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Minderjähriges Mordopfer

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Bandenkriege in Chinatown

Ein Zeitzeuge berichtet

Schicksal eines jungen Einwanderers

Am Abend des 4. August 1970 guckte ich gerade die Regionalnachrichten im Fernsehen, als auf dem Bildschirm das Foto eines meiner ehemaligen Schüler erschein, William Wong. Ich hatte ihn zum letzten Mal sechs Wochen früher gesehen, an der Junior High School 65, der Schule der Chinatown in Manhattan.

William war das erste Opfer der Gewalt von Banden, die seit Ende der sechziger Jahre in New Yorks Chinatown ihr Unwesen trieben. Sein Tod sorgte für Aufsehen: Es war der erste Mord. Mitte der siebziger Jahre war ein solcher Mord bei den Abendnachrichten nur noch eine Meldung unter anderen. Zum Zeitpunkt seines Todes war William, der fünf Jahre zuvor in die USA eingewandert war, vierzehn Jahre alt.

Geboren in Hong Kong, mit großen Schulproblemen, war William ein tyisches Bandenmitglied. Ich lebe noch immer in der Nähe von Chinatown, und vor einiger Zeit bin ich einem seiner ehemaligen Schulkameraden begegnet. Pinky ist, wie die Mehrheit dieser Klasse, Puertorikaner. An William erinnerte er sich noch lebhaft. Er erzählte mir, dass William ihm sowie einem anderen Freund einmal seine letzten Waffenkauf vorgeführt hatte. Beide waren von seinem Waffenarsenal beeindruckt, darunter ein Revolver. Er wurde schließlich von einem Rivalen erdolcht, den er selbst einige Nächte zuvor verletzt hatte.

Pinky lächelte, als er sich an die Male erinnerte, als er und Pinky zu dritt mit einem Kumpel, 3D, in die Spielhalle von Chinatown gegangen waren. Sie spielten den ganzen Tag über Flipper. William gesellte sich lieber zu den schwarzen und lateinamerikanischen Schülern, als es bei den meisten chinesischen Schülern der Fall war. Er sprach gebrochen Englisch und entsprach im Übrigen dem Klischee eines Bandenmitglieds.

Im Alter von neun Jahren kam er in den USA an. Seine Eltern haben Hong Kong wohl in erster Linie verlassen, um ihren Kindern eine anständige Erziehung zu ermöglichen. In Hong Kong hätten diese nach der 6. Klasse äußert schwierige Prüfungen bestehen müssen, um weiterhin kostenfreien Unterricht besuchen zu können. Seine Eltern arbeiteten in einem Restaurant und/oder einer Fabrik. Sie arbeiteten unentwegt, ohne deshalb ihre finanziellen Lage stabilisieren zu können.

William war enormem Druck ausgesetzt. Er mußte unbedingt in der Schule Erfolg haben, Bildung und gute Englischkenntnisse erlangen, wenn er nicht sein Leben lang in einem Restaurant oder einer Fabrik arbeiten wollte. Trotz seines aufgeweckten Wesens hatte er besonders mit dem geschriebenen Englisch enorme Probleme. Daher schwänzte er die Schule und hatte daraufhin Krach mit seinen Eltern. Er fing an, sich herumzutreiben, und schloß sich bald einer der Banden an, die stets auf der Suche nach neuen, jungen Rekruten waren, da diese bis vor kurzem nur geringfügig bestraft werden konnten, zumal sie nur einem Jugendgericht vorgeführt wurden. Nun verfügte er über eine Wohung, wo er sein Geld aufbewahren konnte, er hatte Geld in der Tasche und Waffen, die ihm in der Schule Respekt verschafften.