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Weine Norditaliens

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Weine Nord- und Mittelitaliens

Weinerzeugung, edle Tropfen

Der Italiener ist ein großer Weintrinker und konsumiert mit Leichtigkeit seine 120 Liter pro Jahr, auch wenn es sich nicht immer um Kredenzen erster Wahl handelt. Nicht genug, dass er 1964 zum ersten Weinproduzenten der Welt avancierte, mußte er auch noch 1967 den Franzosen den honorigen Titel des größten Weinkonsumenten streitig machen!

Der Jahrgang einer Flasche spielt selbst bei höherwertigen Weinen keine Rolle. 1963 führte Italien gesetzlich abgegrenzte Anbaugebiete an, vergleichbar unseren Herkunftsbezeichnungen bei QbA-Weinen: DOC (Delimitazione di Origine Controllata) und DOCG (Delimitazione de Origine Controllata e Guarantia). Weine der letztgenannten Kategorie sind edle Tropfen, keine Massenware und entsprechend teuer. Der italienische Weinbau zählt zweihundert DOC-Anbaugebiete und 3822 Lagen. Anbaugebiete finden sich übers ganze Land verstreut.

Da die regionale Zuordnung recht großzügig gehandhabt wird, dürfte man die wirklich edlen Weine stets in der Nähe ihres ursprünglichen Anbaugebiets vorfinden. Ein wenig komisch wird man angeguckt, wenn man z.B. in Venedig einen Frascati verlangt oder in Neapel einen Valpolicella. Der lokale Tropfen paßt zu den regionalen Spezialitäten aber auch wirklich besser. In allen Städten, unabhängig von der Größe, kredenzt man einen offenen Vino locale, der sich in neun von zehn Fällen nicht zu verstecken braucht. Nachfragen, ob er als Rotwein (rosso) oder Weißwein (bianco) daherkommt. Ist beides im Ausschank, verlange man den besseren (il meglio). Stets günstiger als Flaschenwein und nicht selten von ebenbürtiger Qualität.

Wer einem lieblichen Tropfen nicht abgeneigt ist, verlange einen amabile; junger Wein fließt unter der Bezeichnung giovane. Und falls man einmal unzufrieden mit dem Gebotenen sein sollte: aspro heißt sauer.

Hier die bekanntesten Lagen und Rebsorten von Nord nach Süd:

Piemonte (Piemont)

Barolo, Barbera, Gatinara, Pinot blanc, Riesling und, last not least, die moussierenden Asti-Weine und der Vermouth (Wermut), die auf der Welt ihresgleichen suchen.

Lombardia (Lombardei)

Beachtliche Vielfalt: Barbacarlo, Chiaretto, Tocai del Garda, Moscato oder Malvasia zum Nachtisch.

Trentino - Alto Adige (Südtirol)

Merlot, Pinot bianco oder nero, Moscato und gelbe oder rosa Moscati zum Dessert.

Veneto (Venezien)

Wer kennt nicht den Valpolicella, einen der zahlreichen Gewächse im Nordosten Italiens. Es gibt übrigens eine »Weißweinstraße« in der Gegend um Treviso. Ordern wir wie die eingeborenen Venezianer eine trockenen Weißwein als Aperitiv: einen Ombra.

Liguria (Ligurien)

Hier haben es die trockenen Weißen aus der Gegend um La Spezia zur Berühmtheit gebracht, namentlich die Cinqueterre, eine ideale Ergänzung zu Fisch.

Emilia-Romagna

Die italienische Feinschmeckerprovinz par excellence, und da dürfen die Weine nicht nachstehen: Lambrusco, Sangiovese, Albana, Bianco di Scandiano usf.

Toscana (Toskana)

Der Chianti natürlich, und zwar der echte, wie man ihn in seiner Heimat kennt ' eine Art Chianti-Straße erleichtert es Ortsfremden, Bekanntschaft zu schließen. Damit aber noch lange nicht genug: rundherum bringt die Toskana noch andere Gewächse hervor, etwa den Vernaccia aus San Gimignano, ein weißer Chianti, dem Michelangelo besonders zugetan gewesen sein soll. Alle Güter in der Gegend erzeugen darüber hinaus ihren Vino santo, der zum Nachtisch zusammen mit Ossa di morte, den bereits erwähnten trockenen Mandelkeksen, verkostet wird. Weinhändler und Enotecas (Probierstuben, Weinlager) machen die ganze Gegend unsicher.

