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Besichtigungstour

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Die versunkene Stadt

Zurück in die Vergangenheit

Das Gelände gewährt, je nach Saison, von 9-18h oder bis 19h Zutritt. Jedermann kennt die Geschichte Pompejis. Lavamassen des Vesuvs begruben die blühende Stadt am 24. August des Jahres 79 unter sich. Eine der schrecklichsten Katastrophen in der Menschheitsgeschichte einerseits, andererseits ein Glücksfall für die Archäologie, da das Leichentuch aus Asche die ganze römische Stadt unversehrt gelassen und konserviert hat. Ob der Begriff »Glücksfall« angemessen ist, darüber läßt sich streiten angesichts des Asche- und Bimssteinregens, der innerhalb weniger Minuten Tausende von Menschenleben vernichtete. Die meisten starben dabei wohl an Erstickung durch giftige Gase.

Fest steht, dass das von den Ausgrabungsarbeiten hervorgerufene Interesse – offiziell wird seit 1748 gebuddelt – nie dagewesene Ausmaße annahm. Hier ist auch der Grund für die im ausklingenden 18. Jahrhundert festzustellende Vorliebe für die Antike zu suchen. Der frühe Italientourist Goethe, der 1787 in Pompeji vorbeikam, war zuerst erstaunt über die »Enge und Kleinheit« der Stadt, aber schließlich doch begeistert: »Es ist viel Unheil in der Welt geschehen, aber wenig, das den Nachkommen so viel Freude bereitet hätte. Ich weiß nicht leicht etwas Interessanteres.«

Außergewöhnliche Stücke wurden in der letzten Zeit gefunden, darunter luxuriöse Geschirrteile.

Einige Häuser sind abgeschlossen. Wenn man Glück hat und den zuständigen Wächter findet, schließt er einem auf. Näher Interessierte können sich zu einer Gruppe zusammenschließen und einen Führer engagieren. Für die Besichtigung ist ausreichend Zeit einzukalkulieren: gut einen halben, besser einen ganzen Tag.

Bedauerlich ist neuerdings, dass Ruinen, Gassen, Grünflächen usw. sich zunehmend selbst überlassen werden und somit langsam zu einer neuzeitlichen Müllkippe mutieren (leere Getränkedosen, Unmengen Papierschnipsel usw.). Dergleichen gab es in Herculaneum noch nicht in diesem Ausmaß.

Forum: der große, rechteckige Platz bildete einst den Mittelpunkt des religiösen, politischen, wirschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens der Stadt. Die Bauwerke, die dem religösen Kult gewidmet waren, sind: das Kapitol; der elegante Apollotempel; der Vespasiantempel mit prächtigem Altar – man beachte dessen Relief, das eine Opferhandlung recht realistisch darstellt – und schließlich die Kultstätte der Laresgötter, die üblicherweise als Hausgötter die Seelen der Vorfahren verkörpern sollten. Anscheinend galt den Pompeijaner ihre Stadt als eine einzige, große Familie; diese Laresgötter hier sollten jedenfalls die Siedlung als Ganzes beschützen.

Das politische Leben fand im Comitium statt, wo die örtlichen Magistrate gewählt wurden, und in der Kurie, dem Sitz des pompeijanischen Senates.

Das Wirtschaftsleben konzentrierte sich in der prachtvollen Basilika, einer Art Börse, verbunden mit einem Gerichtshof; auf dem Macellum, einem ursprünglich überdachten Markt mit zahlreichen kleinen Geschäften verschiedenster Art; im Haus der Eumachia (wahrscheinlich ein Wollmarkt), Sitz der Vereinigung der Tuchhändler und Färber, als deren Patronin Eumachia verehrt wurde. Deswegen finanzierte sie auch diesen stattlichen Bau, um ihn der Augustuskonkordia und der Pietas zu weihen: so steht es jedenfalls auf der marmornen Portalrahmung, die mit rankenden Akanthusblättern verziert ist, geschrieben.

Auch das gesellschaftliche Leben spielte sich im Forum und in seinem näheren Umkreis ab. In allen römischen Städten war das Forum ein belebter Ort, wo die Leute sich zu treffen pflegten; ein bißchen wie heute die italienischen Piazzas (und unsere Kaufhäuser).

Auf der westlichen Seite sind die Abgüsse von Katastrophenopfern in der Lava zu betrachten, darunter sehr beeindruckende, sich windende Körper, vor allem der eines Hundes.

Weiter geht´s über die Via dell´Abbondanza, eine der alten Hauptverkehrsadern Pompejis. Grenzsteine verwehrten den Fuhrwerken die Zufahrt zum Forum – Verkehrsberuhigung in der Antike! Entlang dieser Straße fallen mehrere mit klobigen Steinen beschlagene Übergänge auf, die den Fußgängern das Überqueren der Straße erleichtern sollten.

Großes Theater: von der Via dell´Abbondanza nach rechts abbiegen. Eindeutig griechisch inspiriert, besonders in der Art der Raumausnutzung. Einer der Sitzplätze auf den Stufenbänken trägt noch seine Nummer; es ließ sich errechnen, dass jedem Zuschauer etwa 40 cm an Sitzfläche zugestanden wurde.

Kleines Theater: nebenan und bedeutend besser erhalten. Es traten dort Musikanten und Mimen auf.

Casa degli Amanti: das »Haus der Liebhaber«, das seinen Namen einer Inschrift auf einer Tafel in der Säulenhalle verdankt, die auf Deutsch ungefähr folgendes hergibt: »Liebhaber sind wie die Bienen, sie saugen das süße Leben wie Honig in sich auf.« Wir haben dem nichts hinzuzufügen. Kunstvolle Verzierungen im Atrium; man beachte auch die Fresken des Gewölbes im Triclinium: Bacchus und Ariane, Die verlassene Dido.

Casa del Menandro: ein luxuriöses Patrizierhaus. Zu sehen ist hier eine reiche Sammlung an Silbergeschirr, die mit einiger Wahrscheinlichkeit der Familie der Poppaea, der Frau Neros, gehörte. Dieser Schatz ist nun im Museum in Neapel ausgestellt. Man beachte ferner die gesamte erlesene Innenaustattung des Hauses: zahlreiche Gemälde (darunter ein Porträt des griechischen Dichters Menander) und Mosaiken sowie eine prächtige Säulenreihe.

Casa del Criptoportico: mit unterirdischer Säulenhalle. Ihr letzter Eigentümer war gerade dabei, sie zu einem Keller auszubauen, als der Vulkan ausbrach. Hübsche Verzierung des Gewölbes. Zum Zeitpunkt der Naturkatastrophe suchten die Bewohner des Hauses zunächst im Kryptoportikus Zuflucht, flüchteten dann aus einem Lüftungsschacht in den Garten, wo sie vom Ascheregen überrascht wurden. Die Gipsabgüsse ihrer Körper sind im Kryptoportikus zu sehen, was zu einer eigentümlich-morbiden Atmosphäre beiträgt: so als befänden wir uns in der Grabkapelle einer christlichen Krypta.

Fullonica Stephani: Werkstatt, in der Textilien bemalt und gesäubert wurden. Ein Fullo war ein Arbeiter, der die Tücher wusch und sie danach im Bottich mit den Füßen walkte (ähnlich wie Weinbauern die geernteten Trauben zerstampfen), dazu kam ein Gemisch von Wasser und ... Urin, in Ermangelung anderer Ätzmittel. Besonders Kamelurin soll für diesen Zweck heiß begehrt und für teures Geld importiert worden sein.