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Sehnsucht nach dem Regen

Zweifel am bevorstehenden Fest

Sanguma–Singsing, Todeszauber-Tanzfest

Die Trockenperiode neigte sich dem Ende zu, so dass unser Wasser in den Regentonnen langsam knapp wurde. Aber dafür war die Luftfeuchtigkeit stark gesunken, was das Durchatmen endlich wieder erleichterte. Längst waren alle durch die vorherige Regenzeit entstandenen Schäden beseitigt. Mit den Hausmädchen hatte ich sämtliche Wände im Haus abgewaschen und die gestockten Wäschestücke gereinigt, denn während einer Regenzeit schimmelte und stockte einfach alles. Das Ungeziefer flüchtete vermehrt ins Haus; eine Gegenwehr war schwierig. Feuchtigkeit legte sich über alles wie ein Film. Hatten wir anfangs den Reichtum an Wasser freudig begrüßt, so wurden wir mit der Zeit der Luftfeuchtigkeit überdrüssig. Jetzt waren wir wieder einmal dabei, uns nach Regen zu sehnen. Michael klopfte die auf Betonpfählen stehenden Regenwassertonnen ab und meinte: „Ein paar wenige Wochen können wir damit noch bestreiten, wenn wir uns stark einschränken“. Er hatte mit Amos im workshop gerade einen Schemel gebaut und vor der Toilette aufgestellt. Amos erklärte mir strahlend, er könne jetzt im Stehen pinkeln wie der Papa! Michael ließ ihn ebenfalls die am Wassertank angelehnte Leiter hochsteigen. Amos klopfte mit wichtiger Miene an den Tank und meinte im Tonfall seines Vaters: „Geht noch bisschen“. Wir versuchten seit einigen Wochen, mehr Zeit mit ihm zu verbringen, um ihn nicht zu sehr dem Einfluss der Hausmädchen zu überlassen. Michael bezog ihn immer öfter in Arbeiten auf der Station ein. Unser abendliches Märchenerzählen hatten wir um das Miteinandersingen deutscher Lieder erweitert.


Michael unterhielt sich gerne mit Aisaip und Butut, zu meinem Erstaunen aber auch mit Orkap, dem Zauberer und Medizinmann aus dem Dorf Konogul. Ich weiß nicht, wie viele Gespräche stattgefunden hatten, als er mir berichtete, sie seien übereingekommen, auf der Station ein Sanguma-Singsing, ein Todeszauber-Tanzfest abzuhalten. Ich war einigermaßen fassungslos. „Ist das denn nicht viel zu gefährlich?“ fragte ich. Aber Michael erklärte mir, er habe das Gespräch mit Orkap im Beisein von Aisaip und Butut geführt. „Es soll kein echtes Todeszauber-Singsing sein“, versicherte er mir. „Orkap hat uns erzählt, dass bisher erst ein einziger Weißer dabei war. Sie wollen nur den traditionellen Schmuck anlegen und die Tänze vorführen und ich kann das Ganze filmen. Zu Tode gezaubert wird dabei niemand.“ Eine ungute Vorahnung beschlich mich, die ich kaum in Worte fassen konnte. Michael beschwichtigte mich weiter: „Schon bei den Vorbereitungen wollen Butut und Aisaip dabei sein und sicherstellen, dass kein Ernst aus der Sache wird. Du weißt doch, die beiden sind erfahrene, respektierte Männer!“ Jaja, dachte ich, und ihr Jungs wollt mal wieder eurer Lust am Abenteuer frönen. So nahmen die Dinge ihren Lauf