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Saint-Malo

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Stadtmauern und ein Grab

Flaubert und Chateaubriand

»Das Haus, das meine Eltern bewohnten, liegt in einer dunklen und engen Straße von Saint-Malo, der rue des Juifs; aus dem Haus hat man heute eine Pension gemacht. Das Zimmer, in dem meine Mutter ihre Kinder zur Welt brachte, überragt einen trostlosen Teil der Stadtmauern, und durch die Fenster blickt man auf ein Meer, das sich immer weiter ausdehnt, so weit das Auge reicht, und gegen die Felsen brandet [...]. Kein Tag, an dem ich im Gedanken daran, was ich gewesen bin, nicht den Felsen wiedersehe, auf dem ich geboren wurde, das Zimmer, in dem meine Mutter mich mit dem Leben bestrafte, den Sturm, dessen Lärm mich in den ersten Schlaf schaukelte, den unglücklichen Bruder, der mir einen Namen gab, den ich beinahe immer ins Unglück zog.« Chateaubriand, Erinnnerungen. Mémoires d´outre tombe, 1848.

»Gegenüber den Wällen, hundert Schritte von der Stadt entfernt, hebt sich die kleine Insel Grand-Bey aus den Fluten. Dort befindet sich das Grab Chateaubriands; dieser in den Fels gezeichnete, weiße Punkt ist die Stelle, die er für seinen Leichnam bestimmt hat.

Wir gingen eines Abends bei Ebbe dorthin. Die Sonne ging soeben unter. Das Wasser rann noch auf dem Sand. Am Fuß der Insel breiteten sich die abtropfenden Braunalgen wie die Haare antiker Frauen längs eines großen Grabes aus.

Die Insel ist verödet; ein seltenes Kraut wächst, wo sich die kleinen Büschel violetter Blumen und großer Brennesseln miteinander vermischen. Auf der Höhe steht eine verwitterte Kasematte mit einem Hof, dessen alte Mauern allmählich zerfallen. Unterhalb dieser Überreste, halb zur Seite hin, hat man mitten am Hang eine Fläche von einigen Quadratmetern freigelegt, in deren Mitte sich eine Grabplatte erhebt, überragt von einem lateinischen Kreuz. Das Grab besteht aus drei Teilen, einem für den Sockel, einem für die Platte, einem für das Kreuz.

Dort unten soll er schlafen, den Kopf zum Meer hingewandt; in dieser letzten Ruhestätte über einem Felsen wird seine Unsterblichkeit so sein, wie sein Leben war, von den anderen verlassen und gänzlich von Unwettern umgeben.« Gustave Flaubert, Über Feld und Grund. Eine Reise in der Bretagne, 1847.