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Unangemessene Angebote

Lae mal aus einem anderen Blickwinkel betrachten

Reiseleitung für Touristen durch Niugini

Eines Mittags erwartete mich Peter bereits und berichtete von einer deutschen Reiseagentur, die sich Studien- und Erlebnisreisen in alle Welt auf die Fahne geschrieben hatte. Es handle sich um ein renommiertes Unternehmen, dessen seit Jahren in Niugini erprobte Reiseleiterin leider plötzlich erkrankt sei. Ob ich vielleicht mit meinen Erfahrungen, die ich inzwischen mit Touristen gesammelt hatte, und mit meinem Hintergrund an Wissen über das Land, die Begleitung einer deutschen Gruppe übernehmen wolle? Ich wollte schon bei seinen ersten Worten sofort, und wie ich wollte! Unvermittelt war in mir das Bedürfnis, ja, eine regelrechte Gier geweckt, mein geliebtes Niugini einmal mit ganz anderen Augen zu sehen. Er hatte auch noch von einer Bezahlung gesprochen, aber das war an mir vorbeigerauscht. Ich habe es, glaube ich, geschafft, gelassen zu wirken, und mir mein Frohlocken über das Angebot nicht anmerken zu lassen. Ich müsse das noch mit meinen Vorgesetzten in Lae absprechen, und natürlich mit meinem Mann und meiner Tochter, aber schon bald wolle ich ihm Bescheid geben, meinte ich locker. Hätte ich auch nur den Hauch einer Ahnung gehabt von dem, was auf mich zukommen würde, wäre ich mit Sicherheit weniger locker gewesen.


Als ich vor einigen Wochen meine Schatztruhe sichtete, fiel mir unter anderem auch die Reisebeschreibung der Tour in die Hände, bei der ich zum ersten und letzten Mal in meinem Leben als Reiseleiterin fungierte. Beglückt glaubte ich, nun könne mir nichts mehr passieren; das werde meine Erinnerungen schon beflügeln. Ich fand sogar einen kleinen Block mit vertraulichen Notizen, die mir Jan als Leiterin der Kreuzfahrt überlassen hatte. Bei der Beschreibung der Ankunft in Finschhafen hatte sie hinzugefügt „ein Ort, den du selbstverständlich kennst“, und ich erkannte mit Erstaunen, dass ich in Niugini einen besseren Ruf gehabt haben musste, als mir bewusst war. Seltsamerweise fand ich auch ein Telefax der deutschen Reiseagentur an Melanesian Tours, bei dem mir fast die Spucke wegblieb. Da schreibt eine Ellen im Namen einer Agentur, die für ihre Studien- bzw. Erlebnisreisen horrende Summen verlangt: … an den Tagen, die unterstrichen sind, akzeptieren wir kein Lunch, nur Frühstück und Dinner. Bitte teilen Sie uns mit, welche Summe wir für fünf Mal Lunch von der Gesamtsumme abziehen können. Na Bravo, dachte ich, als ich auch noch den Vorschlag las, dass ich als Reiseleitung eine Kabine mit einer alleinstehenden Dame hätte teilen sollen. Nur Jan hatte ich zu verdanken, dass mir dies erspart blieb.

Michael und Janna waren natürlich dafür, dass ich die Gelegenheit wahrnahm, Niugini einmal aus einer ganz anderen Perspektive zu sehen und auch noch dafür entlohnt zu werden. Ein Anruf in Lae bei meinen Vorgesetzten ergab eine Erlaubnis, die Reise anzutreten unter der Voraussetzung, eine geeignete Vertretung zu finden. Anne stimmte sofort zu, mich im Gästehaus zu vertreten, da sie ihr Fernstudium beendet hatte und nun auf eine Anstellung in der Primary School wartete. Von Peter`s Agenturleiter bekam ich die Beschreibung der Reiseroute, eine Liste mit den Namen meiner Reisegruppe und ein Flugticket nach Port Moresby. Ich rief noch bei Willi in Port Moresby an, der dort als Stadtmissionar arbeitete sowie bei Ulrich in Goroka, seit einem Jahr Referent am dortigen Melanesischen Institut. Von beiden erhielt ich eine Zusage, jeweils an den Abenden des Aufenthalts mit meiner Gruppe in ihrer Stadt, einen Vortrag über Niugini mit seinen Chancen und Problemen zu halten. Derart gestärkt, flog ich an einem Sonntagabend im Februar nach Port Moresby, da ich tags darauf schon um neun Uhr morgens meine Reisegruppe in Empfang nehmen sollte.