Teilzeitgast

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Aufregendes Segeln

Amos kommt in den Ferien zu Besuch

Postkarten von einer Segelrundfahrt

Amos kam in der Trockenzeit zu den kurzen Ferien, es wehte eine kräftige Brise vom Meer, als Lawrence uns zu einem besonderen Spektakel einlud: wir sollten auf seiner Jacht Spinnaker fliegen. Das Boot ankerte in der Bucht, und Lawrence befestigte an den Seiten des Bugs mit Schoten ein buntes großes Segel in der Form eines Ovals. Er schlang die beiden Schoten zu einer Schlaufe, in der sich jemand einhängen konnte, und stellte uns an, die Taue jeweils von beiden Seiten zu lenken. Er erklärte uns, bei einem nichtverankerten Boot würde der von achtern kommende Wind das Boot durch das geblähte Spinnakersegel vor sich hertreiben, das Segel würde die Jacht wie ein Zugpferd durch die See ziehen. Begeistert waren Janna und Amos dabei, sich breitbeinig in die Seile zu stellen, wobei sie sich beidseitig mit den Händen festhielten. Wenn der Wind von achtern kam, hob er sie im ballonartig geblähten Spinnaker hoch, hoch, hoch. Wir an den Schoten mussten als Ausgleichende rechts oder links ziehen, wenn dann die Brise nachließ, sanken sie, Lustschreie von sich gebend, zurück ins Wasser. Ein wiederaufkommender Wind ließ sie erneut aufsteigen; wir lenkten die Schoten so lange wie möglich, bis sie im Abflauen des Windes langsam im warmen Wasser des Pazifiks versanken. Es wurde ein langer Tag des Lustfliegens, wie immer unterbrochen von köstlichen Gerichten, die Charlotte servierte. Ihr Rezept eines Avocadodips, den sie „Free Bird Dip, ausnahmsweise nicht alkoholisch“ nach ihrer Jacht nannte, genieße ich noch heute.


Die beiden flogen nach England in Urlaub und baten uns, ihre Jacht während der vier Wochen ihrer Abwesenheit zu hüten. Wir übernahmen diese Aufgabe gerne, denn inzwischen waren auch Roswitha und Jochen von ihrem Heimaturlaub zurück, so dass die entstandene Lücke durch die Abwesenheit unserer neu gewonnenen Freunde nicht so schmerzhaft war, wie erwartet. Aus England kam bald eine Karte, auf der stand: „Wir genießen einen ziemlich nassen englischen Sommer! Wir haben unsere Visa für Niugini für zwei Monate per Telex erneuert bekommen. Hoffentlich ist bei euch alles in Ordnung und Gabi arbeitet nicht zu schwer in ihrem Gästehaus. Dies ist eine Postkarte von meinem Heim. Charlotte und Lawrence“. Auf der Rückseite der Karte war ein wunderschönes, verschnörkeltes Schloss mit von Zinnen umrahmten Türmen im Tudorstil in einer Luftaufnahme abgebildet, im Hintergrund ein Tennisplatz und ein Swimming Pool.


Wir blickten einander an: „Toll, so natürlich und herzlich kann also eine englische Lady sein!“ Bei ihrer Rückkehr erzählte Charlotte von ihrem Vater, der ein typischer Landlord sei. Er sei mit einer Postkarte von den Palauinseln, die sie ihm von ihrem Segeltörn geschickt hatten, zu seinem Postamt gegangen, um zu fragen, wo um Himmels Willen Palau sei. Da auch der Postbeamte auf seiner Weltkarte Palau nicht hatte finden können, hatte ihr Vater kurzerhand beschlossen, es gebe keinen Ort auf der Welt, der Palau hieße. Als Charlotte und Lawrence später weitersegelten, vermissten wir ihre erfrischende, überaus herzliche Art lange, aber wir hörten nie wieder etwas von diesen beiden besonderen Menschen. Die Erfahrung solch kurzfristiger, dennoch intensiver, herzlicher Kontakte, ist ein Umstand, mit dem ich bis heute nicht recht umzugehen weiß, obwohl ich sie in Niugini oft gemacht habe.


Xxx Anmerkung: s. http://en.wikipedia.org/wiki/Belvoir_Castle, http://www.hiddenengland.org/belvoir.asp, http://www.castlegate.net/CASTLES/BELVOIR