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Ostia Antica

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Ostia Antica

Erste Kolonie Roms

Ostia war im 7. Jahrhundert v.Chr. die erste Kolonie Roms. An der Tibermündung (Ostium) gelegen, wurde sie bald zum Hafen der Stadt und gewann vor allem zur Kaiserzeit an Bedeutung. Mit der Zeit versandete der Hafen; er liegt nun etwa zehn Kilometer landeinwärts. Die Besichtigung Ostias ist ein Spaziergang inmitten von Pinien und antiken Ruinen. Sich einen Überblick zu verschaffen, fällt hier schwerer als in Pompeji. Ostia geizt jedoch durchaus nicht mit Reizen. Man könnte es so auf einen Nenner bringen: Pompeji stellt durch seinen plötzlichen Untergang einen Schnappschuß aus dem Leben in römischer Zeit vor, während Ostias Niedergang allmählich erfolgte.

Anfahrt

Von Roma Termini oder Magliana U-Bahn B bis zur Haltestelle »Ostia Antica« (sich davon überzeugen, ob die Bahn tatsächlich bis dorthin fährt). Zu den Hauptverkehrszeiten und an Wochenenden sollte man erwägen, in der Stadt zu bleiben, da es die Römer dann unweigerlich an die Strände von Ostia eine Haltestelle weiter lockt, und dann sind die Waggons zum Bersten voll.

Am Bahnhof in Ostia Antica über den Fußgängerüberweg vis-à-vis gehen und dann nach links bis zur Ausgrabungsstätte. Sie gewährt von 9h bis eine Stunde vor Sonnenuntergang Einlaß. Montags geschlossen. Das Gelände ist recht weitläufig; eine Kopfbedeckung und vor allem massig Zeit sollte man mitbringen.

