Entspannung

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Paradiesische Ausblicke

Unsere Insel als Erholungsort

Herumblödeln auf Englisch, endlich klappt es!

Am Samstag kochten wir in Gemeinschaftsarbeit zusammen ein Abendessen, das bis in die kleinsten Details gelungen war, nur Roswitha und Jochen, die beiden absoluten Genießer, fehlten mir dabei. Marians Krautsalat mit viel Knoblauch, den er mit einem Teller und einer wassergefüllten Schüssel beschwert „ziehen“ ließ, habe ich von da an oft nachgemacht. Am Sonntag fuhren wir, mit Körben beladen, nach Sinub, und die Vierergruppe hatte offene Augen für die Schönheit, die „unsere“ Insel zu bieten hatte. Sie spielten, tauchten, schnorchelten mit unseren Kindern, sie waren so reich an Sprache, an Aufnahmefähigkeit für die Besonderheiten dieses Landes, das Zusammensein mit ihnen war ein reines Lusterlebnis. Als sie abreisten, habe ich ihnen hinterhergetrauert, als seinen sie die letzten Menschen auf der Welt gewesen.


In Nagada trafen wir oft auf „Yachties“, die in der Bucht ankerten. Sie machten dort für einige Wochen zum Ausruhen Halt, bevor sie ihre Weltumsegelung fortsetzten. Oft trafen wir uns am Strand zum Grillen. Sie erzählten abenteuerliche Dinge, die sie auf ihren Reisen erlebt hatten. Sie waren eine wahre Bereicherung unseres Lebens. Die Frauen waren meist pragmatische, zupackende Personen, die auch unter schwierigen Bedingungen ihren Humor nicht verloren, von ihrer Art ganz an Außenstationsfrauen erinnernd. Wir kamen einmal mit einem sehr interessanten Paar ins Gespräch, und wurden, nachdem wir uns einige Male am Strand getroffen hatten, auf ihre Jacht eingeladen. Charlotte und Lawrence waren die schillerndsten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Charlotte sprach ein Englisch, das sie sofort als Zugehörige der Oberschicht auswies, Lawrence dagegen sprach wie ein Londoner Cockney, etwa vergleichbar mit dem australischen Akzent.


Wir verbrachten mit den beiden unvergessliche Tage, segelten mit ihnen zwischen den Inseln herum und gingen vom Boot aus schwimmen. Charlotte besorgte die Küche an Bord für uns alle. Nach wenigen Wochen schien es mir, als seien wir schon seit Ewigkeiten befreundet. Bei unseren Segeltouren fing Lawrence oft Fische, die wir dann auf einer der unbewohnten Inseln grillten. Als besonders schmackhaft habe ich einen Fisch in Erinnerung, den er liebevoll „Süßlippe“ nannte. Einmal holte ich Charlotte zum Einkaufen ab, Lawrence stakte sie im Dingi vom Ankerplatz zum Strand, reichte ihr beim Aussteigen galant die Hand, und sie sagte würdevoll, als spreche sie mit ihrem Butler: „Thank you, James, well done.“


Die beiden besuchten uns auch in Amron und waren begeistert von unserem baum- und strauchbestandenen Garten. Wir verbrachten regnerische Nachmittage auf der Veranda, und lernten durch sie, auch auf Englisch herrlich herumzublödeln. An einem dieser Nachmittage, als ich sie gerade in Nagada abgeholt hatte, geschah gleich nach dem Betreten des Hauses das Unfassbare: die Erde bebte. Wir befanden uns neben unserem Bambusregal, als etwas wie eine Welle durch das Haus wogte. Alle Gegenstände neben uns gerieten in Bewegung, das Bambusregal knirschte und ächzte, ein Blumentopf fiel herunter, aus der Küche hörte ich Geschirr klirrend aufschlagen, das ganze Haus bebte. Es schien, als bäumte es sich auf – wir blickten einander voller Panik an. Michael rief mir zu, notfalls sollten wir alle unter den großen schweren Esstisch kriechen, doch ich blieb bewegungslos, wie erstarrt stehen. Ich fühlte mich wie in einem dieser schrecklichen Träume, in dem ich die Gefahr näherkommen sehe, aber unfähig bin, mich von der Stelle zu rühren. Die Wellen gingen langsamer durch das Haus, nach und nach verebbten sie wie Wasser im Sand. Als es vorbei war, konnten wir uns endlich wieder bewegen, die Starre fiel von uns ab. Wir fielen einander in die Arme, die Worte kamen zurück, und einander übertönend, sprudelten wir alle heraus, wie wir uns gefühlt hatten. Sicher hatte das Erdbeben nur wenige Minuten gedauert, jedem von uns war es aber wie eine gelähmte Ewigkeit erschienen. Ich erzählte, wie Mama Aisaip uns bei einem Besuch das große Erdbeben in Begesin geschildert hatte, einige Jahre nach unserer Abreise ereignet. Da hatte nicht nur die Erde gebebt, sondern sie war klaffend meterweise aufgerissen und hatte ganze Häuser zusammen mit ihren Bewohnern verschluckt. Im Vergleich dazu waren wir – von einigen zerbrochenen Gegenständen abgesehen – mit einem Schrecken davongekommen.