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Der Vatikan

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Kleine Vatikankunde

Die heutigen Grenzen des Vatikanstaates (offiziell Stato Città del Vaticano) wurden durch die Lateranverträge zwischen Mussolini und Pius XI. 1929 festgelegt (Konkordat zwischen dem Königreich Italien und dem Heiligen Stuhl). Grundlage war die sogenannte Pippinsche Schenkung im frühen Mittelalter – wie man heute weiß und schon im 12. Jahrhundert ahnte, eine fromme Fälschung unserer Heiligen Römischen Kirche, der »einzigen«, der »wahren«. Der päpstliche Staat, mit seiner Grundfunktion, nämlich der Sicherung territorialer Unabhängigkeit des Oberhauptes der katholischen Kirche, umfaßt 0,44 km² im Viertel Trastevere und wird von einem Gouverneur verwaltet. Staatsoberhaupt ist allerdings der von Kardinälen (Höchstalter: 80 Jahre) im Konklave gewählte und bis zu seinem Tod im Amt waltende Papst, derzeit also Johannes Paul II. De facto wurden die Staatsgeschäfte 1985 aber auf einen Kardinalstaatssekretär übertragen.

Der Vatikanstaat — ca. 750 Einwohner, darunter fünfhundert Männer und nur vierhundert Bewohner mit vatikanischer Staatsangehörigkeit – prägt seine eigenen Münzen, gibt eigene Briefmarken aus, unterhält sogar eine eigene Gerichtsbarkeit (drei Gerichtshöfe!) und beschäftigt rund dreieinhalbtausend Angestellte; ganz zu schweigen von der Druckerei, dem Elektrizitätswerk, dem Radiosender (Radio Vatikan), der Tageszeitung (Osservatore Romano), dem Hubschrauberlandeplatz und dem Bahnhof mit Anschluß an das italienische Verkehrsnetz. Offizielle Sprache ist, wie sollte es anders sein, Latein; Italienisch gilt nur als Umgangssprache. Haupteinnahmequelle sind Pilger und Touristen, aber auch Sammlermarken und -münzen werfen etwas ab. Ganz zu schweigen vom milliardenschweren Vermögen und den Transaktionen der Vatikanbank, deren Geschäftsgebaren gar nicht so weit von den Praktiken der Mafia entfernt sein soll. Dennoch stieg das Haushaltsdefizit 1993 auf eine Rekordmarke von 92 Millionen Dollar.

Schweizer Garde: noch immer tätig gemäß dem Gelübde der damals neugegründeten Eidgenossenschaft. Trägt bis auf den heutigen Tag die von Michelangelo entworfene Uniform mit ihren blauen und orangefarbenen Streifen. Da wir schon bei Kleidung sind: man achte auf korrekte Gewandung; lange Hosen für Männer, »dezente« Hemdkleider für Frauen, da Shorts, Miniröcke, Bermudas und sonstiges Teufelszeug auf dem Index stehen.

Nuntiaturen: so nennt man die einer Botschaft vergleichbaren Auslandsvertretungen des Vatikans. Einmal im Jahr verschafft sich der berockte römische Nuntius via Mattscheibe Zutritt ins heimische Wohnzimmer: beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten. Übrigens: als einziger Staat Westeuropas war der Vatikan bis 1994 nicht mit einem Botschafter in Israel vertreten. Die scheinheilige offizielle Begründung lautete nicht etwa, die Juden hätten Christus schließlich ans Kreuz gebracht; nein, an den von Israel besetzten Gebieten, am Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser (!) und am vom Judenstaat annektierten Teil Alt-Jerusalems lags! Komisch: an einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Nazi-Deutschland können wir uns beim besten Willen nicht entsinnen, eher schon an Reichskonkordate (1933), die u.a. und ähnliche Mätzchen. Aber lassen wir das ...