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Urlaub

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Ferien und Familienkutsche

Ab in die Sommerfrische

3000 Kilometer Küste und ein heimgesuchtes Haus

Im Sommer fuhren wir dann doch immer weg. Recht weit, wie mir schien. Diese Reise war ein Privileg von Grundschullehrersöhnen, von map skolern, wie man damals in den Dörfern etwas bewundernd sagte. Meine Mutter packte die Familienkutsche voll, mein Vater vertraute mir, der ich traditionsgemäß die Rolle des Steuermanns einnahm, die Michelinkarten Nummer 58 und 59 an, meine Schwestern überprüften unseren Vorrat an Büchern und, sobald unser Spaniel mit Gewalt ins Auto gezerrt worden war, brachen wir zu einer Expedition auf, die den ganzen Tag währte.

In Wirklichkeit fuhren wir nicht besonders weit. Wir verließen die Bretagne nicht einmal. Aber für den, der die Welt von Kindern teilte, die nie aus ihrer Gegend herauskommen, bedeutete Braspart, Le Menez-Hom, die über den Fluß Elorn gespannte Brücke von Terenez, Landévennec und den Hafen von Brest, das Cap de la Chèvre, Morgat und Les Tas de Pois zu entdecken, einen verrückten Streich zu erleben. Etwas, das so lebendig und berauschend wie eine Entdeckungsreise ist. Ja, in jener gar nicht so weit zurückliegenden Zeit war die Bretagne für mich das »Universum« Sie barg alle Schätze der Welt in sich. Kein Leben, kein Buch und keine Erfindung könnten sie jemals erschöpfen. »Dreitausend Kilometer Küste, ohne die Inseln gerechnet!« führte ich triumphierend an, ohne dabei zu ahnen, dass ich eines Tages, als ich die Arbeiten des Mathematikers Benoît Mandelbrot; über die Welt der Fraktale entdecken sollte, erfahren würde, dass diese Länge unvergleichlich größer ist, als ich es verkündete. Unendlich nämlich, um es genau zu sagen. Zumindest, wenn man darauf achtet, kein Detail zu vergessen.

Endlich erreichten wir unsere Finisterre: Roscanvel, in der Pointe des Espagnols auslaufend. Wir richteten uns für zwei Monate in dem »heimgesuchten« Haus ein, das mein Vater wieder reparierte, unterstützt von einer Gestalt, deren rechte Wange von einem Feuermal verzehrt war. Der Begriff heimgesucht erschien mir rätselhaft, obgleich ich den Dichter Jacques Prévert; die von ihm in seinen Versen verewigte Barbara und das Feuer aus Eisen, Stahl und Blut kennengelernt hatte, das von Juni 1944 bis Mai 1945 auf Brest; hinabgeregnet war. Aber, da mir nichts zauberhafter erschien als die Insel Trébéron; oder die Fuchsienhecken, welche die Straße zur Pointe des Espagnols säumten, verstand ich nicht, warum er beschlossen hatte, dass all das trostlos sei.