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Bekehrung

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Bischöfe auf Mission

Verdecktes Heidentum

Um diesen als überholt geltenden Praktiken ein Ende zu bereiten, und um die westliche Kirche um ein gemeinsames Ritual herum zu einigen, mußte Rom auch hier wieder einen Kampf liefern durch die Vermittlung von Bischöfen, die »auf Mission« geschickt wurden. Das führte dahin, dass manche Historiker sich autorisiert fühlten, von einem »keltischen Christentum« zu sprechen, das nach und nach an die römischen Normen angepaßt wurde. Eigentlich wäre es eher angebracht, diese Abweichungen auf eine erschwerte Kommunikation zwischen zeitweise getrennten spirituellen Zentren zurückzuführen. Denn wie die Studie von François Kerlouégan zeigte, die dem bedeutendsten christlichen bretonischen Schriftsteller jener Epoche, nämlich Gildas, Autor einer lateinischen De excidio Britanniae, gewidmet ist, so zeigt dieser nichts als Abscheu für die Praktiken seines Volkes und feiert ohne Unterlaß Rom, das Instrument der göttlichen Vorhersehung: »Die bretonischen Traditionen scheinen in Gildas´ Text nicht mehr durch als die keltische Sprache. Themen und Bilder sind der Bibel entlehnt: die Hölle ist ein Glutofen (bei den Kelten ist sie ein eisiges Universum). Von zehn Themen könnte nur ein einziges – Albunus´ Opfer – auf eine alte heidnische devotio hindeuten. Hierbei handelt es sich um eine Ausnahme, denn Gildas zeigt nur Verachtung für die Traditionen der Bretonen und spricht in recht heftiger Weise von den Barden (praecones). Als christlicher Moralist steht er den keltischen Institutionen sehr kritisch gegenüber, deren Fortbestehen unter dem Lack der Bekehrung er entlarvt: Krieg, Plünderung, Polygamie, wilde Ehe (manchmal institutionalisiert), Verstoßung, gewinnsüchtige Gastfreundschaft, Abhalten von Banketten und Lobeshymnen [...]. Einzig die Römer sind gerecht; als legitime Eroberer haben sie es mit Undankbaren zu tun. Der römische Orden, von der Vorhersehung gesandt, hat die Verbreitung der Botschaft des Evangeliums erlaubt, usw. (16).«

Was immer auch an dieser historischen Kontroverse dran sein mag, fest steht, dass das bretonische Christentum zur gleichen Zeit, als es die Druiden und ihr Heidentum verjagte, gezwungen war, manche Riten und manche heilige Stätten der keltischen Mythologie zu zähmen, um sich die Gunst des Volkes zu sichern, und dabei gleichzeitig altüberlieferte, als uneinnehmbar geltende Rituale unter Kontrolle zu haben. Der Wasserbeckenkult beispielsweise wurde christianisiert, oftmals mit Hilfe einer ellenlangen Reihe von Heiligen, die Rom nie anerkannt hat. Ebenso ist diese penetrante Gegenwart Ankous in der religiösen Architektur auffällig, eine Todesfigur, die Gegenstand eines geheimnisvollen Kultes ist, denn bis vor nicht allzu langer Zeit gingen die Leute noch in die Kirche von Ploumilliau, um die Statue Ankous anzubeten, wenn sie sich eines Feindes entledigen wollten. Und schließlich scheint es heute, dank der Arbeiten des Brester Völkerkundlers Donatien Laurent, erwiesen, dass eines der berühmtesten christlichen Feste der Bretagne – die Troménies von Locronan (17) – das Wiederaufleben, wenn auch unter christlichen Deckmantel und strenger Kontrolle der Geistlichkeit, jener äußerst heidnischen und äußerst altertümlichen Umherwanderugen, die zu den indo-germanischen Ritualen gehören, »und dabei eine reinigende und zugleich schutzbringende Rolle spielen, um die Grenzen des heiligen Raums herum, um die Ernte herum, oder indem von Tür zu Tür den Mauern der befestigten Stadt gefolgt wird«.