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Der Palatin

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Der Palatin

Der Besuch des Palatins läßt sich jetzt elegant mit der Besichtigung des Forums verbinden. Dazu schlägt man den Clivius Palatinus ein, der rechts vom Titusbogen beginnt, und läuft bis hinauf zum Domus Flavia. Auch die Via San Giogio führt hinauf zum Palatin. Man gelangt auf ihr zunächst zu den Thermen des Septimus Severus.

Von den sieben Hügeln Roms ist der Palatin gewiß der bekannteste. Im 10. Jahrhundert v.Chr. nahm hier jenes Dorf seinen Ursprung, das sich später Rom nennen sollte. Dort landeten nämlich – glaubt man der Legende – die am Tiber ausgesetzten Zwillinge Remus und Romulus, die bekanntlich von einer Wölfin gestillt wurden, bis sich ein Hirtenpaar ihrer annahm. Nach mancherlei Abenteuern beschlossen die beiden, just an der Stelle, an der sie der Fluß ausgespieen hatte, also auf dem Palatin, eine Siedlung anzulegen. Die Umstände der Stadtgründung jedoch entzweite die Brüder und kostete schließlich einen das Leben. Remus wurde von Romulus umgelegt, als er die Stelle betrat, wo dieser seine Stadt zu bauen gedachte: eine Provokation, da er von seinem Bruder des Ortes verwiesen worden war. Später bereute Romulus seine hitzige Tat. Eingefleischte Skeptiker wie wir hielten die Geschichte stets für eine Legende. Nach dem Zweiten Weltkrieg indes grub man an der Stelle, wo das Haus des Romulus gestanden haben soll, die Überreste von Hütten aus dem 8. bis 7. Jahrhundert v.Chr. aus. Legende und historische Wahrheit gehen also offenbar Hand in Hand.

Auf dem Palatin, vornehme Wohngegend zur Zeit der Republik, errichteten schließlich die Kaiser ihre Prachtbauten. Der zartfühlende Caligula ließ seinen Palast sogar vermittels einer Fußgängerbrücke mit dem Kapitol verbinden, um sich mit Jupiter leichter kurzschließen zu können. Im Folgenden wechselten sich Verfall und Wiederaufbau durch die Jahrhunderte hindurch ab. Eine verzwickte Aufgabe für den Touristen unserer Tage, sich die jeweiligen Zustände des Hügels in den antiken Epochen nacheinander vorzustellen.
Domus Flavia: wer vom Clivius Palatinus herkommt, erkennt den Palast der Flavier, auch Palast der Domitier genannt – von dem zugegebenermaßen nicht viel übriggeblieben ist – zuerst. Bis zum Ende des 3. Jahrhunderts v.Chr. war der Palast Regierungssitz. Identifiziert werden konnten: ein privater, dem Gott Lares gewidmeter Altarraum des Kaisers; ein riesiger Thronsaal (Aula Regia), der mit seinen Statuen, die grausame Lücken hinterlassen haben, einst ziemlich repräsentativ gewesen sein muß; eine Basilika, wo der Kaiser Recht zu sprechen pflegte; ein Säulengang mit Springbrunnen; sowie ein Triclinium (Speisesaal), unter dessen mehrfarbigen Marmorbodenplatten sich ein ausgeklügeltes Beheizungssystem befand. Unter dem Domus haben Archäologen ferner Überreste von Behausungen aus dem republikanischem Zeitalter gefunden.
Antiquarium des Palatin: zwischen Domus Flavia und Domus Augustiana; in einem kleinen Kloster, z.Zt. jedoch wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Im Inneren Fundstücke vom Palatin, zum Beispiel das Fresko Apollos mit seiner Leier.
Domus Augustiana: nicht der Palast des Augustus, sondern der Augusti, d.h. der Kaiser allgemein. Es handelt sich um deren persönliche Bleibe, wo sich sowohl ihre, als auch die Wohnungen ihrer Familie befanden. Die Gemächer waren um eine Säulenumgang herum angelegt.
Stadion (oder auch Pferderennbahn): unterhalb des Domus Augustiana und sehr beeindruckend. Von Domitian in Auftrag gegeben, 160 m lang und 40 m breit. Der Zweck der Anlage ist eigentlich klar: eine kleine ovale Aschenbahn, Gymanstikräume, Arenen und Gartenanlagen weisen darauf hin. Prachtvoller zweigeschossiger Portikus.

Gleich neben dem Stadion liegen die Thermen und das Haus des Septimus Severus.
Apollotempel: auf der anderen Seite des Domus Augustiana. Als Bauherr zeichnete Augustus verantwortlich. Nicht viel ist von der einstigen Herrlichkeit des Tempels geblieben: zu begutachten ist nurmehr der Sockel.
Haus des Augustus und der Livia: ehemals luxuriöse Behausung aus dem republikanischem Zeitalter (1. Jahrhundert v.Chr.) mit zahlreichen Zimmern. Obwohl oft »Haus der Livia« (der Ehefrau des Augustus) genannt, haben neuere Untersuchungen ergeben, dass wohl Augustus selbst darin hauste. Ausgestattet mit Fresken mythologischen oder einfach dekorativen Inhalts.
Tempel der Magna Mater: beispielhaft für die Toleranz, welche dieRömer für fremde Religionen an den Tag legten, ja sogar des Einflusses, den diese – und allem voran jene aus dem Orient – auf die römische Gesellschaft haben konnten. Um 204 v.Chr. hatte ein Orakel befunden, dass der Zweite Punische Krieg (von dem jeder Gymnasiast weiß, dass er sich von 218 bis 201 v.Chr. abspielte) für Rom glücklich enden würde, wenn die Magna Mater (die »Große Mutter«, eine phrygische Göttin, auch Kybele genannt) dort ihren Sitz nähme. Der Senat ließ deshalb den Schwarzen Stein, der sie verkörpern sollte, von Phrygien nach Rom holen und errichtete ihr zu Ehren diesen Tempel.

