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Demokratie

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Demokratisierung in kleinen Schritte

Bevölkerung reif für Verfassungsreform

Staat ist kein Vater mehr

Zunächst Schüler an französischen Militärschulen in Saint-Cyr und Châlons-sur-Marne, schließt der junge brilliante Offizier Ben Ali, der übrigens wie Bourguiba aus dem Sahel stammt, seine Ausbildung in den Vereinigten Staaten ab. Als Spezialist für militärische Geheimdienste dient er von 1958 bis 1974 der tunesischen Regierung und wird schließlich zum Botschafter seines Landes in Marokko berufen. Bourguiba benötigte seine Hilfe alsbald jedoch wieder in der Heimat, wo er dem von der »Union des travailleurs« angeführten Aufruhr im Volk entgegentreten soll. Ben Ali sollte auch die Aufgabe zuteil werden, im Januar 1984 die ausgebrochenen sogenannten »Brot-Unruhen« blutig zu unterdrücken. Bourguiba plazierte ihn an die Spitze des militärischen Geheimdienstes, ernannte ihn zum Innenminister und schließlich Anfang 1987 zum Premierminister.

Seit seiner Präsidentschaft verfolgt nun Ben Ali eine »Demokratisierung der kleinen Schritte« und verkündet, dass der »Pluralismus nicht nur eine theoretische Möglichkeit darstellt, sondern dass an ihm angesichts des hohen Reifegrades der tunesischen Bevölkerung kein Weg mehr vorbeiführe«. Anläßlich des dreißigsten Jahrestages der Republik 1988 verkündet Ben Ali eine Verfassungsreform und schafft unter anderem die Präsidentschaft auf Lebenszeit sowie die im Todesfall vorgesehene automatische Amtsnachfolge des Premierministers ab.

Nach und nach verschwindet die Handschrift Bourguibas zugunsten derjenigen des neuen Präsidenten. Sogar die Bronze- und Steinstatuen werden abgebaut, einschließlich jener, die Bourguiba zu Pferde in natürlicher Größe am Beginn jener Avenue in Tunis zeigt, die seinen Namen trägt. Fragt sich bloß, wie lange noch. Vorbei sind die Zeiten, wo Bourgiba im Fernsehen als Sandmännchen auftrat, um den Kindern Gute-Nacht-Geschichten zu erzählen und sein Bild täglich auf der ersten Seite der Zeitungen erschien. Ein klarer Fall von Mißbrauch der Massenmedien zu Zwecken des Machterhalts? Wer wird denn so streng urteilen. Bourgiba glich eher einem allzu besitzergreifenden Vater.