Sehenswert

Via delle Tombe: parallel zur Via Ostiensis verlaufend, gleich nach dem Eingang. Wie gewöhnlich bestattete man seine Toten auch hier außerhalb der Stadt.
Porta Romana: hier am Haupttor der Stadt wird die Via Ostiensis zur Decumanus Maximus.
Neptun-Thermen: etwas weiter vorne auf der rechten Seite. Auf die stattliche Terrasse steigen und die kunstvollen Mosaiken des Neptun/Poseidon und der Amphitrite, der Gemahlin desselben und Herrin des Meeres, würdigen.
Vigili-Kasernen: hinter den Neptun-Thermen. Die Vigili waren die Feuerwehr der damaligen Zeit. Sehenswert vor allem das Augusteum, eine Stätte des Kaiserkultes, mit genialen Mosaiken, die ein Stieropfer vorstellen. Links und rechts jeweils die gleiche Szene: jemand ist gerade dabei, das Tier zu zerlegen. Ein Teil wird den Göttern geopfert, der andere Teil steht den Menschen zu. In der Mitte von links nach rechts: der Bauer mit einem Rinderstachel in der Hand hat das Tier gerade zur Opferstelle getrieben. Der Stier, an den Hörnern festgebunden, scheint mit seiner Lage nicht besonders glücklich zu sein: er windet sich, läßt die Zunge heraushängen und fuchtelt mit dem Schwanz. Zu seiner Rechten steht der Opferdiener mit erhobenem Beil, bereit zuzuschlagen. Dann ein Fragment des rauchenden Altars, daneben ein Flötenspieler und ein Priester, der im Begriff scheint, Weihrauch und Wein auf dem Altar abzustellen.
Horrea des Hortensius: auf der anderen Seite des Decumanus Maximus. Geräumige Lager (= Horrea) aus dem 1. Jahrhundert. Solche sind in Ostia zahlreich vorhanden, um die auf dem Seeweg aus den Kolonien eintreffenden Waren lagern zu können.
Theater: eine aus mehreren Gründen strategisch wichtige Stelle: dort werden Pläne der Stätte, ohne die man aufgeschmissen ist, feilgehalten und an der Bar läßt sich der Durst löschen. Zum Theater selbst: es wurde ursprünglich von Agrippa, dem Architekten des Pan-theon, errichtet, danach aber mehrmals umgebaut. Stilvolle Skulp-turen mit Theatermasken. Wer die Akustik ausprobiert, wird fest-stellen, dass sie wirklich nicht übel ist, jedenfalls besser als jene im neuen Plenarsaal am Rhein. Auf einen Test der akustischen Eigen-schaften des Reichstags verzichten wir gerne.
Piazzale delle Corporazioni: hinter dem Theater; ein Muß für Besucher Ostias. Um den Platz herum gruppierten sich siebzig Niederlassungen von Handelsgesellschaften, die durch individuelle Straßenpflaster gekennzeichnet waren. In der Mitte des Platzes erhebt sich ein dem Ceres gewidmeter Tempel; eine Graffitizeichnung auf einer der Stufen stellt einen Elefanten dar.
Mithräum der Sieben Sphären (Mithras-Heiligtum): eines der achtzehn Mithräen in Ostia. Mithras hieß ein aus Persien stammender (indoiranischer) Gott des Rechts und der staatlichen Ordnung (sein Name bedeutet eigentlich »Vertrag«), der sich unter den Römern – ganz besonders in Soldatenkreisen, deshalb auch die Häufung von Mithräen in Garnisonsorten – seit dem 1. Jahrhundert als ein mit der Sonne in Verbindung stehender Erlösergott wachsender Beliebtheit erfreute. Man sagt, dass die Römer, wären sie nicht dem Christentum verfallen, Anhänger des Mithraskultes geworden oder vielmehr geblieben wären. Beide Religionen verbinden im übrigen gewisse Ähnlichkeiten: monotheistisch, das ewige Heil jedem versprechend und nicht nur dem Meistopfernden, im kleinen Kreis und in den Mauern einer bescheidenen Behausung abgehaltene Kulthandlungen (während die Anhänger traditioneller römischer Religionen dies vor dem jeweiligen Tempel taten) usw. Tatsächlich handelte es sich bei den Mithräen meist um unterirdische, langgestreckte kleine Räume, zu beiden Seiten von Steinbänken für die ausschließlich männlichen Kultteilnehmer flankiert und von einer Apsis mit Altar abgeschlossen. Auffallend außerdem, dass dieser Mithras an einem 25. Dezember geboren sein soll. Auch der sich um die Gottheit rankende Mythos weist interessante Aspekte auf: um das Leben auf der Welt zu fördern, soll der jugendliche Gott einen Stier getötet haben, indem er dessen vitale Körperteile ihrer Funktion beraubte. Ein Skorpion sticht in die Hoden des armen Viehs, ein Hund und eine Schlange lecken die Wunde und ein Blumenstrauß erwächst an der Stelle des Stierschwanzes. Diese symbolhafte Handlung findet man auf einem Basrelief des Mithräums dargestellt. Die Verzierungen der Steinbänke, auf denen die Gläubigen Platz nahmen, versinnbildlichen jene sieben Planeten (bzw. Einweihungsgrade), welche die Seele durchqueren muß, um zur Reinheit zu gelangen. Typisch für eine Mysterienreligion. Gottheiten und Tierkreiszeichen stehen stellvertretend für diese Planeten. Hinweis für unsere südwestdeutschen Leser: im badischen Landesmuseum zu Karlsruhe ist ein ähnliches Mithras-Relief aus dem Mithräum von Osterburken (um 250 v.Chr.) zu bewundern.
Haus der Diana: ein Gebäude aus der gleichen Epoche. Auch hier findet sich ein Mithräum (daran herrscht kein Mangel).
Thermopolium: ein Ausschank für warme Getränke und antiker Vorläufer der Bar. Mit Theke und Dekoration.
Museum: im Eintrittspreis inbegriffen (wäre ja noch schöner!). Einlaß von 9-13h. Lohnt unbedingt. Hier werden zahlreiche Originale aufbewahrt, deren Nachbildungen auf dem Gelände zu sehen sind.
Forum: das Kapitol überragt alles, genau wie in Rom. Gegenüber ein Tempel, der Roma und dem Augustus geweiht. Wie das Forum Romanum besaß auch Ostia seine Basilika als wirtschaftlichen und gerichtlichen Mittelpunkt und seine Kurie für Politik und Verwaltung.
Runder Tempel: in Wirklichkeit weist nur der hintere Raum eine runde Form auf. Wie das Pantheon, mit welchem er gewisse Ähnlichkeiten hat, war er vermutlich göttlichen Kaisern gewidmet.
Tempel Amors und Psyches: kunstvolle Mosaiken.
Mithrasthermen: so benannt, weil ein Mithräum die Stelle alter Thermen einnahm. Auf keinen Fall links liegenlassen! Diese Stätte mit ihrer beeindruckenden Mithrasstatue hat es uns angetan.
Insula del Serapide: zwei Wohnblocks, dazwischen Thermen.
Thermen der Sieben Weisen: sehenswert sind die Mosaiken im großen Saal.
Casa delle Volte Dipinte, delle Muse, delle Parti Gialle: falls geschlossen, beim Museum nachfragen. Das Personal schließt einem dann (im Prinzip) auf. Die Malereien und Mosaiken im Inneren der Häuser sind die kleine Mühe wert.
Casa e Giardino: Häuser mit Gärten; eigentlich eine Wohngegend mit sehr viel Grün. Die Gebäude wurden jeweils um lauschige Gärten mit Springbrunnen angelegt. Und dies im 2. Jahrhundert!
Marciana-Thermen: Mosaiken, die Sportler in Aktion zeigen.
Öffentliche Latrinen: eine heitere Angelegenheit. Mit Löchern versehene Bänke in einem großen Raum. Man wird der Versuchung nicht widerstehen können, sich diesen voll besetzt vorzustellen.
Campus der Magna Mater: geräumige Kultstätte mit dreieckigem Vorplatz. Der Kybele und ihrem Geliebten Attis gewidmet.
Haus der Augustalen: Wohnsitz der Priester des Kaiserkultes. Hübsche Mosaikpflaster. Hier wurden zahlreiche Statuen gefunden, die nun im Museum zu betrachten sind.

Es gäbe noch viel mehr Gebäude, die eine Erwähnung verdient hätten. Man wird ihnen beim Umherstreifen über den Weg laufen (am besten mit einem Plan in der Hand).