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Die Neunziger

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20. Jahrhundert

Fußball-WM 1990 bis Kommunalwahlen 1993

Politik auf dem Vormarsch

1990: Fußballweltmeisterschaft in Italien; die Tifosi müssen sich mit Platz drei begnügen.
1991: Der Skandal um die geheime Nato-Truppe Gladio erschüttert das Land. Der Geheimbund soll u.a. an Gewaltaktionen von Extremisten beteiligt gewesen sein.
1991: 20.000 Albaner versuchen auf einem Frachter über apulische Häfen nach Italien einzureisen. Die italienischen Behörden, von den Ereignissen überrollt, verbringen die Flüchtlinge in ein Stadion und schieben sie ab.

Umbenennung der Kommunistischen Partei Italiens (PCI) in Demokratische Partei der Linken (Partito democratico della Sinistra, PDS).

April 1992: Die Italiener erleben bei den Parlamentswahlen den Aufstieg der rechtspopulistischen Autonomistenliga Lega Lombarde (Lega Nord), stärkste politische Kraft in Mailand und eine der bedeutendsten in Norditalien. Der Mezzogiorno (Süditalien) wird im Parteiprogramm pauschal für die Misere des Landes verantwortlich gemacht - neben Flüchtlingen und Zuwanderern, wie es dem einfachen Denkmuster der Rechtsparteien entspricht - und als wirtschaftlicher Klotz am Bein des reichen Nordens angeprangert. Rücktritt des Präsidenten Cossiga, dessen Amt mehrere Monate lang unbesetzt bleibt.
Die spätere Ermordung der Richter Falcone und Borsellino in Palermo beweist, dass die mit den höchsten politischen Ämtern verquickte Mafia vor nichts zurückschreckt und weiter die Geschicke des Landes lenkt.
30.5.1992: Bombenattentat im palermitanischen Vorort Capaci auf Italiens prominentesten Mafia-Jäger, Giovanni Falcone.
Juni 1992: Beilegung des Südtirol-Konflikts durch formelle Anerkennung der Durchführungsbestimmungen des Autonomiestatuts von 1972 durch Österreich. Dennoch wird auf manchen Autos das amtliche I zu einem "I bin a Südtiroler" ... Für einen Italiener will man nicht gehalten werden.
Aug. 1992: Verabschiedung eines Anti-Mafia-Gesetzes, das die Festnahme verdächtiger Personen und die Verwendung von Beweismitteln erleichtert sowie Vergünstigungen für Kronzeugen und höhere Strafen für Politikerbestechung vorsieht.
19.7.1992: Die Mafia tötet den Richter Borsellino.
Sept. 1992: Ein historisches Reformprogramm unter dem Sozialisten Giulio Amato sieht erhebliche Einschnitte ins soziale Netz Italiens vor: Erhöhung der Steuern, Einfrieren der automatischen Lohnanpassungen im öffentlichen Sektor an die Inflation (»scala mobile«), Abschaffung der meisten kostenlosen Gesundheitsleistungen, Erhöhung des Rentenalters auf 65 Jahre usw.

Italien steckt in erheblichen gesellschaftlichen und sozialen Turbulenzen. Gleichzeitig verspielen die etablierten Parteien wegen ihrer Verstrickung in unendliche Finanzskandale den Rest an Glaubwürdigkeit, was die Lombardische Liga für ihre Zwecke ausnutzt.

Ausscheiden der italienischen Lira aus dem festen Wechselkursmechanismus des EWS.

1993: Die seit 23 Jahren polizeilich gesuchte Nummer eins der Mafia, Salvatore Riina, wird im Mai gefasst, gefolgt von der Nummer zwei, Nitto Santapaola.

Hunderte von Politikern stehen unter Korruptionsverdacht, darunter Bettino Craxi und große Teile der Democrazia Cristiana. Dem bekanntesten Politiker des Landes, Giulio Andreotti, werden »mafiose« Aktivitäten angelastet. Italien entpuppt sich aufgrund fehlender Kontrolle der Macht als Scheindemokratie und steht zu allem Übel auch noch vor dem Bankrott.
18.4.1993: Volksentscheid über ein neues Wahlrecht; die Italiener stimmen mehrheitlich für die Einführung des Mehrheitswahlrechts und damit für eine »friedliche Revolution«.

Das für die Mafia bisher günstige Klima wandelt sich: Nach einer Attentatsserie werden hunderte Mafiosi eingesperrt, woraufhin die Mafia auf Konfrontationskurs mit dem Staat geht: Anschläge auf die Uffizien in Florenz sowie auf San Giovanni in Laterano und San Giorgio al Velabro in Rom sollen den Staat endgültig destabilisieren.

Es gibt eine Serie von Selbstmorden unter Korruptionsverdacht geratener italienischer Industrieller.
Herbst 1993: Sintflutartige Regenfälle setzen weite Teile Oberitaliens buchstäblich unter Wasser. Besonders betroffen sind u.a. das Aostatal, der Lago Maggiore und die Toskana. Die Flutschäden sind allerdings eher Ergebnis eines anhaltenden Raubbaus an Böden und Wasserläufen.

Neue Ungereimheiten in der Affäre Aldo Moro belasten den früheren Ministerpräsidenten, Chef der Christdemokraten und ehemaligen Premierminister Giulio Andreotti.

Bei den Kommunalwahlen setzen sich Kandidaten der aus der KPI hervorgegangenen, linksdemokratisch gewandelten PDS (Partei des demokratischen Sozialismus) bei Stichwahlen in den Großstädten Rom, Neapel, Genua und Venedig gegen die Neofaschisten der MSI und die Vertreter der Altparteien durch. In Neapel z.B. muss sich die Duce-Enkelin Alessandra Mussolini mit 44 % der Stimmen geschlagen geben, in Rom siegt der von der PDS geförderte Grüne Francesco Rutelli. Dieser verkündet im Herbst 1994 den Plan, im römischen Stadtteil Pietralata einen Wolkenkratzer (eine Meile hoch; 1,6 km; Empire State Building 381 m) bauen zu wollen, um alle Ministerien zusammenzufassen.