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Stahlgewitter

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Symbolismus - Aragon, Breton

Dichter und Soldatenliebchen - Es lebe Deutschland!

Roscanvel ... Diejenigen, die den Dichter kennen, der nach Renan schrieb »Die Bretagne ist ein Universum« werden verstanden haben, warum ich diese Formel bereits früh entdeckt habe und warum sie sich mir mit der Macht einer Offenbarung aufdrängte. Denn es war in Roscanvel, dem Ort, der »seine nackten Füße in einem feinen Meer badet, dessen blaues Fleisch unter der fröstelnden Fahrt der Segel sichtbar wird« wo sich Saint-Pol Roux; im Juli 1898 in der Strohhütte von Lanverzanal; niederließ; und es war in unmittelbarer Nähe von Roscanvel, in Camaret; zwischen der Pointe de Penhir; und der von Toulinguet; wo er sechs Jahre später sein extravagantes Herrenhaus Coecilian errichten ließ.

Saint-Pol Roux ... Jener Schüler Mallarmés, der sich selber den Beinamen »der Herrlicherdigen Banketts in der Closerie des Lilas in Paris zum »Vater des Surrealismus gekrönt: man konnte dort (neben weiteren außergewöhnlichen Auftritten) erleben, wie Philippe Soupault; am Kronleuchter hängend, mit Fußtritten Teller, Gläser und Flaschen vom Tisch fegte, während Breton Aragon; und die anderen riefen:

Es lebe Deutschland! und dabei Rachilde, die die Flucht ergreifen mußte, Soldatenliebchen schimpften ...

Welch´ glückliche Zeiten, als die Dichter dachten, sie könnten die Welt neu gestalten in einem Paris, das sich nicht weniger lebendig als respektlos gab. Saint-Pol Roux, der fünfundsechzig Jahre alt war, und der einen seiner geliebten Söhne (Coecilian) in den Schützengräben verloren hatte, war darüber so bestürzt, dass er seinerseits die Flucht ergriff, beziehungsweise in Richtung Montparnasse stürzte, um auf den ersten Zug nach Camaret zu springen.

Aber das Wesentliche war geschehen, das weder er noch diese leidenschaftliche Jugend, deren Held er geworden war, jemals wieder in Frage stellten: über die letzten Wellen des Symbolismus hinausragend, war er ein Leuchtturm, der wie Gauguin, jener andere Verehrer der Bretagne, auf andere Regionen weiterstrahlte.

Darüber hinaus verstehe ich, was immer man auch seither darüber sagen konnte, dass der barockhafte Schwulst des Barden von Roscanvel, sowie seine selbstproklamierte Heiligkeit von Breton gegenüber der Art eines Paul Claudel vorgezogen wurde. Nicht dass der Herrliche etwa den Weitblick von Claudel oder die epische Größe seines Konkurrenten im Bereich der heidnischen Liturgie, nämlich Saint-John Perse besessen hätte; aber er füllte die Leere aus, die daraus resultierte, dass ein entscheidendes Werk verkannt wurde, das des Brester Dichters Victor Segalen. Dieser, in gleicher Weise vom Maler aus Pont-Aven und Tahiti und vom Dichter aus Camaret fasziniert, schenkte letzterem die von ersterem für sein »Haus der Freude« hergestellten Holzskulpturen. Ein vorherbestimmtes Treffen: der Arzt-Dichter-Ethnologe, der in Equipe als Einstieg die wesentliche Frage stellt ? die des Surrealismus und ebenso die von Daumal:

»Läßt das Imaginäre nach oder verstärkt es sich, wenn es mit der Realität konfrontiert wird?« hatte dieses Holz (zu seiner großen Schande!) für die lächerliche Summe von fünf Francs bei der Versteigerung des Ateliers des gerade verstorbenen Gauguins erstanden; und ein noch verwirrenderes Zeichen: diese Wunder verbrannten, so nehme ich jedenfall an, zusammen mit dem Rest von Coecilian bei den Bombenangriffen von 1944 ...