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French Connection

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French Connection

In der Zeit zwischen Bannockburn und der Abdankung Maria Stuarts im Jahre
1567 erlebte Schottland kaum einen Waffenstillstand. Die Stuarts, Nachfolger
von Bruce und seinem Sohn David, teilten ein Schicksal miteinander, das würdig
war, die Autoren von Tragödien zu inspirieren: in zwei Jahrhunderten
– von Jakob I. bis ;Jakob VI. – sechs Regierungszeiten, sechs gewaltsame Tode
und vor allem sechs lange Regentschaften

. »Wehe dem Land, dessen König ein Kind ist.« Insgesamt über hundert
Jahre lang befindet sich die Macht in den Händen von Regenten, von denen
die meisten sich vor allem um die Interessen des eigenen Clans kümmern.
Auf den Hebriden und in weiten Teilen der Highlands – in denen zu diesem Zeitpunkt
die Hälfte der schottischen Bevölkerung lebt – fechten die jeweiligen
Führer des MacDonald Clans unter dem hochtrabenden Titel »Herr der Insel«
die königliche Macht bis zum Ende des 15. Jahrhunderts an, wobei sie
sogar soweit gehen, Sonderverträge mit dem englischen König zu unterzeichnen.

Zwischen zwei Bürgerkriegen füllen die Schotten ihre Freizeit
aus, indem sie gegen das Ausland Krieg führen. Einige von ihnen findet
man an der Seite der Franzosen wieder bei allen Kämpfen des Hundertjährigen
Krieges. Diese 1295 geschlossenen Auld Alliance bringt den Franzosen
wesentlich mehr Vorteile als ihren Verbündeten. Dazu angehalten, bei
jedem englisch-französischen Konflikt in das Gebiet ihres Nachbarn einzufallen,
um im Norden für Ablenkung zu sorgen, sind die Schotten jedoch reichlich
verwundbarer als die Kontinentbewohner. Schlimmer noch: während ihre
Übergriffe auf den Süden nur eine abgelegene Gegend Englands berühren,
ist es umgekehrt der fruchtbarste Teil des schottischen Königreichs,
der Besuch von den englischen Truppen erhält: die Landwirtschaft liegt
darnieder, die Kirche geht zugrunde, das Parlament löst sich auf. »Was
haben wir eigentlich in diesem Land verloren?«, fragen sich die französischen
Ritter – laut Froissart – verärgert, die den Schotten 1385 zur Hilfe
geschickt wurden; »Bis heute wußten wir nicht, was Armut und ein hartes
Leben wirklich bedeuten.«

Nicht alles jedoch mißglückt in Schottlands zu dieser finsteren
Zeit. Die Allianz mit Frankreich ist zwar mit hohen militärischen Wagnissen
behaftet, bietet aber auch gewisse wirtschaftliche und kulturelle Vorzüge.
Der Handel zwischen den beiden Ländern blüht: die Ausfuhr von Leder,
Fisch und Wollwaren; die Einfuhr von Wein und Tuch. Der Austausch zwischen
den Universitäten nimmt zu: Studenten und Dozenten der drei schon im
15. Jahrhundert gegründeten schottischen Universitäten, Saint Andrews,
Glasgow und Aberdeen, halten sich häufig in Blois und Poitiers oder an
der Sorbonne auf. John Major, Theologe und Autor einer exzellenten Geschichte
Schottlands aus dem Jahre 1521, unterrichtet in Paris, Glasgow und Saint Andrews.
William Dunbar und Gavin Douglas, examiniert an der zuletzt genannten Universität
und Hofdichter bei Jakob IV., erheben das Schottische auf den Rang einer literarischen
Sprache. Schottland öffnet sich gegenüber den neuen, vom Kontinent
stammenden Ideen.