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Sixtinische Kapelle

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Sixtinische Kapelle

Spielplätze der Engel

Die aufsehenerregende, aufwendige Wiederherstellung der Michelangelo-Fresken geschah im wesentlichen im Oktober 1992 und wurde Anfang 1994 vollends fertiggestellt. Hinter der »Jahrhundertrestaurierung« steckte übrigens ein japanischer Geldgeber, was Kunstliebhabern und Moralisten gleichermaßen Kopfschmerzen bereitete. Die Reinigung der Gewölbe förderte Farben ans Tageslicht – etwa Bonbonrosa und Sauergrün – die bei diesem Maler erstaunen, wird er doch der »fürchterliche Beherrscher des Schattens« genannt. Böse Zungen sprechen längst von einer Massakrierung der Sixtinischen Kapelle, während andere wiederum die »Jahrhundertentdeckung« in den höchsten Tönen loben.

Im fortschreitenden Stadium der Arbeiten wurden aber auch andere Polemiken ausgefochten: war es unbedingt nötig, Schleier und Unterhosen zu konservieren, die erst dreiundzwanzig Jahre nach Vollendung des Werkes durch Michelangelo hinzugefügt wurden – unter dem Vorwand, diese besäßen ebenfalls einen künstlerischen Wert? Oder andersherum: dürfte man die schützenden Hüllen einfach entfernen, um die Gemälde in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen, wo zartbesaitete Seelen sich doch peinlich berührt fühlen könnten? Schließlich wurde die Schleierfraktion überstimmt, das »Enthüllungswerk« vollendet, sofern es überhaupt noch etwas zu enthüllen gab. Die Schleier der Michelangelo-Schüler blieben dran, denn darunter hatten Hammer und Meißel das öffentliche Ärgernis entfernt.

Benannt ist die Kapelle nach Papst Sixtus IV., abgesehen von vorerwähntem Alexander VI. unser Lieblingspapst. Er trieb es mit Schwester und seinen Kindern (!), ja gründete selbst Freudenhäuser in Rom, um sie an Kardinäle zu verpachten und die Nutten mit einer Sondersteuer von 20.000 Dukaten zu belegen. Ein Teil davon floß dann wieder in den Bau der Kapelle. Einen anderen beträchtlichen Teil finanzierten die größten Dukatenesel in Europa per Ablaß, die Deutschen, bis heute noch der weitaus bedeutendste Zahlmeister der Kirche. Dies dank einer modernisierten Form des Ablasses, Kirchensteuer genannt, die sonst nirgendwo auf der Welt existiert und zwischen Hitler und Vatikan per Konkordat vereinbart wurde. Abgesehen von der unter ihm errichteten, berühmten Kapelle, ist dieser kesse, heilige aber unfehlbare kunstsinnige Vater, Hurenbock und fromme Puffbesitzer auch deshalb bemerkenswert, weil er uns das Fest der Unbefleckten Empfängnis bescherte, Mitte des letzten Jahrhunderts (!) zum Dogma erhoben, und ferner, weil er einen Hund des Herrn, einen Dominikaner – scherzhaft aus »domini canes« gebildet – Torquemada nämlich, zum Inquisitor beförderte. Ob die Wortbildung tatsächlich so spaßhaft war, bezweifeln wir, haben die Dominikaner, Schüler des Thomas von Aquin, des offiziellen Kirchenphilosophen, der selber energisch die Ausmerzung »verpesteter Menschen« aus der Gesellschaft verlangte, doch tatsächlich Hunde für die Ketzerjagd abgerichtet. Wie auch immer: viele Frauen mißverstanden diesen »Scherz«. Dieser Herrenhund war eher ein Zerberus, ein wahrer Blut- und Höllenhund, dem u.a. Millionen von Geschlechtsgenossinnen ihre grauenhafte Oxidierung verdanken (höchstpersönlich schickte Torquemada 10.220 Menschen auf den Scheiterhaufen und 97.371 auf die Galeeren), eine segensreiche Tätigkeit für die Kirche, da sie deren Besitz mehrte, indem ja die Habe dieser Elenden, abzüglich Spesen für Scharfrichter, Folterknechte und Denunzianten, eben an die Kirche fiel. Behaupte nur niemand, es klebe kein Blut am Kirchenbesitz, von dem am vielen aus Amerika zusammengeraubten Gold und Silber der Altäre wollen wir mal schweigen. Kurz, offensichtlich ein System, das auch dem Denunziantentum unglaublichen Auftrieb verschaffen mußte. Dass es überwiegend Frauen sind, welche die Kirchen füllen, bleibt uns ein Geheimnis. Ob die vatikanische Jesuitenzeitschrift 1853 wohl deshalb noch über die Inquisition jubelte: »Ein erhebendes Schauspiel sozialer Vollkommenheit«? Wovon war (ist?) die Kirche, abgesehen von wirtschaftlichen Gesichtspunkten, denn nur immer so besessen? Handelt es sich nicht immer um dasselbe? Ist nicht Interesse an etwas oder Angst vor etwas nur die Kehrseite ein und derselben Medaille? Ging es nicht immer darum, die Hexen mittels »peinlichen« Verhörs zum Geständnis zu zwingen, Verkehr mit »Buhlteufeln« gepflegt zu haben, minutiös zu erforschen, in welchen Stellungen was getrieben wurde, welche Körperöffnungen penetriert wurden usw.? Wie unterdrückt man am besten das, was man nicht an sich selbst wahrhaben will? Vielleicht doch dadurch, dass man genau das an anderen verfolgt, was so den Jäger über jeglichen Verdacht erhebt. Harter Kern jeder Religion ist Sexualität. Stets geht es um das Eine. Mögen unsere Theologici doch mal erklären, warum der seltsame Mummenschanz, der um Mariens Hymen getrieben wird (Mitte des letzten Jahrhunderts erst zum Dogma erhoben), die »unbefleckte« Empfängnis usw. denn so wichtig sind. Die Energie, die in die Geschichte gesetzt werden muß, verrät die Sexualangst bzw. das Sexualinteresse.

