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Standortnachteile

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Im Abseits

Rohstoffe, Folklore und Modernisierung

Ferner ist die Bretagne eine Region, deren Geographie ein wahres Problem für ihre Entwicklung darstellt. Dabei ist nicht etwa gemeint, dass man sich heute, wie vor zwanzig Jahren, darüber beklagt, dass die Böden keine Rohstoffe enthalten, die für die Großindustrie notwendig wären (Eisenerz, Kohle, usw.), denn dieses Handicap ist inzwischen wegen der internationalen Arbeitsteilung keines mehr. Es wäre auch nicht angebracht, einen Himmel anzuklagen, der mit Sicherheit wolkenverhangener ist als der Himmel über der Côte d´Azur. Denn ohne Regen und Sprühregen hätte die flurbereinigte Bretagne kaum Trinkwasser für die Touristen und wäre, was noch schlimmer wäre, ihres besten Trumpfs beraubt innerhalb des internationalen wirtschaftlichen Wettbewerbs, nämlich der Landwirtschaft, von der ein wesentlicher Teil ihres Industriesektors abhängt.

Es bleibt jedoch ein ernsthaftes Handicap übrig: ihre Abgelegenheit von der bedeutenden, von London nach Mailand verlaufenden europäischen Megalopolis, die sich dann in zwei mediterrane »Bänder aufspaltet. Eine Abseitsstellung, die um so nachteiliger ist, als, wenn man dem im März 1989 erschienenen Bericht der DATAR Glauben schenken darf, jeglicher große atlantische Traum den Finisterres von nun an verboten sei: Alles geschieht, als ob diese Küstenstriche, die einst nur im Zusammenhang mit der hohen See lebten – wobei sie bisweilen vergaßen, wo sich ihre wahren »Sponsoren« befanden, als ob diese Küstenstriche abhängig geworden waren von dem, was im Osten geschieht, in der Megalopolis selbst.

Trotz ihrer Isolierung sind die in der Bretagne seit Ende der fünfziger Jahre vollbrachten Leistungen zur wirtschaftlichen Modernisierung bemerkenswert. Damals erschien in der Tat ein Buch, dass viel Staub aufwirbelte: Paris et le Désert français (Paris und die französische Wüste) von Jean-François Gravier, wo aufgezeigt wird, dass die Entwicklung der Pariser Region auf Kosten der Entwicklung der Provinzen ging. Nun war in diesem sich zuspitzenden Ungleichgewicht das Beispiel der Beziehung Paris/Bretagne das eklatanteste. Flucht der Arbeitskräfte, des geistigen Potentials, des Kapitals: die Hauptstadt legte es darauf an, alles zu ihrem Nutzen abzuziehen und dabei eine Bretagne mit schlechten Straßen und einer nicht ans Stromnetz angebundenen Eisenbahn sterben zu lassen, eine Bretagne, die abgekapselt war innerhalb ihrer Traditionen, die im Sommer in Form von »Folklore« den Touristen diente.