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Geschichte Afrikas

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Geschichte Afrikas


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Von 1800 bis zur Gegenwart, Schöningh UTB Verlag 2004, 376 Seiten, 18,90 EURO, Autor: Christoph Marx

Wissenschaftliche Bücher haben in erster Linie den Anspruch wissenschaftliche Leser zu bedienen und so sind einige der sonst üblichen Rezensionsmechanismen der Literaturbegutachtung hinten an zu stellen. Für die Betrachtung des Werkes von Christoph Marx wendet sich der Kritikerblick also nüchtern und wissensorientiert auf einen historisch gefärbten Horizont, im Expliziten auf den des Kontinents Afrika und dessen Geschichte der letzten zweihundert Jahre.

Das dies ein großes und schwieriges Unterfangen ist, muß der Autor nicht notwendigerweise in seiner Einleitung erwähnen, er tut es aber dennoch und es wird auch dem Letzten klar, dass Geschichte, noch dazu die von 52 Territorialstaaten – so der Blick aus dem 21. Jahrhundert – sowie unzähligen Religionen, Kulturen und Ereignisse nicht mal so eben auf 376 Seiten abgehandelt werden kann. Der Autor muß diesen Kontinent, auf dem heute fast ein Drittel der Bevölkerung an der Armutsgrenze oder darunter lebt, selektieren und kategorisieren, will er überhaupt neue wissenschaftliche Ansprüche geltend machen.

Diese werden in der Einleitung deutlich und bereits hier fällt es schwer den eben erwähnten, nüchternen Wissenschaftsblick beizubehalten. Schließlich sind die ersten Seiten dieses Werkes ein blumiges, humanistisches Plädoyer für eine völlig andere Betrachtungsweise der afrikanischen Geschichte der Neuzeit. Der Autor wehrt sich vehement gegen die immer noch vorherrschende eurozentrische Sichtweise, mit Geschichtseinteilungen à la Vor-, Während- und Nachkolonialismus. Sowie der Exklusiv-Betrachtungen von Südafrika bzw. dem islamischen Norden.

In diesem Buch soll die Geschichte Afrikas endlich aus afrikanischer Sicht erzählt werden. Wow! Da kommt echte Freude auf und bis dato verborgene Vorstellungen vom urafrikanischen Dasein werden für den Forscher scheinbar erstmalig zugänglich. Nicht mehr diese ewige Einteilung, welches Land von welchem Staat wie ausgebeutet und terrorisiert wurde und in welchem Jahr die Unabhängigkeit erreicht wurde. Nicht mehr diese immer gleichen Geschichten von Deutsch-Südwest-Afrika („Protektoratszone“) und den Engländern in Ägypten. Genug vom französischen Kolonialstaat und Siedlerstrategien am Kap Horn. Nicht von außen nach innen soll der Blick gehen, sondern im innersten Keim beginnen. Was für eine Vorwegnahme, und was für ein seltsames Gefühl, als dann in der Einteilung des Buches genau das passiert, was in der Einleitung kritisiert wurde, nämlich eine Dreiteilung des Buches in Vor-, Während- und Nachkolonisationszeiten.

Das passiert zwar unter anderem Namen (I: Expansion, II: Lebenswelten unter kolonialer Herrschaft und III: Brüche und Kontinuitäten), doch das Ergebnis in das Gleiche. Um noch direkter zu werden: Marx bemüht sich so sehr anti-eurozentrisch zu sein, dass er nichts anderes sein kann als eurozentrisch. Und siehe da, im Buchband wird er als Professor für außereuropäische Geschichte tituliert. Aber Vorsicht! Hier kommt keiner daher, der, wie Siedler und Kolonisatoren es auf eben diesem schwarzen Kontinent gemacht haben, ausbeutet und sich bei Gefahr hinter seinen Gewehren versteckt. Nein, er bezieht unmissverständlich und deutlich Stellung zu Themen wie Sklavenhandel, Militärgewalt und weiteren unzähligen Verbrechen der Kolonisatoren. Er hält ebenso Wort, wenn er versucht den Kontinent als Ganzes zu begreifen und zu beschreiben und serviert verständlich, auch für Nichthistoriker, Fakten wie Patronage, Jihad-Reiche, Einwanderung und Kolonialkriege, die dem Leser genau das verschaffen, was er mit so einem Werk haben will: nämlich einen Überblick. Da dieser dazu äußerst aktuell ist, dürfen, ja müssen(!), alle Afrika-Interessierten (und –Historiker sowieso) zugreifen. Und die afrikanische Geschichte aus afrikanischer Sicht wird bestimmt an anderer Stelle von afrikanischen Historikern erzählt.

MG

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