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Mythen

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Völkerwanderungen

Kelten klauen Hügelgräber, Dolmen und Menhire

Ist es bloß eine Frage der Terminologie? Tatsache ist, dass die Bretagne von je her als keltisch gilt. Menhire, Dolmen und Kromleche, die dort zugegebenermaßen unendlich viel zahlreicher vorkommen als sonst irgendwo, sollen der augenscheinliche Beweis dafür sein. Tragen diese geheimnisvollen Steine nicht keltische Namen wie eine Herkunftsbescheinigung? Und ihr Geheimnis ebenso wie der fremdartige Mystizismus, von dem sie Zeugnis abzulegen scheinen, paßt es nicht zu der »verträumten« Seele dieses streitlustigen Volks von Dichtern und Säufern, dass täglich von Visionen der Unendlichkeit heimgesucht werden soll?

Der Irrtum erstreckt sich über mehrere tausend Jahre. Denn die ersten Kelten, die Armorika von Mitteleuropa aus erreicht haben, sind dort vermutlich erst Mitte des ersten Jahrtausends v.Chr. angekommen. Nun ist aber ein so gigantisches Hügelgrab wie das von Barnenez nördlich von Morlaix (die älteste Grabmalkonstruktion des Okzidents), zumindest was seinen Grabhügel betrifft, gegen 4600 v.Chr. errichtet worden, und die Kohlepartikel, die dem Dolmen von Kercado in Carnac entnommen wurden, konnten dank der Radiokarbonmethode auf 4670 v.Chr. datiert werden.

Das bedeutet, dass die Kelten trotz ihres Geheimnisses, ihres Elans und ihrer angeblichen Vorliebe für die Prahlerei mit der Errichtung der aufgestellten Steine (Menhire) – manchmal in Reihen und manchmal in Kreisen (Kromlechs) angeordnet – nichts zu tun hatten, genausowenig wie mit der Errichtung jener megalithischen, tischartigen Gebilde, den sogenannten Dolmen (die unter sich zusammengesetzt zu »überdachten Alleen« bis zu den Anfängen der Jungsteinzeit zurückgehenden Praktiken zu finden, sollte man sich besser, so ist sich die Mehrzahl der Gelehrten einig, nicht zum nebligen Norden mit seinen Druiden wenden, genausowenig wie in Richtung der eurasischen Steppen, sondern sein Augenmerk aufs Mittelmeergebiet lenken. Alles läßt darauf schließen, dass die Atlantikküste Europas – und somit Armorikas – regelmäßige Beziehungen unterhält mit dieser Stammutter des Westens, die das Mittelmeer bereits zu jener Zeit war, während nordische und kontinentale Einflüsse weitgehend begrenzt blieben. Es liegen Zeugnisse darüber vor, dass in der Bronzezeit, als der Hauptanteil des Warenaustauschs über das Meer erfolgte, da die Wälder noch undurchdringlich waren, sich die Mittelmeerschiffe jenseits von Gibraltar mit Kupfer auf den spanischen Hesperiden (1) eindeckten, sowie mit Zinn auf den Cassiteriden (2), die wohl mit dem spanischen Kap Finisterre identisch sind. Kupfer und Zinn, die, wie jeder weiß, die metallischen Bestandteile jener Legierung sind, deren Besitz damals gleichbedeutend war mit Macht: Erz.

Neuere Arbeiten, angeregt von Pierre-Roland Giot, der in Rennes ein Forschungslabor des CNRS (3) leitet, relativieren diesen Einfluß vom Mittelmeer her, vor allem was den Transport von Neuerungen in der Metallverarbeitung angeht. Sich auf die Hypothese ihres britischen Kollegen C. Renfrew bezüglich eines »Wessex ohne Mykene« stützend (Wessex war seiner Zeit auf den britischen Inseln, was Armorika in Frankreich war), sowie auf ihre eigenen Entdeckungen, stellen sie die These auf, dass die Entwicklung eigener westlicher Zivilisationen nicht der einfache Abklatsch der Mittelmeerkulturen sei, sondern der Beweis für die Möglichkeiten eigenständiger künstlerischer und kultureller Erfindungen um die Zeit von 2000 v.Chr. herum«

1. Mythische Inseln, von den Geographen der Antike vor der westafrikanischen Küste situiert.

2. Mythische Inseln, von den Geographen der Antike an den Ausläufern Westeuropas situiert.

3. Centre National de la Recherche Scientifique = Nationales Forschungszentrum
Frankreichs.