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Die Tomatenkrise

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Tomaten: Konkurrenz aus China

Italiens Bauern bangen um ihre Marktchancen

“Made in Italy“ in Gefahr?

Italiens Bauern sind die Gemüse-Importe aus China ein Dorn im Auge: Die billigen Tomaten aus dem fernen Osten breiten sich auf dem italienischen Markt immer mehr aus. Der Schlüssel dieses Erfolgs, so die Kritiker, sei leicht zu erkennen: Die Chinesen arbeiteten mit viel niedrigeren Lohnkosten, und auch die Umweltauflagen seien nicht so streng.

Aus China kommen vor allem bereits verarbeitete Produkte, wie passierte oder gestückelte Tomaten. "Die werden dann den italienischen Tomaten beigemischt und landen so im Supermarktregal, ohne dass der Kunde davon weiß", empört sich eine italienische Produzentin. Ihr Verband fordert deshalb eine klare Kennzeichnung der Herkunft des Gemüses. "Made in Italy" soll auf den Dosen nur dann stehen dürfen, wenn ausschließlich italienische Tomaten drin sind.

Nach den Kleidungs- und Schuhimporten aus Fernost sind es nun die Tomaten, die nach Ansicht der Italiener die nationale Wirtschaft bedrohen. Gemeinsam mit anderen Ländern wie Frankreich und Spanien haben die Italiener in diesem Jahr erfolgreich bei der Europäischen Union durchgesetzt, die Einfuhren von Textilien aus China zu begrenzen. Und bei Schuhen hat die EU-Kommission bereits eine Untersuchung eingeleitet.

Jetzt sind die Tomaten dran. Tatsächlich steigen die Einfuhren von Obst und Gemüse aus China rasant: Das Reich der Mitte ist mittlerweile der größte Lieferant von Agrar-Produkten für Italien; die Importe erreichten im vergangenen Jahr ein Volumen von mehr als 62 Mill. Euro.

Dabei sind Tomaten in Italien ein besonders sensibles Produkt. Das Gemüse, das in Kombination mit Mozzarella und Basilikum die Landesfarben widerspiegelt, ist schon fast ein Nationalsymbol. Fester Bestandteil der mediterranen Küche, ist die rote Frucht kaum von Italiens Tischen wegzudenken.

Weltweit sind die Italiener nach den USA die größten Verarbeiter von Tomaten, im vergangenen Jahr verwandelten sie 5,8 Millionen Tonnen in Püree, Dosentomaten und Ketchup. Davon verputzten die italienischen Familien nach einer Studie eines Marktforschungsinstituts durchschnittlich elf Kilogramm - die frischen Tomaten noch nicht mitgezählt.

Von der geschmacklichen Überlegenheit ihrer Tomaten sind die italienischen Bauern ohnehin überzeugt. Aber im Feldzug gegen die Chinesen führen sie auch das Gesundheitsargument an: Schließlich seien in China noch Pestizide erlaubt, die EU-weit längst verboten seien. Damit argumentieren die Bauern ähnlich wie die Textilindustrie, die ebenfalls vor Gesundheitsgefahren warnt, die in den Stoffen und Farben aus chinesischer Produktion lauern sollen. Noch haben sie die Behörden aber nicht überzeugt - und so müssen sich Italiens Tomaten auf harten Wettbewerb einstellen.

Allerdings haben auch die Italiener, und die Europäer allgemein, keine unbefleckte Weste in Punkto Agrarpolitik. Jedes Kind weiß, dass die USA und Europa ihre Landwirtschaften massiv subventionieren. Diese Subventionen führen zur Überproduktion (besonders von Getreide), die dann in der Dritten Welt zu Schleuderpreisen abgesetzt wird (Dumping).

Juli 2005