book of Kells, ein Meisterwerk aus dem 8. Jh. mit fantastischen Miniaturen. Erstaunlicherweise leuchten die Farben noch so kräftig wie frisch aufgetragen. Täglich wird eine neue Seite aufgeschlagen. Ferner werden hier die Kirchenbücher von Durrow und Armargh aufbewahrt, außerdem die älteste Harfe Irlands, auf der angeblich Brian Boru geklimpert haben soll, und schließlich eines der sieben noch erhaltenen Originalmanuskripte, die anläßlich der Ausrufung der Republik nach dem Osteraufstand von 1916 verlesen wurden. Öffnungszeiten der Bibliothek wochentags wie oben angegeben, sonntags von 12-17h. Feiertags zu. Von März bis Oktober wird Eintritt erhoben, z.Zt. rund 4 Euro. Ein Euro läßt sich einsparen, sofern man sich die Diaschau zur Geschichte Dublins (nach deut. Tonträger fragen) auch zu Gemüte führen will und eine Kombikarte wählt. Zeitig dort sein, um nicht endlos Schlange stehen zu müssen. Seit neuestem kann man sich infrarotgesteuerte Kopfhörer ausleihen, aus denen ein englischsprachiger Kommentar zu dem Werk, vor dem man gerade steht, heraustönt. Von 10-17h beginnt jeweils zur vollen Stunde die »Dublin Experience Show«, ein Multimediavortrag. Erhältlich sind auch verbilligte Kombieintrittskarten für Bücherei und DE.

Die Cafeteria des Trinity College erweist sich als durchaus erschwinglich. Vielleicht verbirgt sich unter den vielen Zetteln an den Anschlagbrettern, die das College mit allen Universitäten gemeinsam hat, auch irgendwas für uns Interessantes. Vor der Mensa verscherbeln Studenten Bücher und Platten. Mittags oft irische Musik und abends gegen 20h ausgezeichnete Theaterensembles. Studentenausweis nicht vergessen!

An der Nordseite des Trinity College, Ecke Westmorland und College Street, thront die Thomas Moore-Statue, welche die Erinnerung an den Sänger und Liedermacher wachhalten soll, der Anfang des vorigen Jahrhunderts zu hoher Popularität gelangte. Die Dubliner haben die Kreuzung hintersinnig »The Meeting of the Waters« getauft, was vordergründig den Titel von Moores erfolgreichstem Song meint, sich aber ebenso auf die öffentlichen Toiletten bezieht, die als erste der Stadt just unterhalb der Statue installiert wurden.

— Bank of Ireland (Plan C4): der wuchtige fensterlose Koloß gegenüber des Trinity College stammt aus dem Jahre 1729 und beherbergte lange Jahre das irische Parlament. 1804 wurde dieses von einflußreichen Bankiers verdrängt. Wer einen Blick ins Innere werfen will, kann dies wochentags zwischen 10 und 12.30h und zwischen 13.30 und 15h tun. Zu besichtigen sind der Abgeordnetensaal und die elegante Chamber of Lords. Dieser Ort war der Schauplatz von Grattans leidenschaftlichen Plädoyers für die Befreiung Irlands aus britischer Knechtschaft. Obwohl Protestant, erntete Grattan Lorbeeren für sein engagiertes Eintreten für die nationale Sache und für seine packende Redekunst. Am College Green Square hat man ihm zu Ehren ein Denkmal aufgestellt. Im Jahre 1800 wurde der Unabhängigkeitsstatus des Parlaments wieder aufgehoben, und die Abgeordneten wurden nach London zwangsversetzt.

— Civic Museum: 58 South William Street (Plan D4), in einer Nebenstraße zwischen Grafton Street und South Great George´s Street. T. 679 42 60. Öffnungszeiten: dienstags bis samstags täglich von 10-18h, sonntags von 11-14h. Montags geschlossen. In dem durchaus sehenswerten Museum für Stadtgeschichte sind neben dem Schuh eines irischen Riesen und dem Haupt der Statue von Admiral Nelson, das 1966 von der IRA abgeschlagen wurde, zahlreiche alte Karten, Stiche, Schilder, Plakate und Zeitungsartikel zu begutachten. Wechselnde Ausstellungen beschäftigen sich jeweils mit Ausschnitten der Stadtgeschichte.

— St. Stephen´s Green (Plan E4): auf diesem malerischen Platz georgianischer Architektur, den schlichte, aber verschiedenfarbige, zum Teil efeuumrankte Häuserfassaden säumen, mündet die elegante geschäftig-betriebsame Grafton Street. Zu schade, dass profitgierige Baulöwen der bezaubernden Harmonie des Ensembles und seiner Gärten zu Leibe rücken. Am oberen Ende der Grafton Street erkennen wir einen hochmodernen Ladenkomplex, dem die alte Taverne Rice weichen mußte. Na, wenigstens ist das Monstrum im Brighton-Stil nicht allzu häßlich.

Der Park dient vornehmlich den Studenten des Trinity College als Oase der Ruhe und Erholung. Auf einem Bummel durch die Grünanlage, vorbei an Rasenflächen mit dekorativen Blumenbeeten und watschelnden Enten, läßt´s sich prima abschalten. In der Nordwestecke des Stadtgartens verbirgt sich ein Denkmal für Wolfe Tone. An der Grafton Street wiederum gemahnt eine Gedenkstätte an alle irischen Opfer, die 1901 der Krieg gegen die Buren in Südafrika forderte. Ein paar Meter weiter erhebt sich ein Denkmal zu Ehren O´Donovan Rossas, des unglückseligen Führers der Fenier, der fünfzehn Jahre, so eng in Ketten gelegt, dass er die Suppe auf den Knieen liegend wie ein Hund mit der Zunge aus dem Napf schlabbern mußte, in englischen Kerkern vegetierte. Wie viele vor und nach ihm, welche die Briten als »Terroristen« betrachteten, wurde auch er zum Nationalheld erkoren und sein Leichnam mit großem Tamtam zu Grabe getragen. In der Mitte des Platzes, hinter Bäumen versteckt, eine Büste von Constance Markievicz, einer der Heldinnen des Osteraufstandes von 1916. Die drei Ehrenmale veranschaulichen den Widerspruch, der Irland während seiner Geschichte stets prägte: einerseits die Unterdrückung und Vereinnahmung durch die Briten, was sich in der Teilnahme der Iren an englischen Kolonialkriegen manifestierte, andererseits der unbändige Freiheitswille und zähe Widerstandskampf.

Bei schönem Wetter werden im Stephen´s Green Park häufig Freilichtkonzerte aufgeführt. Näheres dazu im städtischen Fremdenverkehrsbüro.