Abwicklung

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Deutsche Köstlichkeiten

Besichtigungsfahrten am Nachmittag

Gute Organisation nach Anlegen des Schiffes

Allzu bald hatte er wieder Gelegenheit, zu essen. Michael hatte seine ausgezeichneten Laugenbrezeln gebacken, die wir mit gesalzener Butter bestrichen, er hatte Platten mit allen exotischen Früchten, die man sich nur irgend vorstellen kann, beladen – es war ein Schlemmen und Scherze austauschen auf unserer Veranda wie noch nie zuvor. Gleich danach kochte ich Kaffee zu dem von Michael gebackenen Obstkuchen, und schon war die Zeit für das Konzert gekommen.


In der großen Halle war es wegen der auf das Wellblechdach knallenden Sonne brütendheiß, hinzu kamen die dicht an dicht sitzenden oder stehenden Schüler, wobei uns allen im Nu der Schweiß in der feuchtheißen Luft am Körper hinunterran. Aber, kaum hatte Graham begonnen, nahm keiner von uns mehr sich selbst wahr. Graham war ein echter Entertainer und Schlagersänger der Spitzenklasse. Dieser Mann brauchte kein Podium, um sein Können unter Beweis zu stellen. Er sang sein erstes Lied, alle hörten begeistert zu, beim zweiten klatschten wir schon den Rhythmus mit. Graham sang und wackelte mit seinem Hintern, seine Gitarre hob uns von den Bänken, er brachte uns dazu, mitzusingen, er schwang seine Gitarre hin und her und spielte gleich darauf weiter. Die ganze Halle johlte und klatschte, die Schüler tobten vor Begeisterung, im Grunde „spielte“ Graham auf uns so meisterhaft wie auf seiner Gitarre. Hingerissen gaben wir uns alle seiner Musik hin. Bei einem besinnlichen Lied wurden wir wehmütig, aber gleich folgte wieder einer seiner mitreißenden rhythmischen Songs. Zu Ende, als er schweißgebadet „My Bonney is over the ocean“ anstimmte, fielen wir mit ein. Graham erhielt jubelnden Applaus, die Schüler pfiffen und klatschten, sie verlangten schreiend eine Zugabe, aber, als er nach „Mathilda“ endgültig Schluss machte, sahen wir ein, dass er uns alles gegeben hatte.


Doch nun waren Perry und Eve daran, uns in ihre Welt der Magie zu ziehen. Was die beiden boten, war wieder einmal wie die Eröffnung einer fremden Welt für mich. Wie viel mehr muss es das gewesen sein für Schüler und Studenten, die – zumindest noch teilweise – verwurzelt waren in einem Leben, in dem magisches Denken neben all dem neu erlernten Wissen seinen festen Platz hatte? Perry und Eve trugen ihre Utensilien nach vorne, zuletzt den riesengroßen schwarzen Zauberkoffer. Perry führte seine diversen Kunststücke vor, zunächst ähnliche wie bei den Zollbeamten. Fassungslos und stockstill schauten die Schüler zu, wie er da jonglierte, wie Tücher und Federn aus Gegenständen auftauchten, aus denen es logischerweise nicht möglich war. Als Perry merkte, dass eigentlich alle nur versuchten, die „Logik“ hinter seinem Zaubern zu entdecken, änderte er seine Taktik, sein Zaubern wurde zunehmend witziger, verlor ein wenig vom Ernst der Magie. Die ersten erleichterten Lacher ertönten, und Perry legte einen Gang zu. Nun kam der schwarze Zauberkasten ins Spiel, er zerlegte ihn ganz offensichtlich vor unseren Augen, Eve stieg hinein, wurde von eingeschobenen Seitenwänden umgeben. Perry nahm die Seitenwände wieder heraus – Eve war verschwunden. Ein Aufstöhnen ging durch die Studenten und Schüler. Perry drapierte Tücher auf den Kasten, und als er sie wegzog, saß Eve wieder darin. Wie gebannt verfolgten wir alle seine Zauberei, er brachte uns dazu, den Atem vor Spannung anzuhalten, dann wieder schrien wir vor Erleichterung, wenn er „einen Knoten gelöst“ hatte. Am Ende bekam auch er donnernden Applaus, keiner wollte das Ende der Vorstellung wahrhaben, aber für alle war klar, dass sie einen unvergesslichen Nachmittag ganz umsonst erlebt hatten. Gatedai schritt nach vorne, bedankte sich in bewegenden Worten im Namen aller für dieses außergewöhnliche Erlebnis, und wir gingen auseinander, noch ein wenig gefangen in der Welt, in die uns Graham und Perry entführt hatten. Am Abend brachten wir das Künstlervolk nach Madang. Der Abschied war lang und herzlich, wir versicherten einander, in Kontakt bleiben zu wollen – ich hatte ein Stück weit gelernt, dass auch Abschiede ihren Platz im Leben haben, und so glaubte ich gar nicht erst an ein Wiedersehen.


Wenige Wochen später erhielten wir einen Brief von Günna, geschrieben an Bord der Kazakhstan: „Wir haben seit Madang knapp 1000 km zurückgelegt, sind jetzt … Danke noch mal für den wunderschönen Tag in eurem Hause … “ Beigelegt war ein Foto, auf dem Günna zu sehen war, von Graham und Iris eingerahmt, Grahams Bäuchlein war noch etwas gewachsen. Ich habe nie wieder etwas von diesen wunderbaren Menschen gehört, aber meine Schatztruhe kann sich noch gut erinnern an sie.


Noch einen Brief bekamen wir, er kam aus Deutschland und war offensichtlich auf einer altertümlichen Schreibmaschine getippt. Er war adressiert: An das Evangelisch-Lutherische Pfarramt Papua Neu-Guinea, zu Händen Frau … , New Guinea. Wie dieser Brief den Weg zu uns geschafft hat, ist mir noch heute ein Rätsel, aber es gibt ihn, so unglaublich es klingen mag bei der Adressenbeschreibung. Der Schreiber erzählt darin, er habe meine Vorträge genossen, habe aber bei einer Stadtrundfahrt in Madang den Zustand des deutschen Friedhofs „wie einen Schlag ins Gesicht“ empfunden. Ob ich nicht mit zwei, drei, oder vier Einheimischen in ein bis zwei Tagen den Friedhof in Ordnung bringen könne? Auch an das Auswärtige Amt hatte der Mann geschrieben und eine Kopie des Briefes beigelegt, in dem die gleichen Vorschläge zu lesen waren, mit zwei, drei, oder vier Einheimischen ...