Wie der Zweite Punische Krieg dann tatsächlich ausging, ist bekannt: die Römer bewiesen Zähigkeit und Hannibal, der von Spanien kommend die Alpen überschritten hatte und die römischen Heere am Trasimenischen See und bei Cannä aufgerieben hatte, mußte anno 203 Italien verlassen. Als Entscheidungsschlacht gilt der Sieg Scipios 202. Das Ende vom Lied: Karthago war auf seinen afrikanischen Besitzungen zurückgeworfen.
Nicht weit südlich davon liegt das Dorf aus vorgeschichtlicher Zeit, wo sich der Sage nach auch die Bleibe des Romulus befand. Man fand hier unter anderem die Überreste von Hütten aus der Eisenzeit.
Tiberiuspalast: nördlich des Hauses des Augustus und der Livia liegt diese Riesenanlage, an der Caligula, Trajan und Hadrian mitgebaut haben und die zum größten Teil von den bezaubernden Gärten des Kardinals Farnese unter Beschlag genommen wurde. Man sieht von den ursprünglichen Bauten nur noch einige Arkaden, die nach dem Palast errichtet wurden.
Cryptoporticus: ein halb unterirdischer Gang, der das Haus des Augustus und der Livia sowie den Regierungspalast miteinander verband. Hier wurde im Jahre 41 n.Chr. der beliebte Caligula vom Volkstribun Chereas umgebracht.
Farnese-Gärten: über eine Treppe am Cryptoporticus gelangt man zu den im 16. Jahrhundert für den gleichnamigen Kardinal auf den Ruinen des Tiberius-Palastes angelegten Gärten. Nach einem Bummel durch diesen Park genießen wir die Aussicht von der Terrasse des Casino Farnese über das Forum und das Kolosseum, oder von der gegenüberliegenden Terrasse über Tiber und Vatikan.

Um die folgenden, ans Forum angrenzenden und ihm einst zugehörigen Bauwerke in Augenschein zu nehmen, verlassen wir den Palatin über den Clivius Palatinus, dann über die Via Sacra am Titusbogen vorbei.
Tempel der Venus und Romas: war mit 110 m Länge und 53 m Breite der größte Tempel der Stadt, errichtet an jener Stelle, wo das Vestibül des Goldenen Hauses Neros gestanden hatte. Hadrian selbst hatte die Pläne dafür entworfen. Der Architekt Apollodorus von Damaskus verfiel anschließend auf den dummen Gedanken, abwertende Äußerungen über dieselben von sich zu geben und mußte dafür mit dem Leben zahlen. Einen römischen Kaiser kritisiert man nicht!
Chiesa S. Francesca Romana: eine Kirche mit fotogenem Glockenturm aus dem 12. Jahrhundert; auch das Innere ist reizvoll.
Chiesa S.S. Cosma e Damiano: aus dem 6. Jahrhundert stammt die erste Kirche, die sich in ein anikes Gebäude des Forums einquartierte; genau genommen sogar in zwei: im Romulustempel und in der von Vespasian errichteten Bibliothek des Forums. Großartig sind die Mosaiken der Apsis, die eigentliche Leistung des Umbaus im 6. Jahrhundert, und die vom Anfang des 8. Jahrhunderts stammenden Triumphbogenmosaiken. Man beachte auch die Decke.
Chiesa S.S. Luca e Martina: im 8. Jahrhundert erbaut, später mit einer hübschen Barockfassade von Pietro da Cortona versehen.
Mamertinusgefängnis: zwei übereinanderliegende Räume wurden im 2. Jahrhundert v.Chr. in den Fels der Kapitolsanhöhe gehauen. Etliche Staatsfeinde mußten hier im Verließ schmachten, darunter Vercingetorix, der der Öffentlichkeit zur Schau gestellt wurde, bevor man ihn hinrichtete. Im Mittelalter kursierte das Gerücht, auch die Apostel Paulus und Petrus seien dort eingesperrt worden. Letzterer soll von seinen Wächtern so derb in die Zelle geschubst worden sein, dass sein Kopf gegen die Felswand stieß und dort ein Loch hinterließ. Er wird es ihnen nicht nachgetragen haben, denn er taufte sie später zusammen mit siebenundvierzig anderen Gefangenen (wie haben die nur alle da hineingepaßt?). Und da ihm dazu gerade etwas Wasser fehlte, ließ er flugs eine Quelle in seiner Zelle aufsprudeln. Sachen gibt´s ...