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Zeremonien

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Verzaubertes Schwerter

/h2>Seelenwanderungen

Dem Essai sur le don von Marcel Mauss verdanken wir die Formulierung des Konzepts vom symbolischen Austausch. Seiner Meinung nach ist die klassische Wirtschaft unfähig, die Mechanismen des Austauschs in den sogenannten »segmentierten Gesellschaften zu erklären, die von der Zeremonie des Tauschs beherrscht wurden, die auf drei Verpflichtungen beruht (Geschenk, Annahme des Geschenks, Gegengeschenk) und auf ihrer Folge, der Herausforderung. Nun lenkte, immer noch Mausse zufolge (sowie Henri Hubert nach, dem Autor des Klassikers Les Celtes et l´Expansion celtique, der seiner Umgebung zuzurechnen ist), der potlach (1) den Austausch in den keltischen Königreichen, wobei er den Führer, der unfähig war, auf die Herausforderung einzugehen, sogar in den Selbstmord treiben konnte. Kurz und gut, das Geschenk des Königs und das Gegengeschenk der Krieger und Ritter festigen die Gemeinschaft des Clans (zu dem man durch Taten Zugang erlangt), einer Gemeinschaft, die durch das Bankett symbolisiert wurde. Dieses besteht in der keltischen Tradition, trotz seines orgiastischen Beigeschmacks, eine Zeremonie, bei der die Gruppe ihren Bund besiegelt am Tisch und mit für die Mahlzeit notwendigen Geräten, die gleichzeitig Instrumente der Kommunion sind: das Bild der Tafelrunde, das des Grals und seiner Requisiten haben genau hier ihren Ursprung. Sie haben mit den wunderbaren Objekten zu tun (magischer Kessel, aus dem die toten Krieger wieder geboren werden, verzaubertes Schwert und verzauberte Lanze, nie leer werdende Schüssel ...), welche die Helden als Gegenleistung für die Gaben des Königs in der Anderen Welt erringen müssen.

Man muß in der Tat im Gedächtnis behalten, dass die keltische Zivilisation an die Existenz einer Anderen Welt glaubte, die mit der irdischen Welt in Verbindung steht. Die Seelen kommen dort her, werden mit verschiedenen (Menschen oder Tiere) und fortwährenden Lebensformen reinkarniert, um dann wieder dorthin zurückzukehren, besonders anläßlich der bedeutenden Feste der Tagundnachtgleiche, Samain und Beltaine. Alles geht so vonstatten, als ob eine festgelegte Menge von Seelen und Geistern zwischen den beiden Welten zirkulierte. Darüber hinaus können die Helden zu Lebzeiten Zugang zur Anderen Welt bekommen, entweder dadurch, dass sie dem Ruf einer Fee oder eines Gottes Folge leisten, oder indem ihre Mission im Dienste des Königs sie dorthin führt. Der Königshof der Anderen Welt ähnelt übrigens in erstaunlicher Weise dem des irdischen Königs. So ist der Festsaal eine Kopie des Saals der Tafelrunde, und der König, der in ihm den Vorsitz hält, ist eine bedeutende Figur der keltischen Mythologie, nämlich Bran der Verletzte.

Von da an wird es unmöglich, noch ein Netz von Übereinstimmungen zwischen den christlichen Versionen des Artus-Zyklus und einem keltisch-britischen Stoff auszumachen. Man wird bereits den Ursprung der Tafel und der Suche verstanden haben. Bran der Verletzte jedoch ging über in den König der Fischer, dem Gralshüter in der christlichen Tradition, dessen Leiste ständig blutet als Sühne für seine vergangenen Sünden. Sein Schloß in der Anderen Welt ist unzugänglich, außer unter besonderen Umständen und für ungewöhnliche Helden. Darüber hinaus kann diese Festung, die gegenständlich geworden zu sein scheint, zu jeder Zeit wie ein Traum oder ein Trugbild verschwinden. Dies könnte erklären, warum die Erzählung von Chrétien de Troyes abbricht, kurz nachdem Perceval unbewußt an der Gralszeremonie im Schloß des Königs der Fischer teilgenommen hat: mit einer Episode des altüberlieferten Stoffs konfrontiert, die er nicht mehr interpretieren konnte, die der keltischen Mythologie eigenen Gesetzmäßigkeiten bezüglich der Verständigung zwischen der Welt der Menschen und der Welt von Bran nicht kennend, wird Chrétien darauf verzichtet haben, die Geschichte von Perceval weiterzuverfolgen.

1. Potlach: heiliges Geschenk, das für den, der es erhält, die Unmöglichkeit, dem Schenkenden ein ebenbürtiges Geschenk zu machen, einschließt.