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Paestum

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Paestum

Ausgrabungsstätte vierzig Kilometer südlich von Salerno. Mehrere Züge am Tag und eine Vielzahl an Bussen verkehren von Salerno nach Paestum. Eine der außergewöhnlichsten antiken Stätten Italiens und dabei eine der am wenigsten bekannten. Alle, die eine Vorliebe für alte Steine verspüren, können sich hier nach Herzenslust umtun. Paestum war eine ehemalige griechische Kolonie, drei Kilometer vom Meer entfert. Sie hieß damals Poseidonia und war zu Ehren des Meeresgottes gegründet worden. Natürlich haben die Römer sich die Stadt im folgenden unter den Nagel gerissen. Mächtige Wälle, die heute noch sichtbar sind, schützten einst den Ort. Aber ach! – die 15 km Kiefernwald und Sand sind auf dem besten Wege, zur öffentlichen Müllhalde zu verkommen. Im übrigen wird die Meeresverschmutzung zunehmend zum Problem: von wegen Umwelthysterie!

Feuer und Flamme für den dorischen Stil

Die Entdeckung Paestums löste im 18. Jahrhundert eine rasch aufflammende Begeisterung für den »dorisch-heroischen« Baustil aus. Übrigens: der Name des Stils beruhte, wie so oft, auf einem Trugschluß, denn nicht die Dorier haben die »dorische« Säulenordnung entwickelt (diese entstand vielmehr im griechischen Mutterland), ebensowenig wie die Goten für die Gotik verantwortlich zeichnen. Zurück zum Thema: endlich bot sich den Architekten eine Möglichkeit, dem allgegenwärtigen, überladenen Barock zu entfleuchen. Europa und die jungen amerikanischen Staaten waren verblüfft angesichts der nüchternen und rationellen Kraft der dorischen Ordnung. Und so ließ sich u.a. der Architekt des Pariser Pantheons, Soufflot, bereitwillig von Paestum inspirieren: Giebel, Peristyl und vor allem Krypta seines Monumentalbaues reflektieren den Stil der antiken Stadt, von der er hellauf begeistert war. Auch dem erstarkenden Bürgertum bot sich hierin ein weiter Raum für die architektonische Selbstverwirklichung. Edinburgh überzog sich mit griechischen Monumentalbauten. In den Vereinigten Staaten beziehen die Hauptstädte der neuen Bundesstaaten, angefangen mit Washington, aus Paestum ihre gestalterischen Ideen, bis hin zu Banken, Universitäten usf. Berühmte Pariser Architekten wie Claude-Nicolas Ledoux, dessen Zollhaus (Barrières de l´Octroi) in Paris den »dorischen Stil« aufnimmt, oder Pierre L´Enfant reihen sich in die Antikenbewunderer ein. In Deutschland war Friedrich Karl Schinkel, etwa mit der Neuen Wache in Berlin, Protagonist des klassizistischen Stils, den er, entsprechend der jeweiligen Bauaufgabe, abwechselnd mit dem gotischen Stil anwandte. Den Historisten nämlich erschien die Gotik als besonders geeignet für Sakralbauten, der »dorische Stil« hingegen paßte zu Regierungs- und Handelszentren. Wie meinte doch ein zeitgenössischer Soziologe so treffend: »Der Ausdruck des Dorischen scheint für die Behausungen der Händler am angemessensten; man betrachte nur Einfachheit, Maß, solide Beschaffenheit und Sparsamkeit«. Wir haben dem nichts weiter hinzuzufügen.