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New Yorks Brennpunkte

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Auf Streife mit zwei Bronx-Bullen

Geknackte Autos und heulende Sirenen

Einsatz unter Lebensgefahr

Es ist dunkel, sehr dunkel auf der Jerome Avenue, als an diesem Abend gegen Schichtende ein Anruf die patrolmen in ihren Sitzen erstarren läßt: Shots fired on Harrisson ave. Black male shot. Im Radio sind die Nachrichten immer sehr knapp formuliert. Es ist ihr Fall. Jer ergreift das Mikrophon, gibt seinen Standort durch. Ende. 10.04. Luis drückt aufs Gaspedal; das Auto prescht mit 100 Km/h in die Dunkelheit los, zwischen den Pfeilern der überirdischen Metro, die es hektisch mit den roten und weißen Lichtblitzen seines rotierenden Scheinwerfers streift. Es biegt mit quietschenden Reifen an der Ecke von East Tremont ab und steuert Richtung Harrisson, dem kubanischen Viertel entgegen. Wir schweigen. Ich klammere mich an meinem Rücksitz fest. Jed und Luis nehmen ihre Gummiknüppel in die Hand.

Es ist Somer im ausgebrannten Dschungel der Bronx. Baufällige Gebäude werfen ihre unheimlichen Schatten. Kinder spielen lärmend auf den Gehwegen; ihre Schuhe knirschen wie auf Sand, aber es handelt sich um Glassplitter. Schatten bewegen sich um verlassene Autos herum, die durch Milchkisten in der Luft gehalten werden und jegliche Würde eingebüßt haben. Der Autodiebstahl und Handel mit Autoteilen sind ein lukratives Geschäft. Überall schlürfen Männer und Frauen an ihrem Bier, während sie den Dienstwagen an sich vorbeifahren sehen. Luis läßt die Sirene immer wieder kurz aufheulen. Die Bronx ist Kriegsgebiet, man geht der Bevölkerung nicht extra auf die Nerven. Die Straße ist voller Sschlaglöcher. Wir hüpfen wie Ratten.

Precinct: Englisches Wort, das ursprünglich Umgrenzung, Gehege bedeutete. Heute bezeichnet es in den USA einen Wahlkreis. In New York kennt man jedoch fast nur noch die polizeiliche Bedeutung. So sagt man etwa, dass es in Manhattan 21 precincts gibt, 23 in Brooklyn, 15 in Queens, 11 in der Bronx und 3 auf Staten Island.

Einige sind kleine Gebiete. Die meisten haben eine Bevölkerungszahl, die der einer mittelgroßen Stadt entspricht. Andere sind richtige Kontinente. Im Department haben sie alle ihre eigene Geschichte, ihre Fauna, ihre Polizei und ihren Ruf. Kein Vergleich zwischen den schicken precincts von der Upper East Side und den Armenvierteln der Bowery, den Schlafstadt-precincts von Queens und den Ghettos von Brooklyn oder der Bronx. Von einigen redet man viel, sie gelten als slow. Andere gelten als High Crime areas - Hochburgen der Kriminalität. Noch andere unter diesen haben einen dermaßen schlechten Ruf, dass man sie im Department als war zones bezeichnet

Der allgemeinen Auffassung kommt dem 77. precinct im Schwarzenviertel Bedfort-Stuyvesant, in Brooklyn, der erste Platz zu. Kriegszonen in Manhattan: das 9., 28. und 32. - Harlem. In der Bronx hat das 46. das 41. abgelöst, jenes berüchtigte Fort Apache, das von den Polizisten so genannt wurde, weil sie sich dort in feindlichem Gebiet wähnten. Inzwischen nennen sie das 46. Fort Alamo!

Seitdem sie bei der Polizei sind, haben Jed und Luis viele Änderungen miterlebt. Das 46 war ein abgeschirmtes precinct, mit seinem niedlichen Häusern, seinen von Bäumen gesäumten Straßen. Dann haben die Bauplaner sogenannte projects, Sozialbauten für die Schwarzen errichtet. Dann kamen die Brandstifter. Heute ist es eine war zone, ein Ghetto, in dem vor allem Puertorikaner leben, außerdem etliche Schwarze und einige übriggebliebene Weiße.