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Normannisches Sizilien

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Die Normannen auf der Insel

Vielsprachig und liberal

Blütezeit unter Roger II.

Den Normannen verdankte Sizilien ein einheitliches Verwaltungssystem und die Tatsache, dass verschiedene Völkerschaften (Latiner, Araber, Griechen, Normannen usw.) sowie Religionen unter einen Hut gebracht wurden. Sogar die Lehnsherren, Baroni genannt, wurden zumeist einer strikten Kontrolle unterzogen. Während seiner fünfzehnjährigen Herrschaft (1086-1101) erwies sich Roger I. als ein für damalige Verhältnisse duldsamer Herrscher, zumindest im Umgang mit den auf Sizilien verankerten griechischen, römischen und arabischen Religionen bzw. Traditionen. Und so flossen in der Baukunst arabisch-byzantinische und normannische Stilelemente symbiotisch ineinander. Eines der besten Beispiele für die Vermischung der Kulturen ist die Kirche La Martorana in Palermo.

Zurück zur Chronologie der Ereignisse: Graf Roger I. folgt – logisch! – König Roger II. (1101-1154), der die Insel 1130 mit seinen unteritalienischen Besitzungen zum Königreich Neapel vereinigt. In Troina hatte Roger auch seine dritte Frau Adelasia, eine Langobardin, geheiratet, die nach dem Tod ihres Mannes geschickt das Reich verwaltete und die beiden unmündigen Söhne aufzog, von denen der eine aber früh verstarb. Mit siebzehn Jahren übernahm Roger II. die Krone, und zweiundvierzig Jahre dauerte seine Herrschaft. Er gilt als weisester, liberalster und tüchtigster aller normannischen Führer. Roger II. steigerte den Wohlstand Siziliens, indem er den Handel mit arabischen Ländern und den europäischen Küstenstädten förderte.

Der große arabische Geograph Ibn Idrisi (oder Idrissi, Edrisi) preist ihn mit den Worten: »Er macht aus unfruchtbarer Dürre üppige Gärten und blühende Gefilde«. Ein hohes Lob in Anbetracht der Tatsache, dass die Generation zuvor noch land- und beutegierig auf der Insel eingefallen war und sie mit Krieg überzogen hatte (Idrisis Name fiel übrigens Ende 1994 des öfteren in der Auseinandersetzung um die in der »Grote Mandränke« von 1362 untergegangene, sagenumwobene Stadt Rungholt bei der Hallig Südfall nahe Sylt, die der Bremer Kunsthistoriker H.P. Duerr nach dessen Karte entdeckte).

Rogers größtes Verdienst lag in der Anerkennung der Eigenheiten der unterschiedlichen Bevölkerungsteile von Ureinwohnern, Griechen, Sarazenen, Albanern und Normannen sowie der Verwirklichung einer verhältnismäßig freien Gesellschaftsordnung, wo ein jeder seine Heimstatt finden sollte. Die Normannen parlierten noch Französisch, aber Hofkanzlei und Verwaltung waren dreisprachig, und wichtige Dokumente waren auf Griechisch, Latein und Arabisch verfaßt. Welch Gegensatz gegenüber späteren christlichen Herrschern, die alles »Heidnische« – Wissenschaften, Religion und Architektur – unterdrücken und mit Feuer und Schwert auszumerzen suchten! Arabische, jüdiche, griechische Bedienstete, Berater, Gelehrte, Mediziner, Beamte und Künstler waren am Hof tätig. Sizilien erlebte eine beispiellose zweite kulturelle und wirtschaftliche Blüte.