Abwechslung

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Wasserbüffel kreuzen den Weg

Nach erledigter Arbeit geht es heimwärts

Buschtrommeln kündigen wichtigen Besuch an

Wir hatten aber auch erfrischende, anregende Besuche. Einmal, an einem Regentag, tauchte vor mir, auf der Veranda stehend, aus den Nebelschwaden wie ein Phantom ein junger Engländer mit einer Herde Wasserbüffel auf. Er erklärte mir, dass er vorhabe, die Tiere nach Madang zu treiben. Er war von der australischen Regierung als Entwicklungshelfer eingesetzt, und sollte im Rahmen eines Projektes feststellen, ob Wasserbüffel für Niugini als Arbeitstiere tauglich seien. David, ein junger, hagerer Mann mit blitzenden blauen Augen, hatte schon Jahre im Busch gelebt, und viel Erfahrung im Umgang mit Einheimischen gesammelt. Er wurde begleitet von zwei Australiern, ebenfalls Entwicklungshelfer für die australische Verwaltung. Am Abend setzten wir uns am Esstisch zusammen und redeten und redeten, wie es – glaube ich – nur Menschen tun können, die eine lange Zeit der Isolation durchlebt haben. Wieder hatte ich Brot gebacken, aber, aus Erfahrung klug geworden, bewahrte ich den Toaster inzwischen in unserem Fliegengitterschrank auf. An diesem Abend saßen nur Experten im Umgang mit Einheimischen am Tisch. Wir verglichen unsere Eindrücke miteinander, uns selbst und einander beim Erzählen kritisch hinterfragend. Stundenlang diskutierten wir die Probleme der Niuginis in der tiefen Überzeugung, diese besser zu durchschauen als alle anderen oder gar sie selbst. Es wurde ein langer Abend, an dem wir Erklärungen suchten, Lösungsvorschläge ausarbeiteten, und uns miteinander und mit den Niuginis tief verbunden fühlten. Keiner von uns nahm an diesem Abend noch eine Dusche, wir sanken gesprächstrunken in unsere Betten.


Beim Frühstück am nächsten Morgen nahm ich wieder den eigenartigen Geruch wahr, der mir schon am Vorabend aufgefallen war. Wir hatten am Morgen nacheinander geduscht, und ich fühlte mich trotz der langen, durchredeten Nacht erfrischt und ausgeruht. Aber dann merkte ich, dass zumindest einer, nämlich Ben, der australische Entwicklungshelfer, nicht geduscht haben konnte. Eindeutig war er es, der diesen sonderbaren Geruch verströmte. David, der mir gegenüber saß, grinste, wie ich auf einmal bemerkte, ganz eindeutig. Gleich nach dem Frühstück schickte er die beiden Australier aus dem Haus, sie sollten nach den Wasserbüffeln sehen. „Nun“, meinte er locker, als die beiden draußen waren – „er duscht äußerst selten, wir sind daran schon gewöhnt. Aber vielleicht kannst du als Frau ja etwas bei ihm erreichen?“ Grimmig entschlossen, wie ich mich fühlte, antwortete ich: „Sei dir sicher, das werde ich – der stinkt ja wie ein Puma!“


Zusammen wanderten wir, nachdem ich mit der Krankenversorgung fertig war, den Berg hinauf zum Begesin-Dorf. Die Mutter von Yagamar hatte über die „Buschtrommeln“ vernommen, dass wir Besuch von Männern mit Wasserbüffeln bekommen hatten, und wollte nun auch ihren Anteil an den Neuigkeiten haben. Wie schon öfter hatte sie am Vormittag eine Nachricht geschickt, und uns zum Essen eingeladen. Der gut halbstündige Weg bergauf in der heißesten Tageszeit ließ uns bald nach Luft japsen, und als wir oben angekommen waren, sanken wir, kaputt und verschwitzt, im Schatten eines Laubbaumes im Gras nieder. Hier oben war es längst nicht so stickig wie unten auf der Station, der kühle Wind traf mich unvorbereitet. Amos, der auf Papas Schultern sitzend gewandert war, sprang fröhlich herum, während wir anderen im Baumschatten ermattet dasaßen. „Siehst du“, meinte David, an eines unserer Gesprächsthemen vom Vorabend anknüpfend, „so einfach lässt sich das mit dem animistischen Denken deuten. Wir sind hier heraufgestiegen, sind atemlos und verschwitzt, und nun trifft uns diese kühle Brise. Lass uns nur noch eine Erkältung einfangen, schon könnten wir sagen: in diesem Baum hier wohnt ein böser Geist oder es ist ein schlechter Baum, weil er uns krank gemacht hat“. „Ohja“, spann ich den Faden weiter, „dann sehen wir da drüben im Busch einen Dorfbewohner verschwinden, der vielleicht etwas gegen Weiße hat und nichts mit uns zu tun haben will – und schon ist das der böse Geist des Baumes, der sich verstecken will“.