Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Eisenbahn

Body: 

Landestypisch - Kolonialhistorie nebst Stierkämpfen

Von Barquisimeto nach San Felipe mit der Eisenbahn

Samanbaum im Hauptschiff einer Kirchenruine

- Yaritagua

Die Bahn fährt von Barquisimeto in östlicher Richtung und dann nach Nordosten bis Puerto Cabello. Erster Haltepunkt ist der 20 km entfernte Ort Yaritagua, den die Spanier erst 1670 gründeten. Dass Yaritagua eines der Zentren landwirtschaftlichen Reichtums war, erkennt man heute noch an den großzügig konstruierten Kolonialhäusern. Weil hier ein heißes Klima herrscht, entschied man sich für große Fenster und Türen. Die Decken sind hoch, und die Seitenwände weisen Luftschlitze zur optimalen Durchlüftung auf. Die Kolonialkirche »Iglesia de Santa Lucia« steht an der Ostflanke der Plaza Bolívar. An deren Nordseite das Kulturhaus (Casa de la Cultura) mit Wechselausstellungen, das nur abends oder am Wochenende Eintritt gewährt.

- Chivacoa

Die zweite Bahnstation, Chivacoa, ist von Zuckerrohrplantagen umgeben. Vor allem im November und Dezember kämpfen in der Stierkampfarena Torero und Stier jeden Sonntag um 16.30h um ihr Leben. Am Wochenende und feiertags wallfahren die Menschen massenhaft zum heiligen Berg des María-Lionza-Kults südlich Chivacoas. Die aufregendsten Plätze des Berges heißen Sorte und Quibayo. Grotten und Höhlen sind in großer Zahl vorhanden, Schreine allerorten, Kerzen flackern im Luftzug und Duftschwaden wehen durch die Luft. Der Berg soll übernatürliche Kräfte verleihen, die um so stärker sind, je höher man klettert. Der Gipfel läßt sich nach etwa drei Stunden erreichen. Die Gläubigen waschen sich im Fluß, pudern oder salben sich ein, rauchen zusammen, lesen in der Asche oder in den Händen und versetzten sich in Trance. Dieser Kult stellt eine Verbindung magisch-religiöser Glaubenselemente aus der christlichen, indianischen und afrikanischen Kultur dar. Wer den Kult hautnah miterleben möchte, schließe sich einer Pilgerfahrt von Valencia aus an, da die Gläubigen unbeteiligten Touristen und Campern mit Aggressivität begegnen.

- San Felipe

Die nächste Bahnstation ist bereits die rund 70.000 Einwohner zählende Hauptstadt des Bundesstaates Yaracuy und heißt San Felipe. San Felipe liegt fast 250 m hoch und ist tagsüber nicht so unangenehm heiß bzw. nachts nicht zu kalt. Da erst 1729 gegründet, können wir noch von einer verhältnismäßig jungen Stadt sprechen. Ein spanischer Priester brachte Kakaopflanzen aus Mexiko mit, weshalb die Gegend um San Felipe in der Kolonialzeit zum Kakaozentrum Venezuelas aufstieg. Das Land etablierte sich als weltweit größter Kakaoproduzent. Der Kakaohandel lag allerdings in holländischer Hand, so dass die Spanier im Mutterland einen Teil ihres Bedarfs aus Holland einführen mußten. Um das holländische Monopol aufzubrechen, unterstützten die Spanier die ausbeuterische Guipuzcoanagesellschaft, die den Schmuggel zu den holländischen Inseln weitgehend eindämmte, so dass die Kakaopreise in Spanien kräftig sanken. Ein Erdbeben zerstörte San Felipe bereits 83 Jahre nach seiner Gründung, so dass keine Kolonialbauten geblieben sind. Die Bewohner ließen die Ruinen stehen und bauten die Stadt weiter nördlich wieder auf.

Heute erstreckt sich der landwirtschaftliche Anbau auf Bananen, Batata und Mais, hauptsächlich jedoch Zuckerrohr. In der Nähe eine Zuckerfabrik sowie ein Papier- und Kartonproduzent, der den Abfall des Zuckerrohrs als Grundstoff nutzt. Das moderne Stadtbild prägen breit angelegte Hauptstraßen sowie die aus diesem Jahrhundert stammende Kathedrale.

- Museo San Felipe El Fuerte mit angrenzendem Park in der Calle del Rey, die vier Häuserblocks südlich an die Plaza Bolívar grenzt. Letztere liegt zwischen Avenida 6 und 7 sowie Calle 9 und 10. Das archäologische Museum birgt Fundstücke aus der vom Erdbeben verschütteten Stadt.

Am Nordende der Avenida Yaracuy steht das Denkmal des Indianerhäuptlings Yaracuy, der ungewöhnlich lange erfolgreich gegen die Spanier kämpfte. Es zeigt ihn mit erhobener Axt und einem Jaguar an seiner Seite, der den Gott des Indianerstammes symbolisiert.

Die berühmten Reiterspiele werden in der Magna de Coleo ausgetragen. Weiter von Interesse sind die Ruinen der Kirche »Nuestra Señora de la Presentación«, in deren ehemaligem Hauptschiff heute ein mächtiger Samanbaum wächst. Der Parque Leonor Bernabó ist ein Bestandteil des Parque Nacional Yurubí. Der sieben Hektar kleine Park ehrt seit 1971 eine Dichterin und steht als Ausflugsziel hoch im Kurs, da er neben Spielwiesen mehrere Badegelegenheiten sowie jede Menge Picknick- und Grillplätze bietet und sich zwischen Bäumen die geliebte Hängematte aufspannen läßt. Der Park grenzt an die Avenida Los Baños (geöffnet: Fr-So und feiertags 8.00-17.30h).

Tropische Flora

Der Parque Nacional Yurubí mißt 237 km2 und schließt den größten Teil der Sierra de Aroa mit ein. Die Regierung erklärte ihn 1960 zum Naturschutzgebiet, um die dichte tropische Flora sowie die Wasserreserven des Aroagebirges zu schützen. Sein höchster Punkt liegt fast 2.000 m über dem Meeresspiegel. Es handelt sich um ein Feuchtwaldgebiet, in dessen oberen »Etagen« Nebel herrscht. Wie es für einen Nebelwald typisch ist, wachsen hier viele Aufsiedlerpflanzen sowie Bromelien. Außerdem sollen hier eine ganze Reihe endemischer Pflanzen vorkommen. Eine Beschreibung der Wanderwege erhält man im Büro der Naturparkbehörde INPARQUES, im Parque Leonor Bernabó.

Von San Felipe fehlen noch 77 km bis zu den Kupferminen von Aroa, einst Besitz der Familie Bolívar. Auf seiner Englandreise vergab Simón Bolívar die Ausbeutungsrechte an eine englische Bergwerksgesellschaft, um Geld für den Befreiungskrieg zu beschaffen. Die Engländer verlegten auch die erste Eisenbahnlinie, die Ferrocarril Bolívar, die das Kupfer in die Hafenstadt Tucacas brachte. 1977 entstand der Parque Las Minas de Aroa mit Picknickplätzen. Teile der alten Eisenbahnlinie sind noch zu sehen.