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Blütezeiten

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Wirtschaft

Keine Kühnheit

»Kurz und gut, wenn die These von der Altertümlichkeit, vom bretonischen Rückstand gegenüber Frankreich einer Prüfung nicht standhält, so hat die vom »sanften Paradies« von Frankreich wegen seines wirtschaftlichen Vorsprungs begehrt, auch nicht mehr Substanz. Die Bretagne, die gerade das Mittelalter hinter sich läßt, und die mit Frankreich vereint wird, befindet sich in einer mittleren Position: »Offen für die Verbreitung von Ideen und Techniken lebte die Bretagne der Montforts unter dem Einfluß Westeuropas; nicht das Europa der Pole fortgeschrittener Entwicklung, wie die italienischen Städte oder die bedeutenden flämischen Wirtschaftszentren, aber unbestreitbar das der anderen großen Fürstentümer und Monarchien«, präzisiert Jean Kerhervé.

Die Einschätzung von Jean-Pierre Leguay; fällt etwas strenger aus, denn er betont den Mangel an Kühnheit, an Dynamik und Unternehmungsgeist bei den Bretonen: »Je mehr man über diesen Zeitraum nachdenkt, desto mehr stellt man fest, dass das, was vornehmlich den Reichtum der Bretagne unter Jean V. ausmacht, das Unglück anderer war«, (mit jenem Unglück ist das Versinken der Nachbarvölker in den Hundertjährigen Krieg gemeint).

Im übrigen war die Bretagne, nachdem sie nach diplomatischem und militärischem Widerstand, dessen Ausgang unabwendbar war, durch den Vertrag von 1532 endgültig an Frankreich gefallen war, nicht schlechter als jede andere Provinz ausgerüstet, um sich in den wirtschaftlich-kulturellen Wettbewerb einzuschalten, der in Europa eine neue Zivilisation hervorbringen sollte, und zwar die der industriellen und handelstreibenden Modernität, des philosophischen und politischen Humanismus, der Kunst als unaufhörlich in Bewegung befindlicher Schöpfung.

Die wunderbare Blütezeit der Kirchen, Lettner, Heiligenschreine und enclos paroissiaux, auf die noch ausführlich einzugehen sein wird, ist in dieser Hinsicht vielsagend, denn sie setzt einen wirtschaftlichen Wohlstand voraus, der diese teuren Konstruktionen in oftmals kleinen Pfarrgemeinden erlaubt; sie zeugt ebenfalls von der Existenz von Architekten- und Bildhauerwerkstätten in den Städten (besonders in Morlaix). Diesen Künstlern entging nichts von der Produktion ihrer französischen, flämischen und italienischen Kollegen, denn bei ihren Motiven findet man Adaptationen von Modellen, die ihren berühmten Zeitgenossen Serlio, Vignola und Philibert nachempfunden waren.