Reise

Body: 

Frieren im Regenwald!

Ein kleiner Abstecher nach Wau

Kinder unterhalten sich in einer eigenen Sprache

Bei der Ankunft in Lae fragte ich nur: „Wo ist mein Bett?“ In das ließ ich mich hineinsinken, um mich erst am nächsten Morgen mit bleiernen Gliedern wieder herauszuquälen. Die vierstündige Fahrt nach Wau erlebte ich als Tortur, in mir abgekapselt, nur meinen Körper spürend. Zur Malaria hatten sich am Hals entlang geschwollene Drüsen hinzugesellt, dazu noch zwei tropische Geschwüre – es war die reinste Beulenpest, und ich kam mir vor wie weiland der schwärenübersäte Hiob. Aber schon bald nach der Ankunft in Wau dachte ich, wow, der alte body hat`s geschafft. Schon am ersten Abend zog ich mir in der Kühle der Bergwelt mit noch etwas zittrigen Händen voller Freude lange Hosen, warme Socken und einen Pullover an. In der Nacht machten wir uns zu Viert in unserem kleinen Gästehaus im Schein unserer Taschenlampen auf die Suche nach wärmenden Decken. Dem Licht der Kerzen und Kerosinlampen konnten wir am Abend nach dem Abschalten des Generators Romantik abgewinnen, was mir in Begesin nicht in den Sinn gekommen wäre.

Die Woche in Wau wurde für uns alle eine heilsame Woche. Für die Kinder, weil sie sich gegenseitig wieder hatten und in ihre Phantasiewelt eintauchen konnten, für uns vier Erwachsene, weil wir die Abende zu vertrauten Gesprächen und zum Kartenspielen nutzten. An den Tagen genossen wir die Sonne – dieser Sonne mochten wir uns hingeben und ihre heilende Kraft in uns aufnehmen. Wir fuhren zum Fluss Bulolo, in dem einmal vor Jahren Gold gefunden und gefördert worden war, wir aber nutzten ihn ignoranterweise, um uns mit aufgeblasenen Schläuchen von LKW-Reifen auf ihm treiben zu lassen. Zurück in Lae, verbrachten wir den Abend alle zusammen im Pool unserer Freunde, die endlich im relativ sicheren Martin-Luther-Seminary-Compound lebten und keinen ehemaligen raskol mehr zu ihrer Bewachung brauchten. Stundenlang saßen wir in dem von der Sonne aufgeheizten Wasser, lachten, erzählten Geschichten von früher, waren wieder wie eine Familie. „Wisst ihr noch?“ flog hin und her und jeder steuerte eine alte Erinnerung zu denen der anderen bei.


Zu Hause in Amron schritt ich glücklich unseren „Park“ ab, die Farbenvielfalt genießend, und pflanzte einen aus Lae mitgebrachten custard apple, einen Rahmapfelbaum. Das war eine Pflanze mit rundlichen grünen Früchten, aus vielen schuppigen Teilen zusammengesetzt, mit weißlichem, süßem Fruchtfleisch, das sich ebenso gut durchpassieren ließ wie der gestankverströmende sapsap.


Roswitha kam mit den Kindern nach. Die Familie richtete sich in Baitabag ein, und es entstand eine enge Freundschaft zwischen Erwachsenen und Kindern, die noch heute fortdauert. Wir zwei Frauen entwickelten eine Freundschaft, wie sie, glaube ich, nur in einer Ausnahmesituation entstehen kann. Janna hatte endlich eine echte Freundin. Sie und Alina fanden eine eigene Sprachwelt, in die wir Erwachsenen keinen Zutritt hatten. Roswitha kam zum Eiskaffee auf der Veranda, und in Gesprächen mit ihr entdeckte ich ganz neue Anteile in mir. Wir verbrachten Nachmittage und Abende miteinander, wie ich sie in ihrer Vertrautheit noch nicht erlebt hatte.