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Besatzungszeit

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Naziideologien

Zwischen Résistance und Kollaboration

Eine tragischer Abschnitt der jüngeren Geschichte unterstreicht die Komplexität der politischen Geschichte der Bretagne. Gemeint ist die Besatzungszeit. Auf der einen Seite ging der extremistische Flügel der nationalistischen bretonischen Bewegung in der Kollaboration unter. Auf der anderen Seite leisteten nur wenige »Provinzen« einen so massiven und wirkungsvollen Beitrage zur Résistance wie die Bretagne.

Seit Mitte der dreißiger Jahre steckte der Wurm im bretonischen Nationalismus. Während rund zehn Jahre zuvor die Zusammensetzung der kulturellen oder politischen Organisationen der Emzav das ganze Spektrum der ideologischen Empfindungen abdeckte, vom Regionalismus bis hin zum Streben nach Unabhängigkeit über den Schutz der »nationalen Minderheiten« von den sozialistischen oder leninistischen Marxisten verfochten, hatte nun eine zum Teil organisierte Gruppe, Breiz Atao; (Bretagne für immer), von einer geheimen terroristischen Organisation namens Gwenn ha du; (Weiß und Schwarz, Farben und Name der bretonischen Flagge) überholt, eine hegemoniale Position innerhalb der Bewegung erobert. Ihr Slogan lautete Na ruz na gwenn, »Weder rot noch weiß«

Nun hatte die Führung von Breiz Atao im Vergleich Faschismus-Demokratie-Kommunismus, der die dreißiger Jahre charakterisierte, ihr Lager gewählt, denn Stur, die theoretische Zeitschrift, die von den beiden Hauptanführern Debauvais; und Mordrel; geleitet wurde, war durch einen Bericht über den bretonischen Nationalismus beglückwünscht worden, der auf Wunsch des Nazitheoretikers Rosenberg hin verfaßt worden war, weil sie sich »ohne Umschweife in die national-sozialistische Linie« eingeordnet hatte.

Natürlich war Breiz Atao nur ein kleine Minderheitengruppe; und es hat sich seitdem erwiesen, dass die Männer und Frauen, die den kulturellen und politischen Nabel der Emzav von vor dem Krieg frequentiert hatten, sich genauso zahlreich in der Résistance engagierten wie die Aktivisten der anderen Parteien. Aber diese Details könnten, so bedeutsam sie auch sind, folgende quälende Tatsache nicht verbergen: all diejenigen, die während der ersten Phase der zweiten Weltkriegs, und später während der Besatzung, vorgaben, im Namen des bretonischen Volkes in einer autonomistischen Perspektive zu sprechen, versanken in der Kollaboration.

Die einen – so wie Yann Fouéré, Gründer (im März 1941!) der regionalistischen Tageszeitung La Bretagne, dann später Initiator (im Oktober 1942) des Beirats der Bretagne – weil sie sich im wesentlichen mit der Ideologie Pétains im Einklang befanden; die anderen (Debauvais, Mordrel, die Gebrüder Delaporte, Lainé, Goulet ...), weil sie bis auf kleine Nuancen bereits vor dem Krieg Nazis waren: ihr Engagement in der Parti national breton (PNB) Doriotscher Färbung oder in der Bezenn Perrot getauften Miliz war also nur die logische Folge ihrer rassistischen und hitlernahen Schriften und nicht etwa ein Irrtum. Einzig Männer wie Roparz Hemon, der weit davon entfernt war, diese Überzeugungen zu teilen, konnten dieser Schande entkommen; man muß aber zugeben, dass indem sie der Versuchung unterlagen, dem Kampf um die bretonische Sprache eine öffentliche Grundlage zu geben – im Namen des alten Prinzips des irischen Nationalismus »English difficulty, Irish opportunity« trugen sie zur Schandtat eine intellektuelle und moralische Bürgschaft bei. Naivität oder ausweglose Leidenschaft in Paranoia verwandelt? Bezüglich der Fehlentwicklung Hemons und seiner Freunde, hätte man Lust, Stephen Dedalus, den jungen Helden von James Joyce, zu zitieren: »Die Geschichte ist ein Alptraum, aus dem ich zu erwachen versuche.«