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Bismarck

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Die Geschichte Namibias

Lüderitz & Bismarck

Weil all diese Auseinandersetzungen die Arbeit von Händlern und Missionaren behindern, verfassen die Europäer, deren Zahl 1872 noch unter 150 liegt, mehrere Schutzgesuche. Die Händler wenden sich an die Kapregierung, die Missionare dagegen ans junge Deutsche Reich. Während London die Gelegenheit beim Schopfe packt und Walvis Bay 1878 annektiert, entwickelt Berlin unter Otto von Bismarck nur widerwillig eine Kolonialpolitik. Zu wenig Nutzen vermag der Reichskanzler, der soeben die deutsche Einigung durch einen Krieg gegen Frankreich erzwungen hat, im Einsatz in Südwestafrika zu erkennen.

Erst ein Bremer Kaufmann bringt Berlin richtig in Zugzwang. Der Tabakhändler Adolf Lüderitz wendet sich kolonialen Abenteuern zu, nachdem Bismarck reichsweit ein Tabakmonopol verhängt hat. In der Hansestadt fällt ihm auf, dass die unzugängliche Küste Südwestafrikas noch von keiner Kolonialmacht beansprucht wird, dass aber das Klima im Hinterland einer Besiedlung nicht im Wege stünde. Also läßt er in der Bucht von Angra Pequena, die mangels Süßwasser bisher nur Walfänger und Robbenschläger anzieht, einen Handelsposten errichten und den Namastämmen in großem Stil Land abluchsen. Am 1. Mai 1883 übernimmt Lüderitz die gesamte Bucht für 100 englische Goldpfund und 200 Gewehre. Kurz darauf “kauft” er den gesamten, 20 Meilen breiten Küstenstreifen von der Bucht bis zur Oranjemündung für weitere 500 Pfund und 60 Gewehre.

Wie bei so vielen Landkäufen dieser Zeit wird der “Verkäufer”, in diesem Fall Bethanierkönig Joseph Fredericks, mächtig hereingelegt. Fredericks kennt nur die 1600 m lange englische Meile, Lüderitz läßt in den Vertrag aber die 7400 m lange geographische Meile schreiben. Überhaupt gilt das Land den Herero und Nama wie allen Nomaden als Gemeinschaftseigentum, das auch vom Häuptling nicht veräußert werden kann. Bei den ersten Landverkäufen gehen die Häuptlinge noch von einer Überlassung zwecks Nutzung des Bodens aus. Erst als sie auf schmerzliche Art erkennen, was Europäer unter Landbesitz verstehen, verbieten sie auf der Friedenskonferenz von 1858 weitere Verkäufe. Für viele Häuptlinge, darunter Joseph Fredericks, bleibt die Aussicht aber zu verlockend, auf solch einfache Weise zu Schnaps und Waffen zu kommen.

Nach geglückter Einkaufstour setzt sich Adolf Lüderitz mit dreistem Ton für ein Engagement des Reiches ein, unter dessen Spätspart im kolonialen Wettlauf die ganze Nation zu leiden glaubt. Am 24. April 1884 verkündet Bismarck tatsächlich die Schutzherrschaft - er entsendet drei Verwaltungsbeamte. Der Anstifter selbst erlebt die Blütezeit “seiner” Stadt nicht mehr. Lüderitz kommt 1886 bei einer Expedition auf dem Oranje ums Leben. Bismarck indes läßt, da Deutschland sein Stück vom Sandkuchen bekommen hat, 1884 / 85 auf der Berliner Kongokonferenz die europäischen Einflußzonen festschreiben.