Traditionell

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Vortrag für fast das ganz Schiff

Beschuldigung des Kulturklaus

Es werden Abstriche gemacht, Auswahl der Missionare

Am Morgen darauf legten wir auch schon in Madang an – es war für mich ein geradezu erhebendes Gefühl, einmal die Ankunft eines „Russenschiffs“ in Madang von Bord aus zu erleben. Michael und Janna erwarteten mich bereits, sie durften bald auf das Schiff kommen, wo ich sie dem bunten Künstlervölkchen stolz vorstellte. Marianne hatte von der Bordküche jede Menge deutscher Lebensmittel organisiert, und Graham brachte aus der Bar einige Sechserpacks Bier. Wir standen während der Abwicklung der Zollformalitäten zusammen auf dem Oberdeck, und überlegten, wie wir all diese Kostbarkeiten durch den Zoll bekommen sollten. Perry, der Zauberer, hatte eine Lösung: er packte alles in seinen riesigen Zauberkoffer und meinte, irgendwie werde es uns schon gelingen, die Schätze von Bord zu kriegen. Abgemacht war, dass in Amron eine Benefizvorstellung für alle hundertachtzig Schüler und Studenten der Station stattfinden sollte.


Endlich durften wir das Schiff verlassen, die anderen Passagiere sollten den Tag zur freien Verfügung haben und am Nachmittag eine Besichtigungsfahrt entlang der Nordküste unternehmen. Das Künstlervolk wollte mit uns ebenfalls die Nordküste hochfahren, allerdings nur bis Amron, und den Tag bei uns verbringen. Die Zöllner bestaunten Perry`s großen Zauberkoffer und fragten nach dem Inhalt. „Ich bin ein Zauberer“, meinte Perry locker und wurde misstrauisch angeschaut. „Sehen Sie“, fuhr Perry fort, „das ist mein Beruf“. Dabei ließ er aus einem Tennisball grellgefärbte Federn sprießen, aus einem Regenschirm zog er endlose Reihen bunter Tücher, er jonglierte mehrere kleine Bälle vor den mitrollenden Augen der Zollbeamten, aber, als aus einem plötzlich Wasser in ihre Gesichter spritzte, hatten die Zöllner endgültig genug. „Sie können gehen“, wurde uns hastig mitgeteilt, und wir begaben uns auf kürzestem Wege zum Pickup, den Michael von Gatedai geborgt hatte.


In Amron zeigte Michael der Gruppe voller Freude unseren Garten und das Haus, während ich vor Janna in der Küche all die deutschen Köstlichkeiten ausbreitete, die Perry zaubernd von Bord gebracht hatte: da war Pumpernickelbrot, deutscher Senf, Salami, ein ganzer geräucherter Schinken, es gab Dosen mit Linsen, eingeschweißte Schinkenwürfel, Päckchen mit Bratensauce – wir zehrten lange von den geschmuggelten Schätzen.


Als wir alle zusammensaßen, berichteten wir Michael und Janna, wie es uns an den Tagen ergangen war, die wir zusammen an Bord verbracht hatten. Ich beschrieb die Tische, die sich unter dem Essen gebogen hatten, Iris erzählte, wie ich die Frage des „Spießers“ bei meinem Vortrag pariert hatte. Plötzlich kam Günna auf die Veranda, ganz bleich im Gesicht und sagte: „Wie konnte ich nur? Da bin ich doch glatt im Badezimmer auf eine Personenwaage gestiegen!“ Sofort stand Graham auf, steuerte den Gang entlang Richtung Badezimmer, Iris rief ihm nach: „Graham, tu`s nicht!“ Aber jetzt wollte er es wissen. Als er zurückkam, war er anstatt bleich eher grün im Gesicht – „Kreuzfahrten sollte ich tunlichst nicht mehr mitmachen“, sagte er erbittert zu Iris, „sie sind jedes Mal ein einziges Befressnis!“