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Andere Stadtteile

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Pagoden, Künstler und Mafia

Chinatown

U: Canal Street. Weniger spektakulär als das vergleichbare Viertel in San Francisco, aber dennoch recht fesselnd. Natürlich findet man hier überwiegend Läden und chinesische Restaurants, Telefonzellen in Form von Pagoden und chinesisch geschriebene Zeitungen. Hauptschlagader des Viertels ist die Mott Street. In dieser Straße trifft man die günstigen chinesischen Restaurants an (s. Kapitel »Essen«). Unsere Mahlzeit schließen wir mit einem fortune cookie ab, dem typischen chinesischen Glückskuchen, der einen kleinen Pergamentstreifen mit einer Zukunftsvoraussage enthält. Die Chinesen hatten sich hier am Ende des letzten Jahrhunderts niedergelassen und dieses Viertel in ein Eldorado von Spiel- und Opiumhöllen verwandelt. Besorgen wir uns irgendetwas Eßbares im Lebensmittelgeschäft: getrockneten Fischmagen, Haifischflossensuppe, vor allem frische Lichies und aromatisierten Tee.

Für die Chinatown-Besichtigungstour hält man klugerweise den Sonntag frei, da sich dann auch die Chinesen aus der Umgebung zu ihren Einkäufen hier einfinden oder auch nur, um ihren Freunden guten Tag zu sagen.

SoHo

SoHo steht als Abkürzung für South of Houston Street. Als die Mieten im Village in schwindelerregende Höhen kletterten, wanderten die Künstler in dieses Viertel der Lagerhallen und kleinen Betriebe ab und funktionierten die riesigen Hallen in Ateliers und Wohnungen um: die berühmten lofts, eigentlich Dachboden. Aber auch dieses Viertel ist inzwischen schon wieder verdammt teuer geworden. Es hält einige architektonische Perlen parat, so die Gebäude mit Stahlarmierungen der bautechnischen Revolution des letzten Jahrhunderts. Architekturkenner werden bei einem Spaziergang wohl über sie stolpern. Dennoch hier zur Orientierung einige Tips: 112 Prince Street, 469 Broome Street, 101 Spring Street, 28 Greene Street und 488 Broadway und viele mehr in Tribeca und Chelsea. Eine vollständige Liste ist in jedem Buch über die New Yorker Architektur zu finden. Dieser neue Stadtteil quillt über von netten Restaurants und niveauvollen Jazzkneipen neben zahlreichen Galerien. Ein typischer Samstagabend im Sommer: eine Vernissage nach der anderen, und mit etwas Glück fallen dabei ein Glas kalifornischen Champagners und einige Kekse ab. Die Atmosphäre pendelt zwischen halbwegs locker und reichlich insiderhaft.

Little Italy

Von Chinatown aus überqueren wir die Canal Street und gelangen von selbst in die Mulberry Street mit ihren italienischen Cafés und den Pizzerien. Vermeiden wir den Eindruck zu erwecken, an der Unterhaltung anderer interessiert zu sein, vor allem, wenn diese auf Italienisch geführt werden. Und keine Minute vergessen, dass ein Wort hier keinesfalls über die Lippen kommen darf: »Mafia«. Nebenbei bemerkt hat diese es geschafft, dass jeglicher offizieller Gebrauch des Wortes »Mafia« in den Staaten verboten wurde, unter dem Vorwand, dass dies eine rassistische Verunglimpfung des Bildes der Italo-Amerikaner darstelle ...

Mit etwas Glück stolpert man über eines der Restaurants mit einem Akkordeonspieler und einer sizilianischen Sängerin mit blondierten Haaren. Sich am Wochenende beim Wirt nach der nächstgelegenen Möglichkeit zum Boulespielen erkundigen. Dann bietet sich nämlich die Gelegenheit zuzusehen, wie der Italoamerikaner den Capuccino mit seinem Lieblingssport in einem New Yorker Bowlinglokal verbindet. Nicht verabsäumen, einen Canoli und einen Espresso zu schlürfen.

Falls sich die Gelegenheit bietet, besuchen wir eines der beiden großen, äußerst farbenprächtigen, Straßenfeste: im Juni das St. Anthony-Fest und Anfang September das Fest des St.Gennaro.

Greenwich Village

U-Bahnhof: W 4th Street, 6th Avenue. New York ist eine Stadt, die sich vor allem in die Höhe und die Tiefe ausgedehnt hat, wobei letzteres natürlich spannender ist, da von der Masse aller Touristen übersehen. Machen wir uns daher auf zur Entdeckungsreise in dieses Leben im Underground. Wir werden sicherlich nicht enttäuscht werden, vor allem nicht in diesem Viertel New Yorks.

Greenwich Village, zwischen Houston Street und Hudson Street, stellte schon immer das Quartier der Künstler und Hippies dar. In den fünfziger Jahren erlebte es seine Sternstunden, bekannt gemacht durch die Schriftsteller, die hier wohnten und arbeiteten. Seither hat sich das »Village« zwar zu einem der von Touristen am eifrigsten heimgesuchten Ziele gemausert; aber davon lassen wir uns nicht abschrecken!

Im »Village« wimmelt es nur so von Jazzkneipen, kleinen Restaurants, modischen Klamottenläden – besonders auf der W 4th Street – und, auf der Bleecker und der W 10th Street, von Antiquariaten. Washington Square ist der abendliche Sammelpunkt der Jugendlichen, wo sie sich zum Musizieren oder Plaudern treffen. Einen Abend dort sollte man unbedingt miterleben!

Auf den Washington Square mündet auch die Christopher Street: so »schwul« wie keine andere Straße in New York. Sie erwacht erst abends zum Leben und läuft dann die ganze Nacht auf vollen Touren, um beim Morgengrauen wieder im Schlaf zu versinken.

Frühaufsteher, die es schaffen vor 8h morgens aus den Federn kommen, lustwandeln mal über den Gansevoort Meat Market, W 14th Street und 10th Avenue, den New Yorker Fleischmarkt. Ein bleibender Eindruck. Melville, der Autor von »Moby Dick«, hat hier gearbeitet.

Seit geraumer Zeit ist eine gewisse Verlagerung des Nachtlebens in den Osten der Stadt zu beobachten. Da in der Tat Greenwich zusehens teurer wird, ziehen die Künstler weiter weg, in Richtung East Village, in die Gegend des St. Mark´s Place. Unweit vom East Village verläuft die Bowery, eine der schäbigsten Straßen der Stadt, in der man alles trifft, was aus dem »American Way of Life« herausgefallen ist: Penner, Junkies auf hartem Zeugs, Säufer. Denn das Leben in den USA ist ein Vabanquespiel: einzelne Gewinner stehen der Masse der vielen Verlierer gegenüber.