Marche (Marken)

Hier überwiegen die Weißweine, was angesichts der Dominanz von Fischgerichten nicht überrascht. Aushängeschild ist der Verdicchio.

Umbria (Umbrien)

Papst Paul Farnese III. war bekannt als Liebhaber der Weine aus Orvieto. Angeblich sollen sogar bestimmte Künstler während der Renaissance in ihren Verträgen ' wahrscheinlich im Kleingedruckten ' darauf bestanden haben, dass ihnen einige Flaschen als Quell der Inspiration überlassen würden. »Wo kämen wir denn da hin« meint unser Verleger ... Zurück zum Weißwein: er ist trocken oder lieblich (abbocato) zu haben.

Lazio (Latium)

Est! Est!! Est!!! ist der beste Wein in der Region um die Castelli Romani bei Rom. Er ist auch Gegenstand der schönsten Anekdote. Im 10. Jh. kam ein deutscher Prälat auf Pilgerfahrt nach Rom. Als großer Weinliebhaber schickte er einen Diener als Kundschafter vor, die Tavernen mit dem besten Weinausschank in der Umgebung ausfindig zu machen. War der Tropfen den Ansprüchen gewachsen, mußte der Vertrauensmann auf die Tür der jeweiligen Wirtschaft lateinisch »est« schreiben, andernfalls »non est«. So nahm der also Beauftragte ohne Schwierigkeiten seine Auswahl vor, bis er in die Region von Montefiascone gelangte. Von der Weinprobe dort aufs höchste entzückt, eilte er zur Tür, um »est! est!! est!!!« daraufzukritzeln.

Um der Verdauung auf die Sprünge zu helfen, einen herbstrengen Sambuca (Anislikör) probieren.

Campina

Die hiesigen, auf vulkanischem Untergrund gedeihenden Weine waren schon zur Zeit der Griechen und Römer beliebt. Lacrimarosa und Lacrimacristi (»Tränen Christi«) sollen von ausgezeichneter Qualität sein. Wie man sieht, hat die Religion die Domäne des Weins keinesfalls ausgespart, ja sogar gefördert: als Alibi konnt ja jederzeit der für einige Zaubertricks unverzichtbare Meßwein herhalten. Mit den Weinen der Inseln Capri und Ischia hat er sein besonders feines Bouquet gemein. Irgendwo soll zu lesen stehen, er habe einen schwefligen Geschmack. Andererseits gehört heute leider zur Herstellung jedes Weißweins ein Schwefelungsprozeß, was bei übermäßigem Genuß zu Kopfschmerzen führt. Komisch, was?

Puglia (Apulien) und Basilicata

Apulischen Weinen wohnt derart viel Alkohol inne, dass sie häufig als Körper für andere, als zu leicht befundene Tropfen herhalten müssen. Der Aglianico del Vulture aus der Gegend von Potenza (Basilicata) genießt seinen guten Ruf zurecht. Dasselbe gilt für die Weißweine aus der Trulli-Region: Martina franca und Locorotondo.

Calabria (Kalabrien)

In dieser von natürlichen Kontrasten geprägten italienischen »Stiefelspitze« reifen einige große Rotweine heran, deren Alkoholgehalt sie zum Dessertwein prädestiniert: Greco und Malvasia.

Sicilia (Sizilien)

Ebenfalls eine Weingegend; so bringen die Lagen rund um den Etna trockene Weiß- und Rotweine hervor, deren Alkoholgehalt bei 15°, manchmal sogar mehr, liegt. Es handelt sich um die Weine aus der Sonnenmythologie, die einst bei Julius Cäsar in die Gläser flossen. Im 18. Jh. erfand ein Engländer den Marsala, gedacht als Konkurrenzprodukt zum portugiesischen Portweinmonopol. Auch die Äolischen Inseln bringen einen hervorragenden Tropfen hervor, etwa den likörartigen Malvasia delle Lipari.

Übrigens: laut Statistiken der EU erzeugt Italien einiges mehr an Wein, als rechnerisch überhaupt möglich ist. Man nehme Wasser, Weinstein, Apfelsäure ...