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Die Wikinger

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Geschichtliches

Die Norweger sind ein friedliebendes, eher ruhiges Volk. Eigentlich haben nur die Wikinger, berühmte Händler und Weltenbummler, die Geschichte nachhaltig beeinflußt. Genaugenommen beginnt mit ihnen im 8. Jh. die norwegische Geschichte erst so richtig. Man weiß nichts oder kaum etwas über ihre Vorgänger und Ahnen, nichts über jene Jäger und Sammler, die am Ende der letzten Eiszeit vor sechs- oder achttausend Jahren jene hübschen Felsmalereien schufen, welche mancherorts noch heute zu sehen sind.

Die Wikinger

Alles andere als rothaarige Barbaren

Sprechen wir also von den Wikingern, im Namen Thors! Den (nur teilweise) blonden Hünen aus dem Norden tut die Legende unrecht, handelte es sich bei ihnen doch nie um große Krieger. Händler waren es, und ihre hohe Zeit währte rund 250 Jahre. Zwischem dem 9. und 11. Jh. segelten sie mit ihren wendigen und vielseitig verwendbaren Knörr-Booten über die Weltmeere. Deren großer Vorteil bestand darin, dass sie, statt sich gegen die Wellen zu stemmen, deren Konturen gleichsam folgten und nur wenig Tiefgang besaßen. Dadurch konnten sie in die flachsten Flußmündungen vorstoßen und so zum Beispiel auch in London und Paris blitzartig Beute machen. Die tüchtigen Seemänner schmückten ihre Boote mit Drachen und fantastischen Schnitzereien und legten den sprachlichen Grundstein zur modernen Seemannssprache: Wörter wie Steuerbord, Backbord, Want und Beting (Poller) wurden in Skandinavien geboren. Die Wikinger unterhielten im gesamten Ostseeraum ihre Handelsposten. Das Geheimnis ihres Erfolges beruhte damals nicht zuletzt auf dem für die Europäer mißlichen Umstand, dass die Araber den west-östlichen Warenaustausch kontrollierten – oder behinderten, je nach Sichtweise – weshalb sich die Handelswege nach Norden, in den Ostseeraum, verschoben. Jedenfalls ließen sich die geschäftstüchtigen Wikinger diesen Brocken nicht entgehen und dehnten ihre Einflußsphäre bis nach Rußland aus. Auch der Herrscher in Konstantinopel nahm ihre Dienste als Leibwächter gern in Anspruch, das hat die Archäologie gezeigt.

Es gilt heute auch als bewiesen, dass die Wikinger fünf Jahrhunderte vor Kolumbus in Amerika gelandet sind, und zwar in der Gegend um Neufundland (Vinland). Anscheinend hat es ihnen dort jedoch nicht sonderlich gefallen, und so wurden die Siedlungsversuche nach ein paar Jahren wieder eingestellt.

Selbstverständlich plünderten sie unterwegs auch schon mal, dies aber nur so nebenbei und wenig systematisch. Bei so wenigen Mannen konnten die Verwüstungen, Plünderungen und Vergewaltigungen gar nicht jenes Ausmaß annehmen, das ihnen übereifrige Chronisten im Nachhinein zuschrieben.

Was dem schlechten Ruf der Wikinger Vorschub geleistet haben mag, erklären manche Wissenschaftler heute so: sie griffen grundsätzlich verwundbare Ziele an, besonders Klöster, Abteien und Stiftskirchen. Und niemand anderes als die betroffenen Kirchenmänner waren ja auch die Chronisten von Überfällen und Gemetzel. Beim heutigen Kenntnisstand handelt es sich also eher um eine Art Zufallsbefund.

Die Skandinavier selbst nährten nach Kräften den Wikingermythos und verliehen ihren Vorfahren mehr Bedeutung, als ihnen in Wirklichkeit zukam, später wortgewaltig unterstützt von den Schriftstellern der Romantik. Die Schöpfung eines norwegischen Nationalgefühls wurde exakt auf den wenigen Überlieferungen zum Thema aufgebaut.

Nicht so lange her ist das, was jene »Philosophen« und Schreiberlinge des »Dritten Reichs« aus den nordischen »Übermenschen« an zweifelhaften Mythen strickten (die besser beim Sportteil einer drittklassigen Lokalzeitung aufgehoben gewesen wären). Sie dichteten die Wikinger zu Vorläufern der arisch reinen Bataillone Hitlers um.

In religiöser Hinsicht befleißigten sich die Wikinger einer erstaunlichen Fügsamkeit. Schließlich mußte, wer im 10. Jh. Handel treiben wollte, Christ sein. Also bewies man Pragmatismus und konvertierte. Die christlichen Missionare – Klinkenputzer und PR-Spezialisten in einer Person – liefen bei den Nordländern offene Türen ein und brauchten erst gar nicht zum Schwert zu greifen. Wie eine brave Herde trotteten sie am Ende des 10. Jhs an die Taufbecken.