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Geographie

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Italiens günstige Lage

Auffrischung des Erdkundeunterrichts

Po-Ebene und Alpen bilden das Scharnier zwischen der Apenninhalbinsel und dem europäischen Festland. Da sich der italienische Stiefel weit nach Süden vorwagt, bildet er ein Bindeglied zwischen Orient und Okzident, zwischen Europa und Afrika.

Wie es eine derart exponierte geographische Lage eben mit sich bringt – besonders Venedig und seine fleißigen Bürger wußten diese in klingende Münze zu verwandeln – war es Italien selten vergönnt, sich in seiner kulturellen und wirtschaftlichen Günstlingsrolle selbstvergessen zu spiegeln: vor uns Sommerurlaubern fielen regelmäßig kriegerisch gesinnte Eroberer ins Land ein. Wie sollte man auch 8500 km Küste im Auge behalten und zugleich den Germanenhorden im Norden wehren?

Nicht zu vergessen jenes Hindernis, das die langgestreckte Gestalt Italiens für den Austausch zwischen dem reichem Norden und dem armem Süden bedeutet.

Oberflächengestalt und Großräume

Der Waren- und Ideenaustausch zwischen beiden Enden des »Stiefels« gestaltete sich jahrhundertelang deshalb so schwierig, weil die Oberflächengestalt Italiens mit jener Hollands so herzlich wenig gemein hat. Die Straßenbauer nahmen die Herausforderung an und durchzogen das Land mit Fernstraßen und Autobahnen. Nun rollen die Brummis zwar ungehindert von Nord nach Süd und wieder retour, verfrachten dänische Butter nach Sizilien und sizilianischen Käse nach Holland; die Herzen der Menschen jedoch vermochten sie einander nicht näherzubringen. Zurück zum Relief: Gebirgszüge und Hügelland lassen den Ebenen selten Raum: letztere bedecken nicht einmal ein Viertel der Landesfläche.

Der politischen Zersplitterung, vom Zusammenbruch Roms bis Anno 1860 der Normalfall, entspricht die Zersplitterung der Oberflächengestalt. Manch einer geht soweit, ersteres mit letzterem zu erklären, vergißt dabei allerdings, dass Rom sehr wohl die Einheit Italiens herzustellen wußte und sogar ein ungleich größeres Imperium befriedender Weise unter seine Fittiche brachte. Mag die Geographie des Landes auch noch so sehr an einen Flickenteppich erinnern, wer seine Nase in den Atlas steckt und seine Augen aufsperrt, wird sich bald zurechtfinden. Die geographische Vielfalt läßt sich nämlich auf vier Großräume beschränken: die Alpen, die Po-Ebene, den Apennin samt Randlandschaften und die Inseln.

Italienische Alpen: im Nordwesten und Norden sorgt die Alpenkette für eine natürliche Begrenzung Italiens. Sie beschreibt einen weiten Bogen von Ligurien bis Friaul bzw. Julisch Venetien. Die Westalpen wachsen wegen weitgehend fehlender Vorberge unvermittelt bis auf 4000 m über der Po-Ebene empor. Im Unterschied dazu treten die Ostalpen nicht in unmittelbaren Kontakt mit der Ebene: Vorgebirge wie die Vicentiner und Venezianer Alpen mildern den Übergang zum mächtigen Dolomiten-Massiv. In diesem gut erschlossenen und im Sommer problemlos zu durchquerenden Bereich bilden langgezogene Seen die Hauptattraktion für Erholungssuchende: Lago Maggiore, Comer See, Gardasee usw.

Po-Ebene: die fruchtbare oberitalienische Ebene, mit ausreichend Niederschlägen gesegnet, beschreibt auf über 50.000 km² ein ausgedehntes Dreieck und fällt häufig unter die 200 m-Höhenmarke. Auf den ersten Blick mutet sie monoton an, läßt ihren Abwechslungsreichtum aber bald erkennen. Macht man sich in Turin auf nach Venedig, immer in östlicher Richtung, passiert man zunächst Hügel und Terrassen, durchquert dann die Schwemmlandebene des Etsch (Adige), Reno und Po, bis man schließlich die flache, 250 km lange Adriaküste erreicht.

Apennin und Randlandschaften: der Apennin nimmt am Ligurischen Golf seinen Anfang und erstreckt sich über 1200 km in Nord-Süd-Richtung. Dieses aufgefaltete Rückgrat der Halbinsel erweist sich für all jene als natürliches Hindernis, die sich von den parallellaufenden Hauptverkehrswegen entfernen. Die Höhenmeter des Faltengebirges sind nämlich nicht zu unterschätzen: fast 3000 m erreichen die wild zerklüfteten Karstmassen der Abruzzen, während ansonsten eher sanfte Formen vorherrschen. Dies- und jenseits des Apennin schließen sich mittelgebirgsartige Hügellandschaften und kleine Ebenen an, Anti-Apennin genannt.

Inseln: wer sein Herz an das insulare Italien verloren hat, wird von Reggio di Calabria aus über die Straße von Messina übersetzen. Chronisch Seekranke warten bis heute darauf, dass ein Tunnel oder eine Brücke Sizilien endlich mit dem Festland verbinden möge. Seit 1955 ist eine Landverbindung in Planung, man wappne sich also noch ein wenig mit Geduld. Bis dato hat die staatliche Planungsgesellschaft Stretto di Messina übrigens schon umgerechnet 75 Million € verbraten. Sardinien eines schönen Tages trockenen Fusses erreichen zu können, schlagen wir uns besser aus dem Kopf: zwischen der Insel und dem italienischen Festland liegen etliche Seemeilen zuviel. Hier wie überall herrschen Gebirge und Hügelland vor.