Wir haben jedenfalls noch keinen Kerlen getraut, die in Röcken herumlaufen. Lassen wir´s. Uns dauern die Protestanten mehr, sollen sie doch Gebot und Verbot tatsächlich einhalten, statt wie die Katholiken feste zu sündigen, um ja nur nach Beichte und Absolution in einem ewigen Kreislauf, schuld- und angstbeladen, wieder von vorne beginnen zu sollen. Hauptsache sie kehren wieder. Dieses Gewissensventil fehlt Protestanten, daher die Strenge und der ethische Rigorismus, wie er sich z.B. im Kalvinismus äußert. Ach, arme Kerle ...

Gärten des Vatikan

Castel Sant´Angelo (Engelsburg): Zutritt dienstags bis mittwochs von 9-13h und sonntags von 9-12h. Seine imposante Masse ragt unweit des Vatikans empor und eine zierliche Brücke verbindet ihn mit der anderen Tiberseite. Zehn hübsche, musizierende Engelsstatuen von Bernini, dazu die von Paulus und Petrus, die dem Besucher auf der Brücke die Richtung weisen. Die Engelsburg war ursprünglich (139 n.Chr.) das Mausoleum Hadrians; ein mächtiger Grabhügel, gekrönt mit der Statue des Kaisers und einer bronzenen Quadriga. Schon im 3. Jahrhundert hat man das Mausoleum zur Festung umgewidmet. Der Name Sant´Angelo rührt von einer Legende, wonach ein Engel auf dem Monument erschienen sei und sein Schwert in die Scheide getan habe, um das Ende der gerade in Rom wütenden Pest zu verkünden.
Waffenmuseum: für alle, die sich für steinzeitliche Steinmesser bis hin zu Rüstungen aus der Renaissance erwärmen können. Hübsche Fresken und antike Möbel. Dazu eine schöne Aussicht von der Terrasse.