Malaria

Body: 

Krankheit überstanden

In freudiger Erwartung

Leben wie im Zeitraffer

Die bilums, die Netzsäcke, die von den Frauen im Hochland hergestellt wurden, waren viel größer als die der Küstenfrauen und die Farben hatten etwas Erdiges, Zweckgerichtetes. Die Menschen hier schienen mir härter, direkter, verschlossener. Ich konnte nun viel leichter nachvollziehen, wie es dazu hatte kommen können, dass sich in diesem Land über 750 Sprachen entwickeln konnten. Die schroffe Berglandschaft hatte die Menschen stärker gezeichnet als die sanfte Küstengegend es wohl vermochte.


Als wir uns von Astrid und Joachim verabschiedeten und zurück nach Begesin flogen, hatte ich ein paar Kilo zugenommen und wieder Augen gewonnen für die Welt, die mich umgab. Ich begrüßte unsere Station voller Freude als mein Zuhause. Nach einigen Wochen stellte ich beglückt fest, dass ich wieder schwanger war, und flog nach Madang, um mir im Yagaum Hospital meine Schwangerschaft bestätigen zu lassen.


Wie immer übernachtete ich bei Ulrich und Helga und berichtete Michael überglücklich per Funk vom Ergebnis der Untersuchung. Dass die ganze Mission mithören konnte, war mir völlig egal. Danach feierte ich mit Helga und Ulrich das Ereignis in einem chinesischen Lokal, was für uns etwas ganz Außergewöhnliches war. Aber, kaum zurück in Begesin, überkam mich wieder die verflixte Malaria, womit der ganze Jammer mich von vorne einholte.


Dann ging alles sehr fix. In meiner Erinnerung sehe ich die nächsten Wochen wie einen im Zeitraffer abgespulten Film. Als ich Ende des dritten Schwangerschaftsmonats war, flogen wir nach Madang zu Einkäufen. Im Lutheran Supply House spürte ich plötzlich, wie warmes Blut meine Beine hinabfloss. Erschrocken schluchzte ich: „Oh nein, ich darf dieses Kind nicht auch noch verlieren!“, Michael bekam von einer mitleidig schauenden Verkäuferin ein Handtuch, das ich mir zwischen die Beine klemmte, und wir eilten zum Auto.


Wir fuhren zum Haus von Helga und Ulrich, ich wusch mich, zog mir frische Kleidung an, und so schnell, wie es die Schotterstraße erlaubte, brachte Michael mich nach Yagaum. Bei der Untersuchung dort konnte man nichts feststellen, was auf einen Abgang deutete – ich war schließlich frisch gewaschen – und der sicherlich überspannten jungen Frau wurde mitgeteilt, sie könne unbesorgt nach Begesin zurück fliegen. Aber Helga hatte im Badezimmer meine blutige Wäsche gesehen und bestand darauf, dass ich im Madang Hospital nochmals untersucht werde. Dort stellte man die entscheidenden Fragen. Ich erzählte, wir müssten in Begesin einen Hügel hinunter, durch einen Fluss waten, einen anderen Hügel hinauf – sie gaben mir ein Beruhigungsmittel und ich bekam strikte Bettruhe verordnet. Michael schickte von Madang aus ein Telegramm an meine Mutter und flog mit Amos zurück nach Begesin.

Von da an lag mein Schicksal in den Händen meiner energischen Mutter, die alle Hebel in Bewegung setzte, damit ihre Tochter nach Deutschland in Sicherheit ausfliegen durfte. Sie wandte sich an den Pfarrer ihrer Gemeinde, der vorher ebenfalls als Missionar in Niugini gelebt hatte. Er telefonierte mit dem Missionswerk und schilderte dort den Ernst meiner Lage. Durch seinen Einsatz beharrte die Mission nicht auf Erfüllung des Vertrags, nach dem wir sechs Jahre in Niugini hätten bleiben sollen.


Nach dem Krankenhausaufenthalt wohnte ich noch vier Wochen bei Heiner und Hetta in Amron, einer Küstenstation mit Straßenanbindung nördlich von Madang. Noch nie habe ich so viel gelesen, wie in diesen Wochen, die ich in der Hauptsache im Liegen verbrachte. Dann war alles organisiert. Michael teilte mir über Funk mit, ich solle noch für zwei Tage nach Begesin kommen, es werde alles für eine Abschiedsfeier vorbereitet, danach würden wir nach Deutschland fliegen.


Die letzte Ankunft in Begesin erlebte ich wie im Traum, Amos flog mir in die Arme, Michael nahm den Weg zum Haus mit unserem fröhlich plappernden Sohn auf den Schultern im Schneckentempo. Der Hügel mit Kunaigras lag in der brütenden Mittagsluft vor uns, wir schritten ihn hinunter, durchwateten den seichten Ujapan und wanderten den anderen Hügel hinauf. Beim Betreten des Hauses weinte ich vor Glück in dem Bewusstsein, mein ungeborenes Kind noch, und mein geborenes wiederzuhaben. Michael servierte stolz ein selbstgekochtes Mittagessen und berichtete ausführlich von den Wochen, die er alleine mit Amos verbracht hatte, Amos steuerte seine Erlebnisse bei – wie sehr genoss ich es, wieder bei meiner Familie zu sein.