Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Dichter und Bauer: Robert Burns

Body: 

Dichter und Bauer: Robert Burns

Es dauerte eine Generation, bis die Mode der keltischen Romantik auch über
ihr Herkunftsland hereinbrach. Die kleinen Leute von Edinburgh waren den Highlandern
gegenüber noch zu mißtrauisch eingestellt, um sie idealisieren
zu können, weshalb sie Macpherson zwei Dichtern aus den Lowlands vorzogen,
nämlich Robert Ferguson und Robert Burns. Ersterer verstarb
im Alter von vierundzwanzig Jahren in der Zelle eines Irrenhauses und hatte
daher gerade noch genug Zeit, um der schottischsprachigen Dichtungstradition
(scots), durch die mittelalterlichen Makar (Dichter) xxx!!! berühmt
geworden, Lebendigkeit und Ansehen zu verleihen. Sie wurde dann von Burns
zum höchsten Vollkommenheit geführt.

Dieser arme Bauer aus Ayrshire, Arbeitstier (er starb daran mit siebenunddreißig
Jahren), Herzensbrecher, die Kirche verurteilte ihn wegen Unzucht, Trinker
ohne Durst (daran starb er nicht), Verfolger von Ungerechtigkeit und Heuchelei
(man lese sein satirisches Gedicht Holy Willie´s Prayer) und erleuchtetes
Genie (er schrieb sein Meisterwerk Tam o´Shanter an einem einzigen
Tag) – brachte ein Werk hervor, dass die Grenzen eines armseligen Provinzialismus
zu überschreiten wußte und so der schottischen Erfahrung eine universelle
Gültigkeit verlieh. Von seinen Satiren wie auch seinen Elegien, von seinen
Trink- und Liebesliedern, seinen burlesken Epen so wie von seinen patriotischen
Hymnen gehen erstaunlicher Schwung und Lebendigkeit aus sowie Liebe zu den
kleinen Leuten und den niedrigsten Lebensformen, weshalb sie ihn zu einem
der bedeutendsten Künstler machen, die den sinnlichen Durchschnittsmenschen
besingen. Im Laufe der Burns nicht (Burns´ Nacht), am 25. Januar, dem
Jahrestag seiner Geburt, feiern Schotten in der ganzen Welt mit unzähligen
Reden, Liedern und gefüllten Gläsern jenen bard, der ihnen
zu ihrer inneren Identität zurückverhalf – sowie zu ihren geheimen
Wünschen.

Oberster Grafschaftsrichter und Romancier: Walter Scott

Um diese ganze einzigartige Welt unsterblich werden zu lassen, verfügte
das Athen des Nordens über eine reiche Auswahl an talentierten Porträtisten
(Allan Ramsay, Alexander Nasmyth, Andrew Geddes, David Wilkie, Henry Raeburn)
und Biographen (James Boswell, Lord Cockburn, John Lockhart). Im Grunde genommen
fehlten nur zwei der von der Kirche schlecht angesehenen Künste, das
Theater und die Musik, auf der Palette der Hauptstadt. Man hätte am Ende
des 18. Jahrhunderts noch den Roman hinzufügen können: gegenüber
der reichhaltigen Londoner Produktion, hatte Edinburgh nur ein einziges (unbedeutendes)
Meisterwerk gefeiert, nämlich The Man of Feeling von Henry Mackenzie,
der die Modewelle des Romans der Empfindsamkeit in Gang setzte.

Die Engländer sollten sich nicht lange rühmen. Ein Edinburgher
Schriftsteller, der den aufsehenerregenden Einfluß Macphersons weiter
ausbaute, sollte Schottland zum Mittelpunkt der europäischen Romantikbewegungen
werden lassen – und seinen Landsleuten den Stolz auf ihre Geschichte zurückgeben.
Walter Scott, der Mann, den Stendhal in einem Brief an Balzac »unseren
Vater« nannte, 1771 geboren, entstammt einer Familie von lairds aus
den Borders. Durch einen Anfall von Kinderlähmung um seine Militärkarriere
gebracht, studierte er Rechtswissenschaften in Edinburgh. Nach seiner Ernennung
zum Anwalt erhielt er 1799 den Posten des stellvertretenden Grafschaftsrichters
von Selkirk, in den Borders. Von Folklore begeistert, sammelte und veröffentlichte
er die mündlichen Überlieferungen aus der Region (Minstrelsy
of the Scottish Borders)
und begann dann, seine eigenen Gedichte zu verfassen
(The Lay of the Last Minstrel, The Lady of the Lake), epischen Balladen
mit durchschlagendem Erfolg. Als er sich erst einmal im neugotischen Herrenhaus
niedergelassen hatte, das er in Abbotsford an den Ufern des Tweed hatte errichten
lassen, wandte er sich dem Roman zu. Unter den rund zwanzig, die er veröffentlichte,
sind die besten nicht unbedingt die bekanntesten (Ivanhoe, Quentin Durward),
sondern die, in denen er ein riesiges soziales, politisches, religiöses
und moralisches Sittengemälde Schottlands im 17. und 18. Jahrhundert
entwirft: Waverly (der Aufstand von 1745), Rob Roy (die Highlands
und Glasgow 1715), Redgauntlet (die Jakobiten 1746), Old Mortality
(die schottischen Presbyterianer des 17. Jahrhunderts) und sein ausgefeiltestes
Werk The Heart of Midlothian.