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SCHWEDEN

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SchwedenZeitungen und Fernsehen kamen früher selten auf Schweden zu sprechen. Aber das Land machte auch nicht viel von sich reden. Wenn mal zufällig von diesem nördlichen Teil Europas die Rede war, dann wegen der hübschen blonden Mädels (oder der gutaussehenden, kräftigen Jungs), der bitterkalten Winter, der endlosen Sommertage oder wegen des sozialen Friedens und des Lebensstandards, der nach wie vor unter den höchsten der Welt rangiert. Dann zogen vor ein paar Jahren dunkle Wolken am Horizont auf: Der Wohlfahrtsstaat, das »Schwedische Modell«, wurde abgespeckt, die Staatsausgaben gesenkt, das Rentenalter angehoben, Benzin- und Tabaksteuer wurden erhöht, Staatsunternehmen privatisiert, Steuern erreichen schokierende Höhen.

Auch die »unberührte« Umwelt, von den schwedischen Tourismusbehörden gebetsmühlenartig bemüht, leidet: So betreiben Zellulosefabriken nach wie vor Raubbau am Wald – ein Umdenken findet erst seit wenigen Monaten statt. Dass die pH-Werte skandinavischer Seen bedrohlich gesunken sind, ist seit Jahrzehnten bekannt, geht allerdings nicht zuletzt auf das Konto der mittel- und westeuropäischen Ballungsgebiete. Vor allem marode britische Industriebetriebe, in der Hauptwindrichtung gelegen, tun sich als Dreckschleudern hervor, was auch schon zu politischer Verstimmung führte. Immerhin: 1992 wurden gleich fünf Atommeiler abgeschaltet, die rund die Hälfte des schwedischen Stroms lieferten. Seit Neustem wird der Atomwahnsinn aber wiederbelebt. Zehn neue Anlagen sollen entstehen. Dies, obwohl das Land knapp einem Atomunfall entkommen war, denn 2006 versagte die Notkühlung in Forsmark und ein Teil der Stromversorgung. Zwanzig Minuten lang paddelte das Personal im Finstern und rief den Herrn an.

Das Ende des schwedischen Goldenen Zeitalters ist eingeläutet. Seit Schwedens Abkehr von der (hochgerüsteten) Neutralität zu Beginn der neunziger Jahre hielten die Entscheidungsträger des Landes nach rettenden Strohhalmen Ausschau, brachten das Land 1995 in die EU und warben für einschneidende »Reformen«. Spätestens seit der Migrationswelle ist der Begriff »EU« ist auch bei der Mehrheit der Schweden nicht mehr positiv besetzt. Vielleicht auch weil sie die Transferzahlungen an den Brüsseler Beamtenapparat fürchten, um ihr Staatsmonopol für Alkohol oder ihre hochsubventionierte Landwirtschaft. Sie haben auch Angst, dass die schwedischen hohen Umweltnormen auf europäische heruntergesetzt werden. Und wo ist das jahrzehntelange Dogma, die schwedische Neutralität, geblieben? Nachdem die Blöcke in Europa auseinandergebrochen waren, schien den führenden Politikern dies nurmehr ein Problem zweiter Ordnung. Auch die Sogwirkung des europäischen Binnenmarktes auf die schwedische Großindustrie war nicht ohne Wirkung geblieben.
Dass etwas in Fluss gerät, hat gewiß auch sein Gutes. Zu diesem Schluß gelangte auch H.M. Enzensberger in »Schwedischer Herbst« (Ach Europa, Suhrkamp): »Wenn sich also die Bürger eines Landes von ihren Institutionen zurückziehen, wenn ein immer größerer Teil ihrer Wirtschaft „untertaucht“, wenn ganz neue soziale Phantasien sich entwickeln, von der Selbsthilfe bis zur Selbstversorgung, so hat es wenig Sinn, über die sinkende Moral der Menschen, über Instabilität und Polarisierung zu lamentieren. Das alles sind in erster Linie Lebenszeichen.«

Jeder Schwede verfügt rein statistisch über jede Menge Platz: Kümmerliche 10 Mio. Einwohner verteilen sich auf eine nicht gerade kleine Fläche: Fast um ein Drittel größer als die Bundesrepublik (80 Mio. Einwohner). Allerdings waren es vor zwei Jahrzehnten nur acht Millionen. Warum ein Anstieg etwas Gutes sein soll, ist unbekannt. Die Immobilienwirtschaft sieht sowas natürlich anders. Unter diesen Bedingungen konnte sich das Individualrecht weitgehend frei von Reibungen entfalten. Jedermannsrecht, Respekt vor dem Nächsten, Einklang des Menschen mit der Natur, unendliche Weite, das angenehm friedliche Leben, manchmal hart an Monotonie grenzend, von absoluter Ruhe geprägte Landschaften: Das alles sind Eindrücke, denen sich niemand entziehen können wird.
Wir sollten Schweden nicht mit dem Blick eines Mitteleuropäers betrachten. In Schweden stehen Wörter wie Kompromiss- und Verhandlungsbereitschaft, Maßhalten, in Frage stellen, Besonnenheit und Puritanismus hoch im Kurs. Dies sollte stets im Hinterkopf behalten, wer Schweden bereist. Sogar die weiten, flachen Landstriche scheinen so beschaffen zu sein, dass sie niemanden stören. Endlos scheinende Wälder und unzählige Seen sind nicht selten für uns alleine da. Eine Schwedenreise gewinnt daher rasch Züge einer Begegnung jedes einzelnen mit sich selbst - und natürlich mit der Natur!

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